Schalke 04 - Brennpunkte nach dem Abstieg: "Emotionaler Schaden", Spieler-Abwanderung und Finanz-Debakel

Von Dennis Melzer
Der FC Schalke 04 steigt erstmals nach 30 Jahren in die 2. Liga ab. Die Zukunft des Ruhrpott-Riesens ist ungewisser denn je. SPOX und Goal beleuchten die königsblauen Brennpunkte.
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Der FC Schalke 04 steigt erstmals nach 30 Jahren in die 2. Liga ab. Die Zukunft des Ruhrpott-Riesens ist ungewisser denn je. SPOX und Goal beleuchten die königsblauen Brennpunkte. Hier geht's zu den Highlights.

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Am vergangenen Dienstag schrieb der FC Schalke 04 wohl eines der verheerendsten Kapitel seiner langen Vereinsgeschichte. Der vierte Abstieg aus dem deutschen Oberhaus wurde durch ein 0:1 in Bielefeld besiegelt, im Nachgang spielten sich an der Schalke Arena beängstigende Szenen ab.

Ein Video, das auf Twitter die Runde machte, dokumentierte nur im Ansatz, was sich zutrug, davoneilende Personen waren auszumachen, Gebrüll und Beleidigungen zu vernehmen. Wenige Stunden später verbreiteten sich via WhatsApp diverse Sprachnachrichten, in denen angebliche Augenzeugen über die körperlichen Angriffe auf Schalker Verantwortliche sprachen, die später von Sportvorstand Peter Knäbel und Teammanager Gerald Asamoah bestätigt wurden.

Die Tobsucht vereinzelter Anhänger gegen die eigene Mannschaft, die sich in der Nacht Bahn gebrochen hatte, bildete dabei den traurigen Höhepunkt einer desaströsen Saison.

Wie geht es mit Blick auf die Spieler, den Trainer und die finanzielle Situation in der 2. Bundesliga weiter?

Schalke 04 - Brennpunkt 1: Fan-Aggression sorgt für "emotionalen Schaden"

Schalke-Ikone Asamoah trat auf der Bielefelder Alm vor die Sky-Kameras, als auch das letzte Quäntchen Hoffnung gestorben war. Mit Tränen in den Augen gab er tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt: "Wir wussten schon, was auf uns zukommt. Aber wenn man jetzt merkt, es ist vorbei, dann ist das schon brutal."

Noch schlimmer dürfte Asamoah das getroffen haben, was im Rahmen der Rückkehr nach Gelsenkirchen auf ihn und die anderen S04-Protagonisten wartete. Bei einer Presserunde am Mittwoch sprach der ehemalige Nationalspieler über die Ereignisse am Schalker Stadion. "Mir geht es immer noch nicht so gut", erklärte er und verriet: "Ich selber bin nicht geschlagen worden. Ich habe verschiedene Bilder im Kopf: Ein Mitarbeiter lag auf dem Boden und wurde getreten."

Zudem werde er "Bujos Angst in den Augen" nie vergessen, sagte Asamoah mit Blick auf Co-Trainer Mike Büskens. Tags zuvor hatte bereits ein Spieler, der anonym bleiben wollte, bei Sport1 gesprochen. "Die Fans sind auf uns losgegangen. Wir sind ab dann nur noch gerannt. Das war Angst, pure Angst!", schilderte er. "Ich bin schockiert und weiß nicht, wie wir die nächsten Spiele noch bestreiten sollen."

Besagter Profi beklagte, dass er und seine Teamkollegen überhaupt erst mit der brenzligen Situation konfrontiert worden waren. "Es hieß vom Verein, dass es nur einen kurzen Austausch geben wird. Die Polizei hat währenddessen unten gewartet." Aus dem vermeintlichen Austausch entwickelte sich jedoch eine Hetzjagd.

Dass die Polizei "unten" wartete und eben nicht mit aufs Gelände fuhr, hinterfragte auch Knäbel, der am Mittwoch neben Asamoah ebenfalls Stellung zu den Vorkommnissen bezog. "Warum die Polizei nicht mit reingefahren ist, ist eine Frage, die wir nochmal intern aufarbeiten müssen." Knäbels Angaben zufolge seien die Betroffenen, abgesehen von "blauen Flecken und kleineren Verletzungen", weitestgehend wohlauf. Der ehemalige HSV-Chef ergänzte aber vielsagend: "Ich glaube, der emotionale Schaden ist größer."

Dementsprechend gingen die Königsblauen auch nicht zur gewohnten Tagesordnung über. An Trainingseinheiten war bislang nicht zu denken. Die abstoßenden Szenen, für die nur einige wenige verantwortlich zeichneten, werden mit Sicherheit noch lange nachhallen.

Gerald Asamoah sprach auf einer Presserunde über die Fan-Attacken auf Spieler und Mitarbeiter vom FC Schalke 04.
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Gerald Asamoah sprach auf einer Presserunde über die Fan-Attacken auf Spieler und Mitarbeiter vom FC Schalke 04.

Schalke 04 - Brennpunkt 2: Der Kader steht vor Mega-Umbruch

Nach der 0:1-Niederlage in Bielefeld trotteten die Spieler mit hängenden Köpfen prompt in die Kabine, nur Timo Becker, der im Alter von zehn Jahren in den Knappen-Nachwuchs gewechselt war, blieb, vergrub sein Gesicht in den Händen, weinte bitterlich auf der Auswechselbank.

Er dürfte einer der wenigen Spieler aus der aktuellen Mannschaft sein, die auch in der kommenden Saison für Schalke auflaufen werden. Der Kader wird einen extremen Umbruch erleben. Bastian Oczipka und Benjamin Stambouli besitzen laut WAZ-Informationen nicht einmal einen gültigen Vertrag für die 2. Liga, Leihspieler wie Sead Kolasinac, Goncalo Paciencia oder Frederik Rönnow kehren zu ihren jeweiligen Vereinen zurück, die Arbeitspapiere von Shkodran Mustafi, Alessandro Schöpf und Nabil Bentaleb laufen aus.

Allzu viel Geld aus Ablösesummen winkt den Gelsenkirchenern nicht. Omar Mascarell sagte in der AS, er wolle "woanders ein neues Abenteuer" suchen, Suat Serdar, dessen Vertrag noch bis 2022 gültig ist, könnte immerhin noch einen verhältnismäßig hohen Betrag generieren. Dafür müsste er allerdings nach der Saison gehen.

Aus der Tatsache, nicht ewig auf Schalke bleiben zu wollen, machte er jüngst ohnehin keinen Hehl. "Langfristig möchte ich möglichst dauerhaft Champions League spielen und Titel gewinnen", sagte er der SportBild. Die Knappen sind auf Verkäufe angewiesen, dessen sind sich mögliche Abnehmerklubs bewusst, was S04 in eine missliche Verhandlungslage bringt.

In Zukunft muss der Trainer auf Eigengewächse wie Becker oder Malick Thiaw setzen, der zu den wenigen Lichtblicken des Teams in dieser Saison zählte. Zudem kehrt mit Danny Latza ein erfahrener Akteur an seine alte Wirkungsstätte zurück, auch Ahmed Kutucu plant nach seiner Leihe bei Heracles Almelo, ab Sommer wieder für Schalke aufzulaufen.

Knäbel wolle in den kommenden Tagen und Wochen Gespräche mit den Spielern und deren Beratern führen, um die Zukunft auszuloten. "Wir brauchen eine gute Mischung aus Jung und Alt. Wir müssen sehr viel tun, aber auch schauen, dass es passt. Der Umbruch ist sehr groß", sagte er in einem Interview mit dem vereinseigenen Sender.

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