Union Berlins Morten Thorsby: Wie der "Öko-Wikinger" seine Klubs verändert

Von Ruben Stark
1200-thorsby-union
© Getty

Seine Mission ist der Umweltschutz, seine Bühne der Fußball. Der von Sampdoria gewechselte Norweger Morten Thorsby bringt nicht nur sportliche Qualität mit zu Union Berlin in die Bundesliga, sondern auch sein Herzensprojekt, das zu einer Lebensaufgabe zu werden scheint.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Oslo, Heerenveen, Amsterdam, Brüssel und Nyon - das sind nicht etwa alle Städte, in denen Morten Thorsby unter Vertrag stand. Nein, es sind die Stationen seiner Sommer-Tour. Schöne Urlaubsreise durch Europa, wird mancher sagen. Naja, nicht ganz. Der Norweger war sozusagen in weltlicher Mission unterwegs.

"Wir sind mitten in der Klimakrise, da kann man doch keinen Urlaub machen", sagte er etwa zu UN-Umweltchefin Veronika Hunt-Safrankova.

Thorsby hat vor einiger Zeit den Beinamen "Greta Thunberg des Fußballs" erhalten, er hat dem nicht widersprochen, es ist eher so, dass er ihn mit Leben füllt. Der Neuzugang von Union Berlin gründete mit Vater Espen die Initiative "We Play Green", die sich als Bewegung aus dem Fußball dem Kampf gegen den Klimawandel verschrieben hat. Daher auch die Besuche in den vergangenen Wochen.

Die Kraft und die Wucht seines Sports zu nutzen, ist sein Thema, um in Sachen Umweltschutz, um beim Dauerthema Nachhaltigkeit, etwas zu bewirken. Symbolisch hat der Mittelfeldspieler auch seine Rückennummer bei den Eisernen gewählt, die "2". Sie stellt das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Temperaturziel dar, auf das sich die Welt damals verständigt hatte. Der Berliner Boulevard betitelte Thorsby sogleich als "Öko-Wikinger".

Ausgelöst hatte sein Klima-Engagement eine Reportage-Serie, die er offenkundig als extrem eindrücklich empfand. "Ich war traurig, verzweifelt, wütend und hatte Klima-Angst", sagte Thorsby einst. Sogar das Ende seiner Fußball-Karriere schwirrte durch seine Gedanken, aber letztlich wandelte er die innerliche Zerrissenheit in die Energie für den Start seines Herzensprojektes um.

Thorsby bewirkte ein Umdenken bei seinem Ex-Klub

Der englischen Zeitung Guardian erzählte er Ende letzten Jahres seine Geschichte sehr ausführlich. Vor Jahren in Heerenveen sei Thorsby erstmals auf sich allein gestellt gewesen und habe dabei viel Zeit zum Lesen gehabt. Da begann er zu reflektieren: Der Fußball begeistere 3,5 Milliarden Menschen, er sei das größte soziale Phänomen auf der Erde, meinte Thorsby.

Fußball-Stars hätten einen riesigen Einfluss auf Menschen und das Fußball-Business könnte hier mal ein leuchtendes Beispiel abgeben.

Thorsby fuhr in den Niederlanden stets vom Trainingskomplex mit dem Fahrrad zum Stadion und steckte nach und nach seine Teamkollegen an. Damit nicht genug, der inzwischen 26-Jährige überzeugte Vereinsverantwortliche und Sponsoren beim niederländischen Erstligisten, das Thema Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. Eine Solaranlage wurde auf dem Stadiondach installiert und weniger Fleisch angeboten bei den Spielen Heerenveens.

Genua pflanzte wegen Thorsby Bäume

Aber es sei nicht immer leicht gewesen, erzählte Thorsby dem Guardian auch. Bei Sampdoria Genua in Italien sei er in der Kabine etwas spöttisch der "Green Boy" gewesen, der "grüne Junge". Dort titulierten die Kollegen ihn auch als "Greta Thurnberg des Fußballs".

Thorsby will die Leute um ihn inspirieren mit seinen Ideen, er will sie für seinen Weg begeistern, nicht seine Thesen als Wahrheit verordnen. "Ich hätte gerne 100 Prozent, die kleine Schritte gehen, denn viele kleine Schritte führen zu großen Schritten."

In Italien setzte er ein Recyclingprojekt durch, die Stadt Genua pflanzte auf sein Werben hin Bäume, er fährt ein E-Auto mit Namen "Greta", er plädiert bei Fußballern für Linien- statt Privatflieger auf Reisen, für weniger Fleischkonsum. Das Neueste ist das Projekt Green Bag, in dem es um die Wiederverwertung von Fußballer-Klamotten geht.

Haaland unterstützte Spendenaktion von Thorsby

Mittlerweile hat er Auszeichnungen für seine Aktivitäten bekommen, den Nürnberger Mats Möller Daehli hat er an seiner Seite, auch Nationalmannschafts-Kumpel Erling Haaland unterstützte eine Spendenaktion. Thorsby hat den italienischen Umweltminister getroffen, den norwegischen Premier, hat mit Frans Timmermans gesprochen, der bei der Europäischen Kommission das Umweltthema verantwortet.

Im Sommer war er auch noch bei der Profi-Spielervereinigung FifPro, der UEFA stattete Thorsby einen Besuch ab. Er versucht ganz offensichtlich an größeren Rädern zu drehen.

Bei den Köpenickern will Thorsby aber natürlich auch sportlich überzeugen. Union hat ihn schließlich nicht nur als Aktivist geholt, um in der Öffentlichkeit grüne Punkte zu sammeln. Sie sehen den Nationalspieler in erster Linie als sportliche Verstärkung im Mittelfeld. "Je besser ich spiele", weiß der sehr flexibel einsetzbare Thorsby, "desto mehr kann ich bewirken."

Vielleicht kann er dann Unions-Präsident Dirk Zingler davon überzeugen, dass es doch eine gute Idee wäre, vegane Würste ins Spieltags-Sortiment der Alten Försterei aufzunehmen.

Artikel und Videos zum Thema