Hybrid mit offenem Horizont

Unbändige Dynamik: David Alaba hat sich beim FC Bayern längst etabliert
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David Alaba ist beim FC Bayern München zu einem herausragenden Spieler gereift. Sein Trainer Pep Guardiola nennt ihn Gott, seine Gegner verneigen sich vor ihm. Der Österreicher hat auf einer für ihn ungewohnten Position Maßstäbe gesetzt. Trotzdem wird er gegen den FC Arsenal (20.45 Uhr im LIVETICKER) vermutlich eine andere Rolle ausfüllen.

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Philipp Lahm musste erstmal im Gedächtnis graben. Wann er das letzte Mal in einem Pflichtspiel als Linksverteidiger eingesetzt wurde? "Wahrscheinlich bei der EM 2012", war seine vermutende Antwort. Lahm war bekanntlich mal der beste Linksverteidiger der Welt, bevor er auf rechts wechselte und zum besten Rechtsverteidiger der Welt wurde.

Unter Trainer Pep Guardiola hat der beste Außenverteidiger der Welt dann gezeigt, dass er auch einen Mittelfeldspieler auf Weltklasseniveau abgibt. Es ist ja so, dass Lahm alles spielen kann, aber eines ganz sicher nicht mehr spielen will: Linksverteidiger.

Viele Experten meinen zwar noch immer, Lahm wäre auf links am besten aufgehoben, weil er da nach innen ziehen und abschließen könnte - so wie damals 2006, als er ein wunderbares Tor im Eröffnungsspiel erzielte. Lahm sieht das nicht so, er hat mehr als einmal mitgeteilt, dass es ihm überall anders auf dem Platz besser gefällt.

Als wollte er den endgültigen Beweis dafür liefern, stellte sich der Kapitän auch völlig Lahmuntypisch an, als ihn Guardiola gegen Eintracht Frankfurt im Zuge einer größeren Personalrochade links hinten platzierte. Lahm machte ein Foul, das zweite dieser Saison (Saison 2014/15: vier Fouls) und holte sich seine erste gelbe Karte seit dem 8. Februar 2014.

Gefährliches Duo mit Ribery

Nach 76 Minuten war Lahms Arbeitstag als Linksverteidiger vorbei, für ihn kam David Alaba. Der Österreicher hatte 2010 in seiner Debütsaison unter Louis van Gaal mal einen schlechten Auftritt in Frankfurt. Aber seitdem ist viel passiert.

Alaba wurde in die zweite Mannschaft zurückgestuft, er verletzte sich, wurde an 1899 Hoffenheim ausgeliehen, kam zurück, wurde Stammspieler und bildete mit Franck Ribery die gefürchtetste linke Flanke der Welt.

In diesem Fall waren sich auch die Experten einig, dass der Österreicher nicht rechts spielen sollte, um nach innen zu ziehen und mit seinem starken linken Fuß abzuschließen. Für alle ist Alaba der beste Linksverteidiger der Welt.

Guardiola: "Alabas Horizont ist offen"

Das sieht auch Guardiola nicht anders. "Wenn alle Innenverteidiger fit sind, spielt David linker Außenverteidiger", sagt der Trainer. Aber die letzten Wochen hatten die Bayern nur einen fitten Jerome Boateng und Alaba füllte die Lücke in der Mitte so gut, dass Guardiola sagte: "Er kann ohne Zweifel einer der besten Innenverteidiger der Welt werden."

Der spanische Coach schwärmt gerne von seinen Spielern, das muss nicht immer was heißen. Er wollte auch schon 1000 Dantes, um den einen dann bei nächster Gelegenheit abzugeben. Aber die Hymnen auf Alaba kann man ruhig für bare Münze nehmen.

Flexibilität ist eine Eigenschaft, die Guardiola über alles schätzt. Und Alaba "hat schon fast alle zehn Positionen gespielt. Er ist unser Gott." In der vergangenen Saison spielte Alaba oft im Mittelfeld, diese Saison ist er vornehmlich in der Innenverteidigung unterwegs, für die Nationalmannschaft Österreichs spielt er immer im Mittelfeldzentrum.

