Olympique Marseilles schillernder Präsident Pablo Longoria: Seine Karriere begann am PC, endet sie jetzt wegen Pyro-Chaoten?

Von Patrik Eisenacher
Pablo Longoria
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Mit 36 Jahren ist Pablo Longoria schon seit gut zwei Jahren Präsident von Olympique Marseille. Das verwundert weniger, wenn man weiß, dass der Spanier in Diensten des kommenden Gegners von Eintracht Frankfurt in der Champions League seine Karriere im Fußballgeschäft gewissermaßen schon als Fünfjähriger begann. Longoria hat OM eine Identität verpasst und den Klub wieder erfolgreich gemacht. Dennoch drohte er jüngst mit seinem Rückzug.

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Scout, Manager, Sportdirektor und Präsident: Das sind die Ämter, die Pablo Longoria seit 2007 bereits im Profifußball bekleidet hat. Und nicht etwa bei irgendwelchen Klubs, der 36-Jährige arbeitete schon für Newcastle United, Recreativo Huelva, Atalanta Bergamo, US Sassuolo, Juventus, FC Valencia und seit August 2020 eben bei Olympique Marseille, Eintracht Frankfurts Gegner in der Champions League (21 Uhr im LIVETICKER).

Seit der 1,70 Meter große Asturier mit dem charakteristischen Kinn- und Oberlippenbärtchen bei Frankreichs beliebtestem Verein anheuerte, ging es wieder aufwärts mit OM: Zweimal gelang in den vergangenen drei Jahren der Einzug in die Königsklasse. 2020 und 2022 wurde Olympique jeweils Vizemeister hinter dem übermächtigen PSG.

Begonnen hatte Longoria in Marseille als Sportdirektor, doch nachdem chaotische Anhänger des Klubs mit Feuerfackeln und Rauchbomben bewaffnet das Trainingszentrum stürmten, dankte der bei weiten Teilen des Anhangs verhasste Präsident Jacques-Henri Eyraud ab. Sein Nachfolger: Longoria.

Der ist nicht unbeliebt. Und doch könnten auch ihm die Anhänger zum Verhängnis werden: Nach den schlimmen Vorkommnissen im Hinspiel gegen Frankfurt musste das Stade Velodrome mit seinen über 63.000 Plätzen schon im Gruppenspiel gegen Sporting Lissabon leer bleiben, in der Ligue 1 gegen Lens und in der Champions League gegen Tottenham Hotspur bleibt ein Teil der Tribüne verschlossen. Longoria reicht es jetzt. Und er drohte den Fans.

Matteo Guendouzi und Pablo Longoria feiern 2022 die direkte Champions-League-Qualifikation.
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Matteo Guendouzi und Pablo Longoria feiern 2022 die direkte Champions-League-Qualifikation.

Olympique Marseille: Bei weiterer Randale tritt Präsident Longoria zurück

"Ich bin bei OM, um den Klub wieder im Europapokal wachsen zu lassen. Wenn wir eines Tages von den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen werden sollten, gehe ich", sagte er. Sollte Präsident Longoria tatsächlich abhauen, wäre es das schlimmstmögliche Szenario für Marseille.

Vor allem dank der Arbeit des Spaniers verbessert sich die Mannschaft seit zwei Jahren stetig. Longoria agiert klug auf dem Transfermarkt - so wie er es schon Mitte der 1990er-Jahre als Kind gelernt hat: Beim Fußball-Managerspiel. Bevorzugt managte er damals Klubs aus der Serie A, damals die beste Liga der Welt. Longoria verbrachte Stunde um Stunde damit, die Mechanismen des Fußball-Managements zu studieren.

"Meine Generation hat unzählige Stunden damit verbracht, zu verstehen, wie man eine Mannschaft aufbaut, Spieler verpflichtet und sie verkauft", sagte Longoria in einem Gespräch mit El Pais Deportes.

Bis heute wildert Longoria am liebsten in der Serie A. Vielfach holte er bereits Spieler aus Italien in die Provence, keinen einzigen hingegen aus der Ligue 1 (!). Und auch heute noch legt er beim Scouting großen Wert auf Daten, er "ordnet sie jedoch der Anpassungsfähigkeit unter, besonders der an einen Spielstil", sagte er.

OM: Sogar Bankdrücker Milik lobt den Präsidenten

In diesem Sommer holte Longoria gezielt in der Champions League erfahrene, französisch- und spanischsprechende Spieler wie Chancel Mbemba (ablösefrei, FC Porto), Eric Bailly (ausgeliehen von Manchester United), den Nationalspieler Jordan Veretout (11 Millionen Euro Ablöse von AS Rom) sowie den früheren Superstar Alexis Sánchez (ablösefrei von Inter Mailand).

Gleichzeitig schaffte es Longoria auch, sich von Spielern zu trennen, die mit teuren Gehältern und wenig Leistung auf der Bank saßen wie Kevin Strootman, Valere Germain, Nemanja Radonjic oder Kostas Mitroglu.

Die Stärke auf dem Transfermarkt unterstrich sogar der im Sommer zu Juventus gewechselte Pole Arkadiusz Milik. Obwohl er in Marseille nicht seinen Zenit erreichte und unter Trainer Jorge Sampaoli oft auf der Bank saß, äußert sich Milik nur lobend über OM und Präsident Longoria.

"Alle sechs Monate wurden wir stärker. Ich kam im Januar [2021, Anm. d. Red.], im Sommer darauf qualifizierten wir uns dank toller Spieler für die Champions League. Durch die CL-Quali haben sie wieder Spieler mit großer Qualität verpflichtet. Ich sehe die Verbesserung und glaube, dass diese Mannschaft diese Saison erfolgreich sein kann und wünsche es ihr auch", sagte er.

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