FC Bayern - Nach Neuer-Unfall: Wäre Nübel der geeignete Ersatz?

Von Constantin Eckner
Bayern Münchens Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Marko Neppe (technischer Direktor) sind am Donnerstag überraschend am Flughafen in München für eine Dienstreise gesichtet worden. Ihr Ziel war jedoch nicht etwa das Gespräch mit einem möglichen Wintert
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Manuel Neuers Malheur auf der Skipiste könnte die Führungsriege von Bayern München unter Handlungsdruck versetzen. Dem Vernehmen nach werden momentan an der Säbener Straße alle denkbaren Szenen durchgespielt - unter anderem auch eine Rückholaktion von Alexander Nübel.

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Die letzten Wochen haben es nicht gut gemeint mit Bayerns Nummer eins. Erst sah Neuer bei mehreren Gegentreffern während der WM-Gruppenphase nicht souverän aus, dann brach er sich auf der Skipiste zwischen Roßkopf und dem Spitzingsee - wohl beim Versuch, ein wenig den Kopf freizubekommen - den Unterschenkel. Der Ausfall des Kapitäns und Stammkeepers könnte die sportlichen Ziele der Münchner erheblich gefährden. Deshalb wird seit Bekanntwerden des Vorfalls darüber spekuliert, ob nicht Nübel an die Säbener Straße zurückgeholt wird.

Der 26-Jährige wurde angesichts seiner für einen jungen Torhüter ungünstigen Reservistenrolle im Sommer 2021 an die AS Monaco verliehen. Dort ist der Ex-Schalker auch die unangefochtene Nummer eins. Eine Anfrage der Bayern an Nübel oder seinen aktuellen Verein gab es laut Berater Stefan Backs noch nicht. "Die Frage lässt sich derzeit nicht beantworten, da ich noch keinen Kontakt zu Bayern München hatte und auch Alex noch nichts aus München gehört hat", antwortete Backs der dpa auf die Frage, ob eine vorzeitige Rückkehr von Nübel bereits im Winter möglich sei.

Denkbar wäre es, wobei Monaco selbst einer solchen Rückholaktion zustimmen müsste, denn der Klub aus dem Fürstentum kämpft in der Ligue 1 um eine Europapokalteilnahme und verfügt aktuell über keinen adäquaten Ersatz. Aber selbst wenn Nübel zurückkommen könnte, stellt sich die Frage, ob er wirklich die bestmögliche Lösung für die Bayern wäre.

Alexander Nübel, Manuel Neuer
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Alexander Nübel hält mehr als vorhergesagt

Nübel hat in den vergangenen eineinhalb Jahren erheblich Spielpraxis sammeln können. In den 53 Ligapartien für Monaco konnte sich der gebürtige Ostwestfale gerade in puncto Torverhinderung von seiner besten Seite zeigen. Dies belegen auch die Zahlen von FBref.com.

So hat Nübel einen positiven Wert, wenn wir den Post-Shot xG mit den realen Gegentoren in Relation setzen. Der Post-Shot xG bewertet Schüsse hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass ein Torwart einen Schussversuch parieren kann. Nübel kommt seit Beginn der Saison 2021/22 auf einen Wert von +0,11 pro 90 Minuten. Insgesamt hat er fast sechs Gegentore weniger kassiert, als zu erwarten war. Mit derartigen Zahlen würde der 26-Jährige in der Bundesliga zu den Besten gehören.

Zum Vergleich: Neuer weist für den identischen Zeitraum in der Bundesliga einen Wert von immer noch guten +0,04 auf. Bayerns aktuelle Nummer zwei Sven Ulreich hat in den neun Ligaspielen seit dem Sommer 2021 jedoch -0,10 verbucht. Auch Ulreichs Quote von nur 61,3 Prozent hinsichtlich der abgewehrten Schüsse ist nicht gut und liegt deutlich hinter Nübel (77,1) wie auch anderen möglichen Kandidaten für die Bayern: Keylor Navas (79,5) und Dominik Livaković (72,1).

