Wirtschaftsexperte Henning Zülch: "Genau das ist das Problem der Bayern-Verfolger"

Von Stanislav Schupp
Außerhalb von Pandemiezeiten begrüßt Borussia Dortmund zu jedem Heimspiel in der Liga über 80.000 Zuschauer.
© getty

Henning Zülch ist Inhaber des Lehrstuhls Accounting and Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management. In seiner Forschung beleuchtet er unter anderem die Managementqualität, die Bestandskraft und die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten von Profifußballklubs.

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Im Interview mit SPOX und Goal spricht Zülch über nötige Schritte für ausgeglichenere Verhältnisse zwischen den Bundesliga-Klubs, Hindernisse für einen Salary Cap und eine Reform des Financial Fairplay sowie die Bedeutung strategischer Investoren für die Zukunft der Vereine.

Außerdem erklärt Zülch die Probleme der Verfolger des FC Bayern München und kritisiert die DFL-Taskforce.

Zülch über...

... unterschiedliche Voraussetzungen zwischen den Bundesligaklubs: In der Bundesliga gibt es vom eingetragenen Verein bis zu einem börsennotierten Unternehmen eine große Bandbreite an Rechtsformen. Das ist Wettbewerbsverzerrung. In der Ligue 1 ist schon frühzeitig eine Vereinheitlichung hin zu einer Aktiengesellschaft vollzogen worden. Die Klubs sollten über eine Börsennotierung nachdenken, um transparenter in finanzieller Hinsicht zu sein. Wir brauchen die gleiche Rechtsform für alle.

... die daraus resultierenden Vorteile: Das erleichtert das Agieren auf dem Kapitalmarkt, Investoren anzuziehen und dadurch Einnahmen zu generieren. Dadurch wäre zudem Vergleichbarkeit in Sachen wirtschaftlicher Situation der Klubs hergestellt und sämtliche Klubs hätten die gleichen Grundvoraussetzungen, um ihre Investitionstätigkeit zu steuern. Sei es ins Nachwuchsleistungszentrum, Scouting etc. Mehr Transparenz bedeutet mehr Glaubwürdigkeit. Solange die Individuen nicht auf eine einheitliche Spur gebracht werden, weil der Regulator, wie in dem Fall die DFL, nicht stark genug ist, kann die Situation nicht gebändigt werden.

... Folgen für die Spannung in der Liga: An der Spannung wird sich grundsätzlich wahrscheinlich nichts ändern, weil einige Klubs einen gewissen Vorsprung haben. Diesen aufzuholen, wird schwierig. Wenn allerdings bislang erfolgreiche Klubs eine falsche unternehmerische Entscheidung treffen und nicht in den oder die richtigen Spieler investieren - Stichwort: Haaland-Ersatz - dann verpassen sie vielleicht die Champions League und kommen in einen finanziellen Engpass, der größere Investitionen verhindert. Relativ schnell könnte dann eine Abwärtsspirale eintreten, so wie bei Werder Bremen. Kein Team ist davor geschützt. Genau das macht das Ganze interessant.

... Probleme der Verfolger des FC Bayern: Der BVB hat sich stets dagegen verwahrt auszusprechen, dass man Deutscher Meister werden wolle. Diese Mannschaft muss aber bei dem vorhandenen Potenzial Anspruch auf Titel haben. Spreche ich dies allerdings nicht aus, dann bleibt mir immerzu die Verfolgerrolle und ich gelte vermeintlich als Ausbildungsverein. Aber genau das ist das Problem der Verfolger des FC Bayern: Wie sieht die langfristige Strategie des Klubs im Bundesliga-Wettbewerb sowie international aus? Man hat Angst, der Erwartung nicht gerecht zu werden. Obwohl wie bei allen Unternehmen eine Korrektur der ambitionierten Ziele durchaus möglich ist, solange eine strategische Marschrichtung erkennbar ist.

... Einführung von Salary Cap und einer Reformierung des Financial Fairplay in Deutschland: Das kann die DFL natürlich alles beschließen. Wenn man das aber nicht auf den internationalen Markt ausweitet, werden die Preise und die Gehälter dennoch nach oben schießen, während die Deutschen schauen müssen, wie ihre Liga sich entwickelt. Das wird nichts bringen. Ein attraktiver Spieler wird kaum nach Deutschland wechseln, wenn er weiß, dass national eine Gehaltsobergrenze herrscht.

... alternative Wege zur (internationalen) Konkurrenzfähigkeit: Man muss den "deutschen" Weg gehen, und zwar auf die Ausbildung des eigenen Nachwuchses zu setzen. Dort sind deutsche Klub besser als andere Nationen. Junge Talente entwickeln, zu den Profis ziehen und gewinnbringend verkaufen. Schalke und Stuttgart haben beispielsweise im vergangenen Jahrzehnt nachweislich die besten Jugendspieler - leider ohne nachhaltige positive Wirkung für die Klubs selbst - entwickelt.

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