BVB-Sieg gegen Werder Bremen: 4 Erkenntnisse zum Debüt von Trainer Edin Terzic

Von Stefan Petri
Marco Reus erzielte den Siegtreffer gegen Werder Bremen.
© imago images / Team 2

Borussia Dortmund gewinnt Spiel eins nach der Ära Lucien Favre knapp, aber verdient bei Werder Bremen. Was lässt sich anschließend über den neuen Cheftrainer Edin Terzic sagen? Und wie schlugen sich Kapitän Marco Reus und Jungstar Youssoufa Moukoko? Die Erkenntnisse zur Partie (hier gibt es die Highlights im Video).

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Nach nur einem Punkt aus den letzten drei Ligaspielen, darunter das desaströse 1:5 daheim gegen Stuttgart, hat der BVB den freien Fall in der Tabelle erst einmal gestoppt, auch wenn es dafür der gütigen Mithilfe von Werder-Keeper Jiri Pavlenka bedurfte. Euphorie dürfte das Spiel beim Anhang der Schwarz-Gelben nicht entfacht haben - aber zumindest ein klitzekleines bisschen Aufbruchsstimmung?

Schließlich stand die Abwehr größtenteils sicher und bei besserer Chancenverwertung wäre auch der eine oder andere Treffer mehr drin gewesen. Und der neue Mann an der Seitenlinie hat seine erste Bewährungsprobe bestanden.

Vier Erkenntnisse zum BVB-Sieg in Bremen:

1. Terzic ändert das BVB-Spiel - aber es ist keine Revolution

Mit Spannung wurde darauf gewartet, in welcher Formation Terzic seine Dortmunder aufs Feld schicken würde. Erste Erkenntnis: Der 38-Jährige setzt wieder auf eine Viererkette. Hummels und Akanji zentral, rechts in der Kette Morey, links Guerreiro. Davor spielte Witsel als einziger Sechser - das schuf Raum für Offensivspieler. Etwa Kapitän Reus, der überraschend neben Jude Bellingham als nomineller zweiter Achter aufgeboten wurde, auch wenn er seine Rolle faktisch deutlich offensiver interpretierte (siehe 3.).

So stärkte Terzic das zentrale Mittelfeld und erlaubte es den offensiven Flügeln Sancho und Reyna, das Spiel gemeinsam mit den Außenverteidigern auch wirklich breit zu machen. Die beiden Flügel rochierten viel, und gerade zu Beginn war zu beobachten, dass Steilpässe über außen in ihre Richtung zum BVB-Plan gehörten. Daraus resultierte die eine oder andere gute Gelegenheit, auch wenn Stürmer Moukoko diese noch nicht in Tore ummünzte.

Damit zum Angreifer: Auch ohne den verletzten Erling Haaland ließ Terzic mit einer "echten" Spitze spielen, und nicht etwa mit Verlegenheitslösungen, wie sie Favre in Frankfurt (Julian Brandt) oder gegen den VfB (Reus) ausprobierte. Das bedeutete, dass Moukoko mit 16 Jahren und 25 Tagen zum jüngsten Startelf-Spieler der Liga-Historie wurde. Warum? "Nicht weil er 16 ist, sondern weil er richtig gut ist", betonte Terzic vor Anpfiff bei Sky.

Dass Terzic sich dazu entschied, den Teenager ins kalte Wasser zu werfen, dürfte neben seinem Vertrauen in Moukokos Fähigkeiten auch noch andere Gründe haben. Zum einen: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Warum nicht etwas riskieren, im allerersten Spiel als Cheftrainer. Er hatte wenig zu verlieren - aber viel zu gewinnen. Ein Treffer Moukokos hätte die Stimmung in Dortmund schlagartig verändert und dabei geholfen, nach Favres Entlassung ein neues Kapitel der Vereinsgeschichte zu beginnen.