Alexander Nübel
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Alexander Nübel: Langholzer statt Spielgestalter

Dass Nübel zumindest ein guter Torverhinderer ist, konnte er schon einst bei Schalke unter Beweis stellen. Genau deswegen kam er überhaupt ins Blickfeld der Bayern wie auch anderer Topklubs in Europa. Bedenken gab es jedoch immer hinsichtlich seiner fußballerischen Qualitäten, weshalb der Wechsel zum deutschen Rekordmeister - mal ganz abgesehen von der problematischen Kadersituation mit einer etablierten Nummer eins - doch Verwunderung hervorrief.

Die Bayern betreiben die Spieleröffnung häufig unter Einbeziehung des Torhüters, der zum Beispiel gegen eine erste Pressinglinie mit zwei sowie vier Gegenspielern entsprechend eine Überzahlsituation schaffen und damit Dayot Upamecano und Co. entlasten soll. Nübel ist allerdings keiner, der über ein präzises progressives Passspiel verfügt. Er schlägt den Ball oft hastig aus dem eigenen Drittel und betreibt so eine vermeintliche Fehlervermeidung, denn die Gegner erzielen vielfach leichte Ballgewinne.

Seine Passquote von 74,1 Prozent liegt deutlich unter dem, was die bereits erwähnten Ulreich und Navas vorzuweisen haben. Bei langen Bällen, also Zuspielversuchen über 27 Metern, liegt Nübel bei einer Erfolgsquote von 52,7 Prozent, Navas hingegen bei 68,7 Prozent, was ungefähr das Niveau von Neuer ist.

Manuel Neuer
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FC Bayern - Nachfolge von Manuel Neuer: Eine Mischung aus allem braucht es

Allerdings ist Nübel per se kein "altmodischer" Torwart, der nur auf der Linie beziehungsweise im Fünfmeterraum Bälle parieren kann. Er traut sich zu, herauszulaufen und auch mal als moderner Abstauber, Angriffe außerhalb des Strafraums zu klären. Im Schnitt zeigt er pro Partie 1,19 Defensivaktion außerhalb des Sechzehners seit seinem Wechsel nach Monaco. Ulreich hat hierbei einen Wert von 1,56; Neuer liegt bei fast 3 pro Spiel.

Allein anhand dieser Werte wird klar, dass sich die Bayern eigentlich einen Torwart aus den möglichen Ersatzkandidaten für Neuer zusammenbasteln müssten. Nübel ist wohl der, mit den besten Paradequalitäten und verfügt auch über die notwendige Athletik und Absprungstärke, um Bälle in sehr kurzer Zeit aus jedem Eck des Tores zu kratzen. Navas konnte in seiner Hochzeit in dieser Kategorie mithalten und ist darüber hinaus ein guter Fußballer, der bei seinen Klubstationen oftmals dazu aufgefordert war, am Spielaufbau teilzunehmen.

Bei Livaković bleiben gewisse Fragezeichen, inwieweit er sich rasch an die Anforderungen des Bayern-Systems gewöhnen könnte. Der 27-Jährige hat seine Karriere bislang in Zagreb verbracht und sich entsprechend an das Spielsystem von Dinamo gewöhnt. Seine Qualitäten als Dominator im Fünf- beziehungsweise Sechzehnmeterraum während der laufenden WM haben ihn ins Blickfeld der Bayern gebracht, wobei ein Wechsel von Dinamo gewiss mit dem notwendigen Kleingeld erzwungen werden könnte.

Sollten die Bayern sich für eine kleine Lösung entscheiden und nur eine Nummer 2 hinter Sven Ulreich verpflichten, bliebe der als Ersatz für Neuer für den zweiten Teil der Saison. Der 34-Jährige kennt das Bayern-System, kann sich auch außerhalb des Strafraums passabel schlagen, aber Zweifel bleiben hinsichtlich der Konstanz beim Parieren von Schüssen. Hier fällt Ulreich ab und Nübel hat in Monaco Argumente für sich gesammelt.

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