Erdbeben im europäischen Fußball: Zwölf Top-Klubs gründen Super League

SID
Florentino Perez ist erster Vorsitzender der Super League.
© getty / The Super League

Kurz vor der geplanten Reform der Champions League haben zwölf Top-Klubs eine eigene Super League gegründet. Deutsche Vereine gehören - noch - nicht dazu.

Cookie-Einstellungen

Der europäische Fußball steht vor einer Zerreißprobe ungeahnten Ausmaßes: Zwölf Top-Klubs haben eine jahrelange Drohung wahr gemacht und die Gründung einer neuen Super League beschlossen. Die Vereine aus Spanien, England und Italien wollen nach eigenen Angaben aber Teil ihrer nationalen Ligen bleiben, der Wettbewerb soll unter der Woche ausgespielt werden und stünde in direkter Konkurrenz zur Champions League.

Die Klubs gehen dennoch auf Konfrontationskurs zur FIFA und UEFA, die zuvor mit einem Bann der abtrünnigen Vereine und Spieler für sämtliche Wettbewerbe bis hin zur WM gedroht hatten. Die Vereine ließen sich davon aber nicht beeindrucken. "Wir werden dem Fußball auf jeder Ebene helfen und ihn an seinen rechtmäßigen Platz in der Welt bringen", sagte Florentino Perez, Präsident von Real Madrid und erster Vorsitzender der Super League.

Bei den Vereinen handelt es sich um die englischen Klubs FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Tottenham Hotspur, FC Arsenal und FC Chelsea, die spanischen Topteams Real Madrid, FC Barcelona und Atletico Madrid sowie Juventus Turin, AC Mailand und Inter Mailand aus Italien.

Deutsche Teams wie Bayern München und Borussia Dortmund oder der französische Primus Paris St. Germain sind zunächst nicht beteiligt. Allerdings würden noch "drei weitere Vereine eingeladen", teilte die exklusive Gruppe mit. Insgesamt sei Platz für 20 Mannschaften.

Super League: So soll sie ablaufen

  • 20 Teilnehmer: 15 Gründungsklubs und fünf Teams, die in einer Qualifikation ermittelt werden. Die Qualifikanten werden "jährlich aufgrund ihrer Leistungen in der vorangegangenen Saison" eingeladen.
  • Start im August: Spieltermine unter der Woche, "wobei alle teilnehmenden Klubs weiterhin in ihren jeweiligen nationalen Ligen antreten, um den traditionellen nationalen Spielkalender zu erhalten, der weiterhin das Herzstück des Klubspiels ist".
  • Gruppenphase: Heim- und Auswärtsspiele in Zehnergruppen, die drei Erstplatzierten jeder Gruppe qualifizieren sich automatisch fürs Viertelfinale. Die Viert- und Fünftplatzierten spielen dann in einem Playoff mit zwei Spielen um die restlichen Viertelfinalplätze.
  • K.o.-Phase: Hin- und Rückspiel
  • Finale: Ein Endspiel an einem neutralen Spielort

Super League: Diese Teams nehmen teil

TeamsLiga
Manchester CityPremier League
Manchester UnitedPremier League
FC LiverpoolPremier League
FC ChelseaPremier League
FC ArsenalPremier League
Tottenham HotspurPremier League
Real MadridPrimera Division
FC BarcelonaPrimera Division
Atletico MadridPrimera Division
JuventusSerie A
AC MilanSerie A
Inter MailandSerie A

UEFA droht mit Ausschluss von allen Wettbewerben

Den Klubs werde, teilte die UEFA mit, "die Teilnahme an anderen Wettbewerben auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene untersagt, und ihren Spielern könnte die Möglichkeit verweigert werden, ihre Nationalmannschaften zu vertreten."

Selbst der britische Premierminister Boris Johnson hält derartige Pläne für "sehr schädlich". Und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßt die Position der französischen Klubs, "sich zu weigern, an diesem Projekt teilzunehmen, das das Prinzip der Solidarität bedroht."

