Manuel Neuers glänzendes Comeback für den FC Bayern München nach 350 Tagen: Manu, der Co-Trainer

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Auch die fünf Torbeteiligungen von Harry Kane beim 8:0 des FC Bayern München gegen Darmstadt 98 am 9. Spieltag der Bundesliga konnten nichts daran hindern, dass es in erster Linie das Spiel von Manuel Neuer war. Und das lag bei Weitem nicht nur an seiner Rückkehr und seiner guten Leistung.

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Wie viel dieser Nachmittag in der Allianz Arena Manuel Neuer bedeutet haben muss, wurde spätestens klar, als Darmstadts Keeper Marcel Schuhen nach dem Abpfiff zum wieder amtierenden Stamm-Torhüter des FC Bayern München zum Trikottausch kam.

Schuhen, der in den vorausgegangenen 45 Minuten acht Gegentreffer hatte hinnehmen müssen, gratulierte Neuer zur erfolgreichen Rückkehr auf dem Platz, was diesen sichtlich erfreute. Als Schuhen aber nach Neuers Trikot fragte, wurde er auf das Duell in der Rückrunde vertröstet.

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FC Bayern: Trotz Harry Kanes Gala - es war das Spiel von Manuel Neuer

"Er hat das sofort verstanden. Ich tausche ja immer gerne meine Trikots, aber das vom heutigen Tag, das will ich doch behalten", erklärte Neuer später in den Katakomben der Arena, am Ende eines Interview-Marathons, der ziemlich genau so lange gedauert hatte wie sein erster Einsatz für den FC Bayern München nach 350 Tagen.

"So haben wir uns das ausgemalt. Jetzt kann ich das genießen", sagte Neuer zu Beginn des Gesprächs, und meinte damit wahrscheinlich vor allem das 8:0 des Rekordmeisters gegen den Aufsteiger, die vielen Tore seiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit, seine drei starken Paraden, den Sieg ohne Gegentreffer. Und ganz sicher auch den sehr warmen Applaus der da schon anwesenden Zuschauer, als Neuer weit vor Anpfiff den Rasen zum Aufwärmen betreten hatte. "Dieses Rausgehen vor dem Aufwärmen war das schönste heute", berichtete Neuer. Womöglich meinte er auch die "Bayern-Bayern" und "Neuer"-Jauchzer nach der letzten Ballberührung des Torwarts in der Nachspielzeit.

Ansonsten war in diesem irre merkwürdigen Spiel ja wenig so gelaufen, wie man es sich ausmalt.

Wer rechnet schon mit einem Platzverweis nach 3:50 Minuten für die eigene Mannschaft und mit zwei weiteren Platzverweisen für den Gegner in der ersten Halbzeit, jeweils wegen beinahe identischer Vergehen? Es wird schon seine Gründe haben, dass das in 60 Jahren Bundesliga zuvor noch nie vorgekommen war.

Welcher normaldenkende Mensch malt sich schon acht Tore der eigenen Mannschaft in der anderen Halbzeit aus, selbst wenn in dieser Mannschaft Harry Kane aktiv ist, der nach seinen fünf Torbeteiligungen am neunten Spieltag nun schon 12 Tore und fünf Vorlagen in neun Bundesligaspielen gesammelt hat. Und wer rechnet schon damit, dass diese spielmachende Tormaschine (oder: dieser Tore schießende Spielmacher) Harry Kane sich ausgerechnet in diesem Spiel mit einer formidablen Bogenlampe aus der eigenen Hälfte noch für das Tor des Jahres bewirbt?

Doch trotz Kanes Gala - dieses 8:0 gegen den SV Darmstadt 98, der in der ersten Halbzeit trotz der zwei berechtigten Platzverweise sein wohl bestes Spiel seit dem Aufstieg gemacht hatte - war das Spiel von Manuel Neuer gewesen.

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Manuel Neuer wirkte wie der Co-Trainer von Thomas Tuchel beim FCB

Wegen Neuers Rückkehr auf dem Platz nach einer ja nicht nur elend langen, sondern auch viel zu komplizierten Reha, klar. Neuer verpasste, während er um sein Comeback kämpfte und immer wieder zurückgeworfen wurde, nicht nur die spannendste Bundesliga-Rückrunde mit dem spannendsten letzten Spieltag und dem glücklichsten Triumphator des Jahrzehnts, sondern eben unter anderem auch den Rauswurf seines Vertrauten und Torwarttrainers Toni Tapalovic und den Rauswurf seines nicht ganz so vertrauten Coaches Julian Nagelsmann und der Bosse Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn beim FC Bayern. Später folgte noch der Rauswurf von Bundestrainer Hansi Flick, dem beim DFB wiederum Nagelsmann folgte.

Die Behauptung, dass die Fußballwelt eine andere war, als Neuer sich beim Skitourengehen diesen vermaledeiten Beinbruch zuzog, ist sicher nicht übertrieben. Neuer aber war auf Anhieb wieder Neuer. Er stand bei Ballbesitz seiner Mannschaft fast am Mittelkreis, um dem Spiel falls nötig noch einen Impuls zu geben. Er hob die Arme wie früher, zum Parieren, Winken, Jubeln, Reklamieren. Und er rannte immer wieder an die Seitenlinie zu Thomas Tuchel, um dessen neueste Ideen und Marschrouten zu erfahren und als "verlängerter Arm des Trainers" zu fungieren, wie Neuer das bezeichnete.

Neuer dirigierte nicht nur die Abwehrreihe vor sich, er gab nicht nur Kommandos vor Standardsituationen, sondern wirkte zeitweilig wie ein Co-Trainer Tuchels, der eben auch im Tor steht.

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Tuchel über Neuer: "Manu denkt zwei Schritte voraus"

Vor allem dieses aktive Coachen der Mitspieler durch den Torwart hatte man in dieser Intensität in den vergangenen 350 Tagen nicht gesehen beim FC Bayern. Tuchel, der das ja zum ersten Mal erlebte an diesem Nachmittag, schien es dennoch ziemlich vermisst zu haben. "Manu führt auf eine sehr inhaltliche Art und Weise. Der denkt einfach zwei Schritte voraus", sagte er: "Das merkt man in den Besprechungen und taktischen Trainings, man merkte es an seinem Coaching und Torwartspiel", sagte Tuchel und verwendete das Wort Coaching sogar mehrmals.

Neuer erkenne "Situationen sehr früh, coacht die ganz früh und passt auch sein eigenes Verhalten daran an." Darum wolle Neuer immer wissen, ob Systemänderungen oder Änderungen an der Grundordnung anstünden - "weil die Nachricht vielleicht beim nächsten Eckball schneller von ihm bei den anderen ankommt, als von mir von der Seitenlinie", sagte Tuchel, der seinem Co-Trainer im FCB-Tor auch deswegen ein "sensationelles" Spiel bescheinigte.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele

DatumWettbewerbGegner
1. November, 20.45 UhrDFB-Pokal1. FC Saarbrücken (A)
4. November, 18.30 UhrBundesligaBorussia Dortmund (A)
8. November, 21 UhrChampions LeagueGalatasaray (H)
11. November, 15.30 UhrBundesliga1. FC Heidenheim (H)

 

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