Thesen zum 33. Bundesliga-Spieltag: Werder Bremen scheitert am Personenkult

Von Stefan Rommel
Für Werder-Trainer Florian Kohfeldt ist Schluss: Thomas Schaaf übernimmt seinen Job.
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Werder Bremen verfällt in Panik, Hertha BSC hat den Besten schon auf der Bank, Edin Terzic vom BVB steht die Welt offen - doch wer ist eigentlich die Überraschung der Saison? Das Trainer-Special zum 33. Spieltag.

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Werder Bremen scheitert am Personenkult

An den nackten Zahlen gemessen steht Werder Bremen vor dem letzten Spieltag eine Nuance besser da als in der letzten Saison. Damals war Werder Vorletzter, hatte zwei Punkte Rückstand auf den Relegationsrang 16, musste sein Spiel gegen Köln gewinnen und auf eine Niederlage von Fortuna Düsseldorf hoffen.

Nun ist die Ausgangslage etwas besser, weil Werder einen Punkt Vorsprung vor dem direkten Abstiegsplatz hat und sogar das rettende Ufer noch erreichen kann. Die Mannschaft hat es selbst in der Hand, sich zumindest die zwei Zusatzspiele der Relegation zu verdienen und vielleicht sogar die Neuauflage einer Horror-Saison doch noch zu einem guten Ende zu führen.

Aber: Im letzten Sommer gab es so etwas wie ein tragfähiges Gerüst, eine offensive Spielidee und eine Grundordnung, die stabil balanciert wirkte. Nun übernimmt Thomas Schaaf eine Mannschaft, die an einem guten Tag ordentlich verteidigen kann - mehr aber auch nicht. Das ist nun keine besonders frische Erkenntnis, eigentlich schleift Werder dieses Problem schon die ganze Saison mit sich herum. Aber erst jetzt reagierten die Entscheidungsträger.

Werders Hang zum Personenkult, dieses Streben nach Kontinuität - obwohl diese nicht durch ein sportliches Fundament gestützt wird - wird dem Klub nun womöglich zum Verhängnis. Werder wollte auf Biegen und Brechen eine Ära mit Florian Kohfeldt einläuten und übersah dabei die nüchternen Analysen des Ist-Zustands.

Noch ist nichts verloren, Werder hat es selbst in der Hand. Aber wie geht es weiter, wenn es doch mal wieder irgendwie gutgehen sollte? Frank Baumann als sportlicher Verantwortlicher ist kaum zu halten, auch Aufsichtsratschef Marco Bode steht voll in der Kritik. Kohfeldt hat gewiss einen großen Anteil, aber der Trainer ist auch ein Opfer der Umstände. Werder braucht dringend einen Neuanfang - egal in welcher Liga.

Bo Svensson von Mainz 05 ist der Trainer der Saison

Hansi Flick hat mal wieder eine Meisterschaft eingefahren. Oliver Glasner hat Wolfsburg in die Champions League geführt. Julian Nagelsmann führt Leipzig zu vermutlich zwei Vize-Titeln und erfüllt sich seinen Lebenstraum FC Bayern. Urs Fischer schnuppert mit dem designierten Absteiger FC Union am internationalen Geschäft. Für einige Trainer ist es jetzt schon eine sehr gelungene Saison.

Der Trainer des Jahres sollte aber Bo Svensson heißen. Was dem mit Mainz gelungen ist, übertrifft alles und jeden seiner Kollegen in dieser Saison. Die Mainzer Rettung einen Spieltag vor Schluss gleicht fast einem kleinen Wunder, nach sieben Punkten aus der Hinserie galten die Rheinhessen zusammen mit Schalke schon als sicherer Absteiger.

Dann haben die Verantwortlichen aber ein paar sehr schlaue Entscheidungen getroffen und mit den Rückholaktionen von Christian Heidel, Martin Schmidt und eben Svensson den alten Mainz-Spirit neu geweckt. Svensson hat aus einer Vielzahl von Einzelkönnern wieder eine Gruppe geformt, die so verbissen und leidenschaftlich arbeitet wie lange keine Mainzer Mannschaft mehr vor ihr. Die das genaue Gegenteil jener Arbeitsverweigerer darstellt, die noch zu Beginn der Saison offen gegen Ex-Ex-Coach Achim Beierlorzer rebellierten und ein Spiel wie gegen Stuttgart einfach so wegschenkten.

Und das Beste: Mit Svensson sitzt nun auch wieder ein Versprechen für die Zukunft auf der Bank, eine echte Perspektive.

Pal Dardai muss Hertha-Trainer bleiben

Ein anderer Retter saß am Samstagabend in einem Garten eines Hotels und lieferte einen der lässigsten Auftritte der letzten Jahre ab: Pal Dardai im Lounge-Sessel, den Trainingsanzug am Leib und die Zigarre in der Hand während des Interviews mit dem Aktuellen Sportstudio war pures TV-Gold. So wie Dardai für seinen Klub offenbar auch pures Gold zu sein scheint.

Hertha BSC wollte vor zwei Jahren ganz hoch hinaus, wollte viel zu schnell zu viel mit den ganzen Millionen des Investors und verrannte sich dabei zweimal komplett. Die alte Führungsriege wollte den Erfolg mit jeder Menge Geld und halbgaren Ideen erzwingen und führte den Klub damit gleich zweimal fast in die 2. Liga. Erst mit ein paar Wechseln hinter den Kulissen und der Rückkehr zum Bewährten scheinen die Berliner wieder in der Spur.

Deshalb wird es nun spannend zu sehen sein, wie die Hertha in diesem Sommer strategisch vorgehen wird - und was aus ihrem Trainer wird. Die nächste Hauruck-Aktion mit besonders hohem Risiko kann sich der Klub kaum noch einmal erlauben, dazu zählt auch die Trainerwahl. Dardai besitzt grundsätzlich offenbar einen Kontrakt bis 2022. Allerdings ist nicht so ganz klar, ob er in den letzten Wochen neben dem Klassenerhalt auch seine ganz persönlichen Ziele erreichen konnte, um diesen Vertrag auch erfüllen zu dürfen.

"Ich bin ein Herthaner, dann können wir hier nicht über einen Wunsch reden", sagte er am Samstag. "Ich habe auf jeden Fall bei Hertha BSC einen Job. Ich bin froh, dass ich ein Teil bin von dieser Familie." Wenn sie clever sind bei der Hertha, dann wählen sie ab sofort einen Weg der kleinen Schritte und den einzig geeigneten Trainer dazu. Der kann nur Pal Dardai heißen.

Bundesliga: Die Tabelle nach dem 33. Spieltag

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayern München3394:425275
2.RB Leipzig3359:302965
3.Borussia Dortmund3372:452761
4.Wolfsburg3359:342561
5.Eintracht Frankfurt3366:521457
6.Bayer Leverkusen3352:361652
7.1. FC Union Berlin3348:42647
8.Borussia M'gladbach3360:54646
9.VfB Stuttgart3356:53345
10.SC Freiburg3351:49245
11.TSG Hoffenheim3350:53-340
12.FC Augsburg3334:49-1536
13.1. FSV Mainz 053336:54-1836
14.Hertha BSC3340:50-1035
15.Arminia Bielefeld3324:52-2832
16.Werder Bremen3334:53-1931
17.1. FC Köln3333:60-2730
18.Schalke 043325:85-6016
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