Warum Xabi Alonso dem FC Bayern München einen Korb geben sollte

Von Mark Doyle und Patrik Eisenacher
alonso-xabi-1600
© getty

Xabi Alonso stehen dank seiner großartigen Arbeit bei Bayer Leverkusen viele Türen offen. Durch jene des FC Bayern München sollte er aber nicht schreiten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Xabi Alonso ist heiß begehrt. Zwei der besten Klubs der Welt wollen den Erfolgstrainer von Bayern Leverkusen. Jüngsten Berichten zufolge zieht der Spanier dabei aktuell einen Wechsel zu Bayern München im Sommer einem Engagement beim FC Liverpool vor. In gewisser Weise wäre das verständlich. Es ist immer einfacher, auf einen gescheiterten Trainer zu folgen, als auf eine lebende Legende - wie es Jürgen Klopp bei den Reds ist.

Thomas Tuchel hingegen ist beim FC Bayern auf dem besten Weg, nach dem DFB-Pokal auch noch die deutsche Meisterschaft zu verspielen. In der Champions League droht gegen Lazio Rom zudem das Ausscheiden aus der Champions League.

Der Job an der Anfield Road ist trotz dieser Ausgangslage verlockender.

Klopp erweckte den FC Liverpool zu neuem Leben

Als der FC Liverpool am Mittwoch daheim gegen Aufsteiger Luton Town 0:1 zurücklag, erinnerte sich Klopp an das Comeback in der Champions League gegen den FC Barcelona im Jahr 2019. Diese Aufholjagd wollte der 56-Jährige eigentlich nicht mehr heraufbeschwören.

Aber warum tat er es doch? "Weil es vor dem Spiel ähnlich war und viele Spieler gefehlt haben", sagte er zur Abwesenheit von elf Spielern. "Das ist also ihr Barcelona: eine schwierige Situation, viele Gründe, um aufzugeben - aber sie haben es nicht getan. Ich habe nur eine Supergruppe gesehen, die gekämpft hat. Wenn man sich nicht mit schlechten Gedanken einschränkt, kann man fliegen, und das haben die Jungs getan."

Vielleicht war es daher nicht überraschend, dass Klopp nach dem Spiel, das seine Mannschaft noch mit 4:1 für sich entschied, nicht nur The Kop, sondern alle vier Ecken des Stadions mit seinem ikonischen Faustjubel beglückte.

"Das Stadion und die Mannschaft", sagte er gegenüber BBC Sport, "haben das Spiel gemeinsam verändert." Dabei hatte Klopp selbst die Spieler und den Verein zu neuem Leben erweckt, als er 2015 nach Anfield kam und versprach, "Zweifler in Gläubige" zu verwandeln.

Es folgten sechs große Titel, darunter der erste in Englands höchster Spielklasse seit 1990. Vielleicht holt Klopp sogar noch eine weitere Meisterschaft, bevor er am Ende der Saison in den Sonnenuntergang reitet. Sollte dies der Fall sein, würde dies in der Ära des staatlich gesponserten Manchester City seinen Status als einer der größten Teammanager der Geschichte nur noch weiter zementieren.

xabi-alonso-1600
© getty

Früher oder später wird Xabi Alonso ohnehin beim FC Liverpool landen - wenn er will

Daher wird die erfolgreiche Nachfolge Klopps von einigen als unmögliche Aufgabe angesehen - gerade aufgrund des Verhältnisses, das er sowohl zu den Spielern als auch zu den Fans hat. Man denke nur an die Schwierigkeiten, die Manchester United seit dem Abgang von Sir Alex Ferguson im Jahr 2013 hat.

Alonso könnte sich deshalb denken, dass es der falsche Zeitpunkt ist, um beim FC Liverpool Trainer zu werden. Als er seine Trainerkarriere begann, gab er zu, dass er davon "träume", als Trainer nach Liverpool zurückzukehren, nachdem er als Spieler in Anfield schon Publikumsliebling war. Aber er ist noch ein relativ junger Trainer. Mit seinen 42 Jahren könnte er den Job nun ablehnen - eines Tages wird er das Angebot sicher noch einmal bekommen.

