Kein Abend für Schwerelosigkeit

Arturo Vidal (r.) köpfte den FC Bayern München zum Sieg gegen SL Benfica
© getty

Beim 1:0-Sieg gegen Benfica erhärtet sich der Eindruck, dass der FC Bayern München (noch) nicht in der Verfassung ist, die Champions League zu gewinnen. Hoffnung macht aber ausgerechnet der Spieler, mit dem Trainer Pep Guardiola anfangs nicht zurecht kam.

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Franck Ribery stand ein bisschen weiter weg vom Tor und der Winkel war auch nicht so ideal. Doch das hinderte den Franzosen nicht daran, erneut einen kurzen Moment der Schwerelosigkeit zu genießen. Ribery hob ab und setzte zum Seitfallzieher an. Sein rechter Fuß touchierte den Ball leicht, Gefahr für Benficas Torhüter Ederson Moraes bestand nicht.

Bewegungsablauf, Körperbeherrschung, Eleganz - diesbezüglich war es eine gelungene Replik von Riberys Sensationstor gegen Eintracht Frankfurt vergangenen Samstag. Im Gegensatz dazu war der Versuch am Mittwochabend aber nicht von Erfolg gekrönt und steht sinnbildlich für den Auftritt des FC Bayern im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League: Die Münchner sind derzeit recht davon weit entfernt zu schweben und ihre Spiele mit Leichtigkeit zu gewinnen.

Bestmöglicher Start

Dabei sah nach 109 Sekunden alles nach einem gemütlichen Abend aus; es ging nur um die Höhe des Sieges gegen Benfica. Arturo Vidal köpfte den Ball nach einer chirurgisch genauen Flanke von Juan Bernat ins Tor und ermöglichte seiner Mannschaft den bestmöglichen Start.

Die folgenden 25, 30 Minuten waren die Bayern dominant, so wie man es von ihnen gewohnt ist und auch erwarten kann. Thomas Müller verpasste nach perfekter Thiago-Vorlage das 2:0. Vielleicht war die Chance zu klar, zu groß; Müller macht ja eher die Bälle rein, die sonst keiner reinmacht.

Die Fehlschüsse häuften sich, ebenso die Ungenauigkeiten im Passspiel, vor allem im letzten Drittel. Benfica bekam defensiv deutlich mehr Zugriff, hielt das Spiel weitgehend offen und hatte mehrfach die Chance auf das so wichtige Auswärtstor.

"Ich habe es schon vor dem Spiel gesagt, wie stark Benfica ist. Ich kenne ihr Niveau. In Deutschland kennen die Journalisten das nicht, weil sie keine portugiesische Liga und keine Benfica-Spiele schauen", sagte Pep Guardiola auf der anschließenden Pressekonferenz und wiederholte damit seinen polemischen Vorwurf gegen die deutschen Medien.

Guardiola spricht von "super Performance"

Dagegen habe seine Mannschaft alles richtig gemacht, abgesehen von den letzten 15 Minuten der ersten Halbzeit. "Ich bin sehr stolz. Das war eine super Performance, vor allem die zweite Halbzeit war sehr gut von uns", sagte der Trainer.

Das mit Abstand beste am Mittwochabend war das Ergebnis. Ein Zu-Null-Heimsieg in der K.o.-Phase hilft enorm, ein einziges Bayern-Tor in Lissabon würde die Tür zum Halbfinale weit aufstoßen. "Die Null steht, das ist das Wichtigste. Es muss auch mal ein 1:0 reichen. Wir fahren nach Lissabon und wissen, dass es eine enge Kiste ist", sagte Manuel Neuer.

Die Ausgangslage für den Einzug ins fünfte Champions-League-Halbfinale in Folge ist gut. Doch die Leistung des FC Bayern im Hinspiel erhärtet den Eindruck, dass die Mannschaft derzeit nicht in der Verfassung ist, zum sechsten Mal den Henkelpott nach München zu holen. Zuverlässige Leistungsträger wie David Alaba oder Thomas Müller sind ein Stück entfernt von ihrer Topform, im Offensivspiel fehlen Inspiration und Genauigkeit und die Defensive bleibt fehleranfällig.

Bei Jonas' Großchance ließ sich Alaba im Strafraum mit einer einfachen Körpertäuschung austricksen und Benficas Dreifach-Chance wurde durch einen Stellungsfehler von Juan Bernat, der einen Diagonalball völlig falsch einschätzte, ermöglicht. "Du kannst hier auch verlieren", fasste Guardiola zusammen.

Vidal wird immer wichtiger

Im Saisonendspurt kann der Coach ausgerechnet auf einen Mann bauen, mit der er nach eigener Aussage anfangs nicht warm wurde: Arturo Vidal. Der Chilene wird von Woche zu Woche stärker. Gegen Benfica war Vidal der mit Abstand beste Feldspieler der Bayern.

Er war überall auf dem Platz zu finden, war Torschütze, Abräumer im Mittelfeld und zentraler Mann der letzten Reihe, die sich bei längerem Benfica-Ballbesitz zu einer Fünferkette formte, um Jonas und Mitroglu bei den bevorzugt langen Bällen der Portugiesen besser im Verbund verteidigen zu können.

"Arturo wird immer wichtiger für die Mannschaft", sagte Guardiola. "Er ist körperlich auf hohem Niveau und hat die nötige Erfahrung in diesen Spielen."

Vidal hat seine Anlaufzeit gebraucht beim FC Bayern. Aber er mausert sich mehr und mehr zum Chef auf dem Platz und bringt die Attitüde mit, die man benötigt, um in der Champions League weit zu kommen. Das Halbfinale ist durch den elften Heimsieg in der Königsklasse in Folge greifbar.

Doch spätestens dann müssen die Bayern eine Schippe drauflegen, wenn die Gegner aus Barcelona, Madrid oder Paris kommen.

FC Bayern München - SL Benfica: Daten zum Spiel