Gleich bleibt immer die Qualität seiner Leistungen. "Das Wichtigste ist", sagt Guardiola, "er ist ein Spieler, dessen Horizont offen ist. Er akzeptiert alles. Alles, was für die Mannschaft das Beste ist."

Alaba: Schnell, dynamisch, intelligent

Das Beste für die Mannschaft ist auch, wenn Alaba spielt. Als der FC Bayern in der vorigen Saison im Halbfinale der Champions League am FC Barcelona scheiterte, wurde zwar immer wieder das Fehlen von Arjen Robben und Ribery angeführt, dass darüber hinaus auch noch Alaba fehlte, ging meistens unter.

Dabei fehlte es nicht nur auf Außen, sondern auch im Zentrum mit den spielstarken Xabi Alonso, Lahm, Bastian Schweinsteiger und Thiago an Explosivität und Schnelligkeit.

Seine Dynamik, sein Zug zum Tor, seine technische Klasse und sein gefährlicher Schuss sind offensiv eine Bereicherung für das Münchner Spiel. Durch seine physische Stärke und sein Spielverständnis hat er aber auch keine Probleme, defensive Aufgaben auszufüllen. Dazu hat er sich seine jugendliche Unbekümmertheit bewahrt, auch wenn er sich in Interviews sehr zurückhaltend gibt und versucht seinen Wiener Schmäh zu unterdrücken.

David Alabas BL-Statistiken in den Saisons 2015/16 und 2014/15

Alaba schafft den Hybridverteidiger

Als Innenverteidiger hat Alaba die Spieleröffnung der Bayern verändert. Er hat sich aus seiner linken Halbposition nicht nur darauf beschränkt, die Bälle zu verteilen. Er hat das Anforderungsprofil des modernen Innenverteidigers als Spielmacher um eine weitere Facette erweitert und somit einen Hybridverteidiger geschaffen.

Alaba hat das dynamische Dribbling bis in den gegnerischen Strafraum eingeführt. Der Österreicher agierte in seiner Position als Innenverteidiger sehr oft als eine Mischung aus Linksverteidiger und Mittelfeldspieler.

Gleichzeitig kam der FC Bayern durch Alabas Ausrichtung auch Guardiolas Ziel vom extremen Nach-vorne-Verteidigen näher, weil Alaba schon tief in der gegnerischen Hälfte Zweikämpfe führt und Bälle gewinnt - auch Boateng agiert in dieser Spielzeit deutlich höher, die Balleroberung ist nochmal besser geworden.

"Alaba hat mich geschockt"

Wie erdrückend das Spiel der Münchner sein kann, erlebte Dinamo Zagreb am 2. Spieltag der Gruppenphase in München. Arijan Ademi war hinterher ob der Qualität der Bayern und vor allem Alabas ziemlich geplättet.

"Alle Bayern-Spieler sind top, aber David Alaba ist der Beste! Ich habe noch nie einen solchen Spieler gesehen, unglaublich, was er kann", sagte Ademi. "Alaba hat mich geschockt. Er hat keine Schwäche, eine großartige Übersicht, er ist schnell, defensiv überragend und kann jede Position auf dem Feld spielen."

Mit 23 Jahren befindet sich Alaba noch immer im ersten Abschnitt seiner Karriere, wo diese bei dieser Entwicklung hinführen soll, ist schwer auszudenken. Kurzfristig wird es ihn aber wieder auf die linke Seite verschlagen - vermutlich schon gegen Arsenal.

Denn nach Javi Martinez' Rückkehr ist das Angebot in der Innenverteidigung wieder gestiegen. Auch Holger Badstubers Comeback rückt näher. Nur eines scheint sicher: als Rechtsverteidiger wird man David Alaba so schnell nicht sehen.

David Alaba im Steckbrief