Immerhin hat er bei Bayer Leverkusen schon genug geleistet, um zu wissen, dass er eine lange und erfolgreiche Karriere vor sich hat. In nur etwas mehr als 18 Monaten hat er eine einst abstiegsgefährdete Mannschaft an die Spitze der Bundesliga geführt - und das mit einem mitreißenden Fußball.

Folglich gibt es derzeit keinen begehrteren - oder höher eingeschätzten - jungen Trainer im Fußball. Und er hat bereits eine glühende Empfehlung von Klopp erhalten.

klopp-1600
© getty

Jürgen Klopp preist Alonso: "Xabi ragt heraus"

"Xabi macht einen unglaublichen Job", lobte Klopp zuletzt. "Wenn es die Gerüchte nicht gäbe, würde ich das das völlig unabhängig sagen."

Der 56-Jährige verglich außerdem die Generationen: "Wenn Sie mich vor acht Wochen nach Xabi Alonso gefragt hätten, hätte ich gesagt: 'Oh mein Gott'. Die Dinosaurier, wenn Sie so wollen - [Carlo] Ancelotti, [José] Mourinho, [Pep] Guardiola, vielleicht auch ich - wir werden nicht die nächsten 20 Jahre weitermachen. Die nächste Generation ist bereits da, und ich würde sagen, Xabi ist der herausragende Spieler in dieser Abteilung."

Klopp erinnerte sich daran, dass Alonso schon als Spieler von 2004 bis 2009 für die Reds aktiv war. Der Coach schwärmte: "Er ist ein ehemaliger Weltklassespieler, der auch aus einer Trainerfamilie stammt, was ein wenig hilft, denn er war schon ein Trainer, als er noch spielte. Der Fußball, den er spielt, die Teams, die er aufstellt, die Transfers, die er getätigt hat, das ist absolut außergewöhnlich."

"Ich habe lange Zeit in der Bundesliga gespielt und gearbeitet, und es ist sehr beeindruckend. Nicht nur die Anzahl der Punkte, sondern auch die Art und Weise, wie sie spielen. Er hat super Spieler für dieses Team verpflichtet, genau das, was sie brauchten, und das ist wirklich ein ganz besonderer Job", staunte der frühere BVB-Trainer.

Xabi Alonso war schon als Spieler beim FC Liverpool äußerst beliebt

Ein abschreckendes Beispiel lieferte vor elf Jahren Manchester United. Ferguson-Nachfolger David Moyes konnte sich nicht einmal eine Saison halten. Alonso dürfte es beim FC Liverpool jedoch einfacher haben.

Als der einstige Reds-Coach Rafael Benitez im Sommer 2008 törichterweise versuchte, ihn durch Gareth Barry zu ersetzen, machten die Fans ihre Gefühle während eines Freundschaftsspiels gegen Lazio deutlich. Alonso bezeichnete diese Aktionen als einen der "schönsten Tage" seiner Karriere, so gerührt war er von der Unterstützung.

Die Intelligenz, Eleganz und Entschlossenheit, mit der Alonso spielte, trugen natürlich dazu bei, ihn bei den Fans beliebt zu machen - aber auch seine bodenständige Persönlichkeit spielte eine wichtige Rolle. Von dem Moment an, als er in Liverpool ankam, nahm er die Kultur des Klubs und auch der Stadt an. Er hat sogar seinen in Liverpool geborenen Sohn als "Scouser" bezeichnet. Kein Wunder also, dass sich die Fans in ihn verliebten - oder dass das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte.

"Die Mystik, durch den Tunnel in Anfield zu kommen, das Schild zu berühren, die Fans beim Singen von 'You'll Never Walk Alone' zu beobachten - all das machte es einfacher, eine so enge Bindung und ein so starkes Engagement mit dem Verein und den Fans zu haben", sagte Alonso dem Liverpool Echo.

