Thiago: Der beste Mittelfeldspieler der Welt

Thiago erzielte gegen den FC Augsburg den Treffer zum 4:0
© Getty

Der FC Bayern nimmt den FC Augsburg auseinander und hat die fünfte Meisterschaft so gut wie sicher. Regie führt dabei Pep Guardiolas Wunschspieler Thiago Alcantara. Der Spanier ist endlich verletzungsfrei und zeigt kurioserweise unter Guardiolas Nachfolger Carlo Ancelotti sein riesiges Potenzial. Das könnte für einen anderen Liebling noch zum Problem werden.

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Das Münchner Arena-Publikum muss sich im nationalen Vergleich immer wieder mit altbekannten Vorwürfen auseinandersetzen. Keine Stimmung, Operettenpublikum und ohnehin sind die Herrschaften auf den Business-Seats erst zufrieden, wenn der Gegner mindestens 5:0 abgewatscht wird.

Was den Münchnern aber nicht abzusprechen ist, ist Fachkenntnis. Nicht verwunderlich, immerhin wird beim FC Bayern seit einigen Jahren Avantegarde-Fußball gespielt. Die Bayern-Fans haben in der Geschichte viele Stars spielen sehen, sie wissen schon, wer außergewöhnliche Qualitäten hat und wer nicht.

Bei Thiago Alcantara sind sich mittlerweile alle einig, dass auch er in die Reihe der ganz großen Spieler der Klubgeschichte vorstoßen kann. Ein Sonderapplaus, wie ihn der Spanier am Samstag bei seiner Auswechslung gegen den FC Augsburg spendiert bekam, ist nicht alltäglich.

Thiagos besondere Beziehung zu Guardiola

Thiago hat sich freigespielt in dieser Saison. Es ist schon etwas kurios, dass sich Pep Guardiolas Wunschspieler ausgerechnet dann zu dem genialen Spielgestalter entwickelt, nachdem Guardiola den Verein verlassen hat.

Sein Nachfolger Carlo Ancelotti erntet gerade die Früchte, die Guardiola mit seinem berühmten Satz "Thiago oder nix!" im Trainingslager am Gardasee vor vier Jahren gesät hat. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Thiago im Sommer 2013 nach München gewechselt wäre, wenn Guardiola nicht zu diesem Zeitpunkt dort als Trainer angefangen hätte.

Über das Talent des spanischen Nationalspielers gab es zu keiner Zeit Diskussionen. Seine Technik, seine Übersicht, seine Orientierungsfähigkeit und seine Dribblings, all das und noch viel mehr ist herausragend. Aber die große über mehrere Wochen andauernde Dominanz im Mittelfeld konnte er in seinen ersten drei Jahren in München nie zeigen.

Das lag zu einem sehr großen Teil an seinen schweren Verletzungen (Syndesmosebandriss, Innenbandriss im Knie), die er in den ersten beiden Jahren erlitt, aber auch daran, dass sich die besondere Beziehung zu Guardiola am Ende auch als eine zusätzliche Belastung für Thiago herausstellte.

Thiagos Kunst ist nicht mehr brotlos

Der Abnabelungsprozess von seinem Mentor hat Thiago zu einem reiferen Spieler gemacht. Auch die Verletzung im Trainingslager zu Beginn des Jahres konnte ihn dieses Mal nicht stoppen. Die Zeiten, in denen Thiagos Aktionen oft nur brotlose Kunst waren und nicht nur seinen Trainer vor Rätsel stellten, scheinen vorbei.

Thiagos Spiel hat immer noch mehr Schnörkel als das gewöhnlicher Mittelfeldspieler, aber es hat auch so viel technische Raffinesse, die es bei keinem anderen Mittelfeldspieler der Welt gibt. Diese Qualität und seine Flexibilität - Thiago kann im Mittelfeld von der Sechs bis zur Zehn auf jeder Position auf höchstem Niveau agieren - machen ihm zum aktuell besten Mittelfeldspieler im Weltfußball.

Beim 6:0 über Augsburg beschlich einen das Gefühl, Thiago spiele mehr Pässe mit dem Außenrist als mit der Innenseite, nach fünf Minuten leitete er einen halbhohen Ball mit der Hacke weiter, dass die Arena erstmals laut staunte.

Aber das ist nicht mehr alles. Thiago kam gegen Augsburg wie schon in den Wochen zuvor immer wieder auf die Anzeigetafel. Er bereitete das 1:0 vor und erzielte das 4:0 selbst. Mit sieben Pflichtspieltoren in dieser Saison hat er schon fast so viele geschossen wie in den drei Spielzeiten zuvor zusammen (9). Außerdem hat er mit 15 Torbeteiligungen (7 Tore, 8 Vorlagen) seinen Rekord aus der vorherigen Saison (11) schon übertroffen.

Thiagos BL-Statistiken in den Saisons 2016/17 und 2015/16 im Vergleich

Bleibt für Müller nur die Bank?

Es ist kein Wunder, dass der FC Barcelona an eine Rückholaktion des in der Jugendakademie La Masia ausgebildeten Thiagos denkt. Wer wäre der bessere Nachfolger für den bald 33-jährigen Andres Iniesta?

Aber Barca wird sich im Normalfall nach Alternativen umsehen müssen. Thiagos Vertrag beim FC Bayern läuft noch bis 2019 und die Münchner haben großes Interesse an einer vorzeitigen Verlängerung.

Über die Zukunft müssen sich die Bayern momentan wohl keine großen Gedanken machen. Viel interessanter scheinen da schon Ancelottis Entscheidungen in der Gegenwart. Dass er in den entscheidenden Spielen im April auf Thiago setzen wird, ist klar. Auf welcher Position dagegen, offen.

Vieles spricht dafür, dass Thiago im Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid oder im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund auf der Zehn spielt, abgesichert vom Duo Xabi Alonso und Arturo Vidal. Für Thomas Müller wäre dann kein Platz in der ersten Elf.

Damit wäre ein anderes berühmtes Zitat eines Vorgängers von Ancelotti und Guardiola ausgehebelt. Louis van Gaal hatte einst verfügt: "Müller spielt immer."

Bayern - Augsburg: Daten zum Spiel

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