BVB: Gregor Kobel ist Borussia Dortmunds Spieler der Saison

Von Tim Ursinus
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Nach einer erfolgreichen Saison werden bei der Frage nach dem besten Spieler in der breiten Masse meist diejenigen genannt, die für die Tore oder für die besonderen Momente auf dem Platz sorgten. Sollte der BVB aber Meister werden, muss an erster Stelle von Torhüter Gregor Kobel die Rede sein.

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Sébastien Haller mit seiner bewegenden Geschichte, die Leistungsexplosionen von Donyell Malen und Karim Adeyemi, Julian Brandts Wiedergeburt oder der von halb Europa gejagte Jude Bellingham - sie alle haben in bestimmten Phasen dieser Saison freilich mit tollen Leistungen geglänzt. Keiner von ihnen war aber so beständig wie Gregor Kobel.

Abgesehen von seinen Patzern gegen Union Berlin in der Hinrunde (0:2) und im Topspiel in München am 26. Spieltag (2:4) - jeweils sein Comeback nach wochenlanger Verletzung - spielt Kobel eine tadellose Bundesliga-Saison. In Augsburg stand der Schweizer trotz Überzahl mal wieder im Mittelpunkt, als er in der 59. Minute mit einer Glanztat eine hundertprozentige Chance auf das 1:1 vereitelte und das Nervenkostüm seiner Vorderleute erheblich entlastete. Wer weiß, was passiert wäre, wenn der mitunter fragile BVB (Stichwort VfB Stuttgart) doch noch um die drei Punkte hätte zittern müssen.

Schon beim 6:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg, der in der ersten Hälfte nur vermeintlich einseitig war, profitierten seine Mitspieler von Kobels Paraden. Ohne den sicheren Rückhalt könnte die Offensive wohl nicht so befreit aufspielen.

Auffällig: In vier der sieben verpassten Spiele des 25-Jährigen ging der BVB nicht als Sieger vom Platz. Auch wenn Vertretung Alexander Meyer weitestgehend durchaus einen guten Job machte, die sogenannten "Unhaltbaren" parierte er häufig nicht - und das ist es, was Kobel in dieser Saison auszeichnet.

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Gregor Kobel: Bärenstarke Werte! Nur einer ist besser

Im Vergleich zu seinem ersten Jahr in Dortmund, nachdem er für 15 Millionen Euro aus Stuttgart verpflichtet wurde, hat Kobel nochmal eine ordentliche Schippe draufgelegt. Längst gehört er zu der Elite in der Bundesliga, was sich auch in den Zahlen niederschlägt.

Obwohl Kobel dreimal weniger als in seiner Premierensaison auf dem Platz stand, hat er mit 86 schon 13 Paraden mehr auf dem Konto. Bei 115 Schüssen auf seinen Kasten ergibt das die bärenstarke Quote von 74,8 Prozent gehaltenen Bällen. Getoppt wird der Wert nur von Union Berlins Frederik Rönnow mit 81 Prozent bei 116 Versuchen, ihn zu überwinden. Freiburgs Mark Flekken komplementiert das Podest mit 74,3 Prozent.

In seinen 26 Einsätzen hielt Kobel zudem elfmal die Null, Rönnow verließ den Platz hingegen einmal weniger mit einer weißen Weste. Im Spielaufbau, besonders bei langen Bällen, hat sich der BVB-Schlussmann ebenfalls erheblich verbessert.

Bundesliga: Die besten drei Keeper im Vergleich

TorhüterVereinGegentoreSchüsse (davon pariert)Spiele (davon ohne Gegentor)
Frederik RönnowUnion Berlin27116 (89; 81 Prozent)28 (10)
Gregor KobelBorussia Dortmund30115 (86; 74,8 Prozent)26 (11)
Mark FlekkenSC Freiburg42144 (102; 74,3 Prozent)33 (13)

Gregor Kobel: Neuer Vertrag oder auf die Insel?

Da wundert es auch nicht, dass Kobel längst auf dem Zettel von den ganz großen Klubs aus Europa steht. Zuletzt war er in der internationalen Presse beim FC Chelsea, als Nachfolger von Hugo Lloris bei Tottenham Hotspur oder von David de Gea bei Manchester United im Gespräch. Nach dem Skiunfall von Manuel Neuer hatte es im Winter auch Gerüchte um ein Interesse des FC Bayern München gegeben.

In Dortmund sollen die Alarmglocken deshalb schon länger schrillen. An einer vorzeitigen Verlängerung des noch bis 2026 laufenden Vertrags wird dem Vernehmen nach schon gearbeitet. In diesem Zuge soll Kobel zu den Topverdienern aufsteigen.

Laut der Bild-Zeitung winkt ihm eine Gehaltsverdopplung von vier auf acht Millionen Euro pro Jahr, wodurch er nur knapp weniger als die Topverdiener im Verein erhalten würde. Zudem soll ihm der Verbleib mit einer neuen Rolle schmackhaft gemacht werden. Kobel könnte in der vereinsinternen Hierarchie aufsteigen, in dem er in den Mannschaftsrat beordert wird.

Bei einem Abgang von Bellingham könnte Kobel außerdem zum dritten Kapitän aufsteigen. Dass er Führungsqualitäten an den Tag legt, beweist er sowohl regelmäßig auf dem Platz als auch im Gespräch mit den Medien. Kobel schreckt vor keiner Kritik zurück und nimmt auch bei eigenen Fehlern kein Blatt vor den Mund ("Schöne Scheiße"; nach dem Spiel gegen die Bayern).

Edin Terzic tröstet Gregor Kobel nach dessen Patzer in München.
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Edin Terzic tröstet Gregor Kobel nach dessen Patzer in München.

Gregor Kobel: Kurioser Vorfall mit Sébastien Haller

Seinen Stellenwert innerhalb der Mannschaft unterstrich Kobel auch bei einem kuriosen Vorfall in den Katakomben der Augsburger WWK-Arena. Während er den Journalisten schon Rede und Antwort stand, ging Haller als einer der letzten BVB-Spieler Richtung Kabine. Nach einem Handschlag machte Kobel ihn darauf aufmerksam, dass um 20 Uhr Abfahrt sei, schließlich müsse noch ein Flieger erwischt werden.

"We need to fly, Bro", rief er in Richtung Haller, der sein Tempo daraufhin etwas erhöhte. "Acht, ohne Spaß, ich mach' keinen Scherz", ergänzte Kobel und verwies auf den drohenden Umweg: "Sonst müssen wir nach Paderborn."

Bis auf Donyell Malen und Julian Ryerson kamen alle Spieler pünktlich in Dortmund an. Der nächste Ausflug stünde dann erst wieder zu den Feierlichkeiten auf dem Borsigplatz an. Der Keeper ist "extrem überzeugt" davon, dass es der BVB diesen am Ende auch antreten wird: "Es wird Zeit, weil wir einfach diese Qualität in der Mannschaft haben". Und diese rief in dieser Saison kein anderer so konstant wie Kobel ab.

BVB-Torhüter Gregor Kobel: Steckbrief

NameGregor Kobel
Geburt6. Dezember 1997
NationalitätSchweiz
PositionTorhüter
Starker FußRechts
JugendvereinGrasshopper Club Zürich
ProfistationenTSG Hoffeneim, FC Augsburg, VfB Stuttgart, Borussia Dortmund