"Ich habe nie so getan, als wäre ich jemand, der ich nicht bin. Ich habe immer versucht, ein normaler Mensch zu sein, und die Persönlichkeit der Liverpooler ist sehr speziell: Sie wollen, dass man einer von ihnen ist. Wenn du in der Bar bist, bieten sie dir an, dir ein Pint zu holen. Sie wollen, dass man sich willkommen fühlt. Das habe ich von Anfang an gespürt."

Alonso würde also mit offenen Armen empfangen, sollte er nach Anfield zurückkehren. Und man würde ihm mehr Zeit und Geduld gewähren, um Liverpool durch die Nach-Klopp-Ära zu führen, als wohl jedem anderen Trainer. Die Sache ist jedoch die, dass Alonso vielleicht nicht viel von beidem braucht.

alonso-xabi-1600
© getty

Jürgen Klopp hinterlässt den FC Liverpool in einem Top-Zustand

Im Gegensatz zu den Bayern herrscht in Liverpool derzeit nicht das totale Chaos. Tuchel hinterlässt in der Allianz Arena viele Fragezeichen und eine Mannschaft voller Baustellen. So droht die erste titellose Saison seit zwölf Jahren. Alonso könnte es in der kommenden Saison in München praktisch nur besser machen als Tuchel.

Zugegeben, bei den Reds müssen sowohl Virgil van Dijk als auch Mohamed Salah eher früher als später ersetzt werden, aber Liverpools Erneuerung des Mittelfelds ist besser verlaufen, als selbst Klopp es sich hätte vorstellen können. In der Offensive läuft es zudem top: Kein anderes Team in den fünf großen europäischen Ligen hat zu diesem Zeitpunkt der Saison fünf Spieler (Salah, Luis Diaz, Darwin Nunez, Diogo Jota und Cody Gakpo) mit mindestens zehn Toren.

Darüber hinaus verfügt Liverpool über eine Vielzahl von jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs, von denen einige bereits bei den Profis Fuß gefasst haben - darunter Conor Bradley, Jarell Quansah und Bobby Clark. Am Mittwochabend gegen Luton stellte Klopp seine jüngste Startformation seit sechs Jahren auf - und die Reds schafften es trotzdem, sich vorerst mit fünf Punkten Vorsprung an die Spitze der Premier League zu setzen.

Egal, was bis zum Ende der Saison passiert, Klopp könnte Liverpool in keiner besseren Verfassung hinterlassen.

Auch Xabi Alonso liebt Anfield und den FC Liverpool

Alonso ist natürlich auch mit den Bayern verbunden, da er drei Spielzeiten (2014 bis 2017) in München verbrachte, bevor er seine Karriere beendete. Auch bei Real Madrid, das sich 2026 nach dem Auslaufen von Ancelottis Vertrag wahrscheinlich nach einem neuen Trainer umsehen wird, war Alonso sehr erfolgreich.

Der Spanier könnte sich also entscheiden, in der BayArena zu bleiben und auf dem bemerkenswerten Fundament aufzubauen, das er in Leverkusen bereits gelegt hat - wohl wissend, dass Florentino Pérez ihn als idealen Kandidaten für die Nachfolge Ancelottis ansehen würde. Doch im Trainer-Business laufen die Dinge selten so reibungslos. Tatsache ist, dass in diesem Sommer zwei Spitzenposten frei werden - und Alonso gilt als Spitzenkandidat für beide.

In der Allianz Arena könnte er die Bayern wieder an die Spitze führen. In Anfield hingegen hat er die einmalige Chance, das Unmögliche möglich zu machen - und das in dem Stadion, das er immer als "das Beste der Welt" bezeichnet hat.

"Die Seele, die Tribünen, die Lichter, es ist anders und es ist purer Fußball", sagte er einmal. "Deshalb liebt man es als Spieler und als Fan." Auch als Trainer würde er dieses Gefühl lieben - und sollte deshalb zum FC Liverpool gehen, um Jürgen Klopp zu beerben.

Artikel und Videos zum Thema