Mo Dahoud: Ende der Kunstpause?

Von Jannik Schneider
Gegen City ging Dahoud, wie alle Gladbacher, baden
© getty

Mahmoud Dahoud war in der vergangenen Saison einer der Shootingstars der Bundesliga. Zuletzt fand er sich jedoch zumeist auf der Bank wieder - bis zum Ingolstadt-Spiel. Setzt sich der 20-Jährige nach dem CL-Kracher gegen den FC Barcelona (20.45 Uhr im LIVETICKER) wieder in Mönchengladbachs Startelf fest?

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Testspielberichte zerpflücken, Trainingseindrücke in Foren nachlesen, Pressekonferenzen verfolgen: Wenn es um die eigene Aufstellung und Neuverpflichtungen bei Comunio oder vergleichbaren Spielen geht, nehmen viele Hobbymanager hierzulande in den Sommermonaten einiges an Aufwand auf sich.

Schließlich geht es um das eigene Ansehen, die Fußball-Expertise und schlicht darum, mehr Punkte als Arbeitskollegen und Freunde zu erbeuten - alles andere wäre eine Schmach, die sich nur schwerlich wieder ausbessern ließe.

Der Verfasser dieses Textes ist auch vor dieser Saison so vorgegangen - leider nur bei zehn seiner elf Stammspieler. Mahmoud Dahoud wurde "blind" verpflichtet.

Bis zum erfrischenden Startelf-Einsatz gegen den FC Ingolstadt wurde das bitterböse bestraft. Für den U21-Nationalspieler standen vor dem Aufeinandertreffen mit den Schanzern am vergangenen Wochenende lediglich 26-Bundesligaminuten zu Buche.

Explosive Mischung

Dabei schien Dahoud doch eine sichere Wahl zu sein und nach der abgelaufenen Saison bedurfte es eigentlich keiner weiteren Analysen. Der 20-Jährige verpasste nur mickrige zwei Partien, war im zentralen Mittelfeld neben Granit Xhaka eine feste Größe. Eine Größe, die jede Menge Torgefahr ins Spiel der Fohlen integrierte. Vier Tore und neun Vorlage standen für ihn im Mai in der Statistik.

Ein ausgeprägter Vorwärtsdrang bei ordentlicher Grundschnelligkeit und herausragender Technik zeichneten ihn aus. Eine explosive Mischung, die so beileibe nicht jeder Bundesliga-Kader hergibt.

Der Deutsch-Syrer verfügt darüber hinaus über eine ausgeprägte Antizipationsgabe im vordersten Drittel, erahnt Passwege der Gegner in Windeseile und sorgte so regelmäßig für tolle Momente im Umschaltspiel der Gladbacher in der abgelaufenen Saison.

Besonders bemerkenswert: Bei allem offensiven Risiko blieb die Passgenauigkeit des Edeltechnikers deutlich über 80 Prozent, in des Gegners Hälfte war der Wert nur geringfügig niedriger (77 Prozent).

So blieb die einzige Gefahr aus Sicht jener, die Dahoud auf dem Wunschzettel für die eigene Aufstellung stehen hatten, ob der Youngster den Lockrufen von Juventus, das bereits im vergangenen Winter angeklopft haben soll sowie den Größen der Premier League diesen Sommer noch würde widerstehen können.

Diskussionen um angebliche Ausstiegsklausel

Die Gerüchte, dass sich Jürgen Klopp intensiv um Dahoud bemühe, hielten sich bis lange in den September hinein. In diesem Zusammenhang diskutieren die Gladbacher Anhänger noch in diesen Tagen intensiv über eine mögliche Ausstiegsklausel in Höhe von zehn Millionen Euro im Vertrag des Youngsters. Als die Bild kurz vor Saisonstart über jene Klausel berichtete, wollte Dahouds Berater, Reza Fazelli, diese zumindest nicht dementieren.

Es machte sich vermehrt Unruhe breit im direkten Umfeld des Gladbacher Hoffnungsträgers. Eine Unruhe, die noch durch die Olympia-Problematik verstärkt wurde. Dahoud, dessen Vertrag bei den Fohlen bis 2018 datiert ist, wollte mit dem jungen deutschen Team bei den Olympischen Sommerspielen in Rio auflaufen.

Gladbachs Manager Max Eberl und Trainer Andre Schubert schoben der Nominierung jedoch mit Blick auf die so wichtige Champions-League-Qualifikation gegen Bern einen Riegel vor: Eigentlich ein klares Zeichen, dass mit dem Jungen kurz- aber auch langfristig geplant würde am Niederrhein.

