BVB nach dem Transfer von Serhou Guirassy: Die Furcht ist spürbar

Von Constantin Eckner
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Während andernorts Mittelstürmer-Not herrscht, braucht Borussia Dortmund bald ein eigenes Busabteil für seine Angreifer. Mit Serhou Guirassy sichert sich der BVB wie schon im Vorjahr einen der Top-Torjäger der Bundesliga. Doch es bleiben Fragezeichen.

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Der Wechsel von Serhou Guirassy zu Borussia Dortmund entwickelte sich zu einer kleinen Transfersaga. Nichts, was wir alle, gestählt durch das Drama rund um Harry Kane im vergangenen Jahr, nicht schon mal erlebt hätten.

Aber einige Zweifel umgeben die Verfügbarkeit des ehemaligen Stuttgarter Mittelstürmers, da er weiterhin an einer Außenbandverletzung im Knie laboriert. Diese Verletzung soll zunächst keine Operation nach sich ziehen. Die Verantwortlichen des BVB werden gewiss hoffen, dass sich diese Prognose auch bewahrheitet.

"Es war uns wichtig, im Sinne des BVB und des Spielers eine möglichst genaue Spezialisten-Einschätzung der Verletzung von Serhou zu erhalten. Gründlichkeit ging hier eindeutig vor Schnelligkeit. Jetzt liegen alle Fakten auf dem Tisch, und wir sind überzeugt davon, mit diesem Transfer die richtige Entscheidung getroffen zu haben", sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Lars Ricken.

Angesichts Guirassys 30 Tore in 30 Pflichtspielen in der Saison 2024/25 wirkt die 18 Millionen Euro teure Ausstiegsklausel wie ein Schnäppchen. Doch natürlich sind generelle Zweifel berechtigt, handelt es sich beim 28-Jährigen doch um einen klassischen Spätstarter. Die Furcht, dass er zur Eintagsfliege verkommt und seine Torquote bei einem neuen Klub nicht aufrechterhalten kann, ist spürbar.

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Guirassys Behäbigkeit als Vorteil für den VfB

Zugleich stellt sich die Frage, inwieweit Guirassy ein Upgrade zu Niclas Füllkrug, dem letztjährigen Stammangreifer, darstellt. Dass die beiden rein spielerisch nicht auf dem Niveau eines fitten Sébastien Haller unterwegs sind, ist sicherlich fernab jedweder Diskussion. Allerdings bleibt die sportliche Zukunft von Haller ungewiss.

Was Guirassy beim VfB neben der reinen Torerzielung so stark gemacht hat, war seine Einbindung ins Ballbesitzspiel der Stuttgarter. Unter Federführung von Sebastian Hoeneß wurde der Ball zumeist in der ersten Reihe gehalten, um den Gegner herauszulocken und dann einen schnellen Vertikalangriff auszulösen. Guirassy war nicht selten die Anspielstationen für Pässe durchs Mittelfeld hindurch.

Auffällig dabei: Der Guineer agierte am Ball behäbiger als die Mitspieler um ihn herum. Dieser Kontrast gereichte Stuttgarts Offensive jedoch zum Vorteil. Während Chris Führich oder Enzo Millot das Spiel schnell vorantrieben, bremste Guirassy es ein wenig.

Da der Mittelstürmer aber in aller Regel die Aufmerksamkeit der Verteidiger auf sich zog, konnten sich die anderen Stuttgarter in Position bringen. Dass etwa Führich oder auch Deniz Undav zuweilen in Strafraumnähe so effektiv auftraten, hatte auch mit Guirassy zu tun.

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Guirassy: Das Versprechen der Erfolgsstabilität

BVB-Trainer Nuri Şahin hat bereits verdeutlicht, dass er ab der kommenden Saison wieder effektiven Ballbesitzfußball von seinem Team sehen möchte. Partien wie jene gegen Bayer Leverkusen, in welcher sich die Dortmunder vor allem aufs Kontern konzentrierten, soll es in dieser Form nicht mehr geben.

Somit braucht es natürlich Mittelstürmer, die innerhalb längerer Passstafetten durchweg funktionieren. Füllkrug kann ein guter ballhaltender Angreifer sein, fürs Kombinationsspiel ist er weniger geeignet. Haller hingegen ist stärker im Zusammenspiel mit technischen versierten Mittelfeldspielern. Youssoufa Moukoko funktioniert am besten als zweite Spitze und dynamisch vorstoßender Angreifer, der die Lücken, die sein Vordermann reißt, anläuft.

Guirassy bringt kein gänzlich neues Stürmerprofil mit. Im Abschluss ist er über jeden Zweifel erhaben und vielleicht der Beste innerhalb des aktuellen Stürmerquartetts. Auch als Zielspieler und Ballverteidiger in hohen Zonen hat er Füllkrug etwas voraus, weil der deutsche Nationalstürmer seine Stärken darin hat, den Ball im Mittelfeld abzuschirmen und weiterzuleiten.

Was sich aber die Dortmunder Verantwortlichen wohl vor allem vom Kauf des Guineers versprechen, ist eine gewisse Erfolgsstabilität - sowohl in Bezug auf die genannten Elemente des Stürmerspiels als auch die Gesamtleistungen. Zudem hat sich Guirassy in einem Ballbesitzsystem bewiesen, was man ihm angesichts seiner vorherigen Stationen nicht unbedingt zugetraut hat. Aber mit dem passenden Coaching und auch der Abstimmung auf seinen Spielstil funktionierte die Stuttgarter Offensive über weite Phasen der Saison hervorragend.

Dortmund verfügt ebenso über tempostarke Außenbahnspieler - und wird in diesem Bereich wohl auch noch einmal nachbessern. Zudem besitzt Şahin mit Donyell Malen und Julian Brandt zwei Offensivkräfte, die gut im Rückraum eines Ballverteidigers und Lückenreißers wie Guirassy funktionieren müssten. Und sollte der BVB keinen Stürmer mehr abgeben, hätte der neue Cheftrainer ohnehin eine immense taktische Flexibilität, weil er die Stürmerprofile mit Blick auf den jeweiligen Gegner und die eigene Herangehensweise einsetzen und zugleich mischen könnte.

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