Und zum anderen ergibt es, sollte sich Terzic tatsächlich langfristig für diese Aufstellungsvariante entschieden haben, durchaus Sinn, mit einem waschechten Stürmer aufzulaufen und keiner falschen Neun oder einer anderen Notlösung. Schließlich muss sich das Team in dieser Formation erst noch finden und die Abläufe verinnerlichen, wie Reus nach Abpfiff bei Sky zugab. "Es war wichtig, dass wir jemanden haben, der den Gegner permanent beschäftigt, erklärte Terzic selbst.

So sollte es leichter fallen, Haaland nach seiner Rückkehr, am besten schon in zweieinhalb Wochen am 3. Januar gegen den VfL Wolfsburg, in ein funktionierendes Gebilde zu integrieren, ohne den "Game Plan" ein weiteres Mal umstellen zu müssen.

Andererseits: Eine Revolution hatte Terzic bei seinem ersten Spiel als Verantwortlicher an der Seitenlinie natürlich auch nicht angezettelt. Das sieht man auch daran, dass es lediglich einen Wechsel in der Startelf gab: Moukoko spielte für Emre Can.

2. Terzics Interviews machen es dem BVB leichter

Was wurde nicht alles geschrieben über den Taktiker Favre, der seine Spieler emotional nicht mitreißen konnte. Wie gut Terzic das langfristig gelingt, müssen die kommenden Monate zeigen - ein Feuerwerk der Gefühle war das BVB-Spiel nur zweieinhalb Tage nach seinem Amtsantritt noch nicht, wie alle Beteiligten freimütig zugaben.

Den Typus Jürgen Klopp, dem man an in Dortmund immer noch nachweint, mit theatralischen Ausbrüchen an der Seitenlinie und stürmischen Umarmungen in alle Richtungen, scheint Terzic ebenfalls nicht verkörpern zu wollen, vielmehr wirkte er am Dienstagabend an der Seitenlinie und nach Spielende engagiert, aber gleichzeitig kontrolliert, darum bemüht, Selbstsicherheit auszustrahlen.

Deutlich leichter als Favre sollte Terzic aber auf jeden Fall der Umgang mit den Medien fallen - und auf diesem Weg auch die Kommunikation mit den Fans. Wo der Schweizer notorisch wortkarg auftrat und auch nach neun Jahren in der Bundesliga immer noch Schwierigkeiten damit hatte, die Sprachbarriere zu überwinden, wenn es darum ging, in Interviews Sachverhalte oder taktische Ideen zu diskutieren, präsentierte sich Terzic am Sky-Mikrofon sehr souverän. Er lobte das Auftreten seiner Mannschaft überschwänglich, sprach aber im gleichen Atemzug konkrete Probleme an ("Manchmal laufen wir uns gegenseitig die Räume zu") und parierte auch Fragen wie "Ist Marco Reus Ihr wichtigster Spieler?" problemlos.

Nun ist das zugegebenermaßen nach einem Sieg deutlich leichter als etwa nach einer 1:5-Klatsche, erst recht dann, wenn man wie Terzic komplett unbelastet daherkommt. Seine wirklichen Prüfungen in dieser Hinsicht kommen erst noch. Aber wo sich bei Favre durch das manchmal holprige Deutsch der Eindruck einer Hilflosigkeit oft noch verstärkte, wenn er etwa bei der Frage nach den Gründen für ein schlechtes Spiel an seine Grenzen stieß, dürfte es Terzic deutlich leichter fallen, unliebsame Fragen zu kontern und wegzumoderieren - und vielleicht sogar die eine oder andere versteckte Botschaft zu senden. So musste sich Sportdirektor Michael Zorc bei Pressekonferenzen immer wieder neben Favre platzieren, wenn es darum ging, klare Ansagen zu machen oder Gerüchten einen Riegel vorzuschieben. Diese Zeiten könnten erst einmal vorbei sein.

Und natürlich fallen ihm auch die Ansprachen ans Team deutlich leichter als Favre. Für diese war er zuletzt ohnehin schon immer öfter zuständig.

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