Erst Olympia-Dilemma, dann Bankdrücker

Doch dann spielte der Hoffnungsträger lediglich 31 Minuten gegen die Young Boys. Das dürfte ihn, der stets betont hatte, wie gerne er in Rio dabei gewesen wäre, am meisten geärgert haben.

Bis zum vergangenen Wochenende wurde der Youngster nur gegen Bremen eingewechselt und spielte am ersten Spieltag der Champions League durch. Bei Manchester City ging er jedoch mit seinen Kollegen ordentlich baden (0:4).

Die Gründe für die Abstufung von der gesetzten Mittelfeldgröße zum Bankdrücker waren wohl zweierlei. Da wäre zum einen Schuberts veränderte Taktik. Außer beim Last-Minute-Remis in Leipzig setzt der Fohlen-Coach in dieser Saison bisher auf ein variables 3-5-2-System.

Die zwei Plätze im zentralen Mittelfeld gehörten Rückkehrer Christoph Kramer sowie wahlweise Andreas Christensen oder Tobias Strobl. Gerade Letzterer hat sich im Mittelfeld erstaunlich schnell festgesetzt. Am Neuzugang aus Hoffenheim schätzt Schubert vor allem die Kopfballstärke und seine Qualitäten in der Rückwärtsbewegung.

Taktik- und Mentalitätsfrage?

Qualitäten, die in der neuen Grundordnung zunächst wohl mehr gefragt waren als Dahouds offensive Kreativität. Zum anderen aber offenbarte Schubert bereits nach dem Spiel bei RB einen weiteren Grund: "Mo ist nicht an der Leistungsgrenze, die er in er vergangenen Saison in der Hinrunde und weitgehend auch in der Rückserie erreicht hat."

Er müsse sich im Training schlicht mehr anbieten.

Dahouds Comeback kam jedoch schneller als geplant. Strobls Muskelfaserriss von Leipzig spülte ihn zurück in die erste Reihe. Sein Startelfdebüt nutzte der Edeltechniker für Werbung in eigener Sache. Bereits in der ersten Halbzeit fiel er durch Spritzigkeit und Ballsicherheit auf, leitete in zähen ersten 45 Minuten den Führungstreffer von Kapitän Lars Stindl ein, indem er einen Ball im Mittelfeld mit aller Macht an zwei Gegnern vorbeisteckte.

Eberl: "Mo brachte kreative Note"

Im zweiten Spielabschnitt war der U21-Nationalspieler dann Dreh- und Angelpunkt der Gladbacher Offensivbemühungen. Wie er den Ball nach Eroberungen nach vorne trieb und die Lücken suchte und fand, erinnerte stark an seine Leistungen in der vergangenen Saison. Auch am zweiten Treffer durch Oscar Wendt war er mit einem klugen Schnittstellenpass entscheidend beteiligt.

Lob auf die zuletzt wohl geschundene Seele gab es nach Abpfiff von Torhüter Yann Sommer, der gegenüber der WAZ erklärte: "Er hat mir sehr gut gefallen." Und auch Sportdirektor Max Eberl betrachtete Dahouds Auftritt wohlwollend: "Mo brachte die kreative Note ins Spiel."

Sein Trainer dagegen schwieg sich über seinen feinen Techniker aus. Doch vor dem Spiel des Jahres gegen den FC Barcelona (20.45 Uhr im LIVETICKER) kann Schubert die langsam zurückkehrende Spielfreude beim 20-Jährigen nur recht sein.

Mahner Schubert gut für Dahouds Entwicklung?

"Ich suche immer nach der bestmöglichen Lösung für meine Mannschaft", hatte Schubert in Leipzig betont. In der vergangenen Saison hieß ein Lösungsansatz fast immer Mo Dahoud. Nun, nach einer unruhigen Sommerpause und nachdenklichen Minuten auf der Bank scheint das Momentum wieder auf die Seite des Hochbegabten auszuschlagen.

Wenn er dieses kurzfristig zu nutzen vermag, kann er vielleicht sogar dafür sorgen, dass seine heimstarken Fohlen gegen die Katalanen nicht gänzlich chancenlos sind.

Viel wichtiger wäre es aus Sicht seines Trainers aber, wenn er die mahnenden Worte im Training umsetzen würde. Denn dann haben die Gladbacher langfristig wieder viel Freude an ihrem zentralen Mittelfeldspieler - und unzählige Hobbymanager im ganzen Land bald deutlich mehr Zähler auf ihrem Punktekonto.

Mahmoud Dahoud im Steckbrief

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