Auch die englische Premier League wehrt sich gegen eine Super League: "Fans eines Vereins in England und in ganz Europa können derzeit davon träumen, dass ihre Mannschaft gegen die Besten spielt. Wir glauben, dass das Konzept einer europäischen Super League diesen Traum zerstören würde." Es sei "eine Schande, ich bin absolut angewidert", betonte der frühere Kapitän von Manchester United Gary Neville.

Gründungsmitgliedern winken 3,5 Milliarden Euro

Weil der neue Wettbewerb unter der Woche ausgespielt werden soll, wollen alle Teams Teil ihrer nationalen Ligen bleiben. Die Super League soll nach Angaben ihrer Mitglieder "so früh wie möglich" an den Start gehen. Juventus Turin ließ allerdings schon durchblicken, dass der Zeitpunkt derzeit nicht absehbar sei.

Die Gründungsmitglieder sollen eine einmalige Zahlung in Höhe von je 3,5 Milliarden Euro erhalten. Finanziert wird der Wettbewerb von der US-amerikanische Investmentbank JPMorgan. Das bestätigte das Unternehmen mit Sitz in New York am Montag. "Ich kann bestätigen, dass wir den Deal finanzieren", sagte ein Sprecher der Bank der französischen Nachrichtenagentur AFP, ohne Details des aufsehenerregenden Geschäfts zu nennen.

Die UEFA hatte zuvor von einem "zynischen Projekt" gesprochen und gedroht, teilnehmende Klubs von allen Wettbewerben zu sperren und Spieler nicht mehr für die Nationalmannschaften zuzulassen.

Das war den finanziell von der Coronapandemie arg gebeutelten und nach Sicherheit strebenden Vereinen aber offenbar erst einmal egal. "Indem wir die besten Klubs und Spieler zusammenbringen und gegeneinander spielen lassen, wird die Super League ein neues Kapitel des europäischen Fußballs aufschlagen", sagte Joel Glazer, Co-Vorsitzender von Manchester United und Vize-Vorsitzender der Super League.

Der Weltverband FIFA drückte umgehend seine "Missbilligung" des Schritts aus und forderte "Solidarität" ein. "Vor diesem Hintergrund kann die FIFA nur ihre Missbilligung einer geschlossenen europäischen Liga außerhalb der Fußball-Strukturen ausdrücken", hieß es in einem Statement.

Die Gründungsvereine gaben dagegen an, sich auf "Gespräche mit der UEFA und der FIFA zu freuen", um "partnerschaftlich" zusammenzuarbeiten. Eigentlich sollte am Montag die viel diskutierte Reform der Champions League durchgesetzt werden. Die angekündigten Schritte gingen den Klubs aber offenbar nicht weit genug.

DFL, ECA und Fanvereinigung kritisieren Super League

Die einflussreiche Klubvereinigung ECA, die 246 europäische Vereine vertritt, betonte am Sonntagabend, dass sie weiter "gemeinsam mit der UEFA an der Entwicklung der europäischen Vereins-Wettbewerbe für den Zyklus ab 2024" arbeiten wolle, "einschließlich der vorgeschlagenen Änderungen der UEFA-Klub-Wettbewerbe". Das Modell "einer geschlossenen Super League, auf das sich die Medienberichte beziehen, würde von der ECA stark abgelehnt werden." Präsident der ECA ist Andrea Agnelli - Klubboss beim Super-League-Kandidaten Juventus.

Die europäische Fanvereinigung "Football Supporters Europe" sprach vom "letzten Nagel im Sarg des europäischen Fußballs".

Deutliche Kritik wegen der Abspaltungspläne kam schon vor der offiziellen Verkündung auch aus Deutschland in Person von DFL-Boss Seifert. "Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Topklubs in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben", sagte Seifert. Es wäre "unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifußballs auf diese Weise irreparabel zu beschädigen."

 

Artikel und Videos zum Thema