Alte Methoden: "Wir nutzen den Medizinball"

Von Interview: Benny Semmler
Bernd Hollerbach (r.) ist Teil des Schalker Trainer-Teams um Felix Magath (2.v.l.)
© Getty

Bernd Hollerbach ist Co-Trainer von Felix Magath auf Schalke. SPOX sprach mit dem "Eisenfuß" über seinen Chef, den neuen Verein, Spaß bei der Arbeit, die Unterschiede zum ehemaligen Arbeitgeber in Wolfsburg und sein gutes Auge für Talente - er entdeckte Edin Dzeko.

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SPOX: Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie nach Schalke wechseln?

Bernd Hollerbach: Das dauerte keine fünf Sekunden. Ich kann mit Felix Magath zusammen arbeiten. Da muss man nicht lange überlegen.

SPOX: Genießen Sie den Magath-Windschatten?

Hollerbach: Ich habe mich immer an ihm orientiert. Ob als Spieler beim HSV oder jetzt als sein Co-Trainer. Ich lerne viel von ihm. Natürlich genieße ich auch ein stückweit dieses besondere Verhältnis.

SPOX: Wie viel Spaß macht Ihnen der neue Schalke-Job?

Hollerbach: Wir müssen gerade in dieser Phase der Saison extrem professionell arbeiten. Da bleibt nur wenig Zeit für Spaß. Wir wollen die Grundlagen für die Saison schaffen - das wiederum bedeutet viel, viel Arbeit.

SPOX: Wo ist die größte Baustelle?

Hollerbach: Die Hierarchie im Team ist eine der größeren Aufgaben. Da muss sich noch viel finden. Das klingt vielleicht sehr einfach, braucht aber einen enormen Arbeitsaufwand.

SPOX: Vermissen Sie schon Grafite und Dzeko?

Hollerbach: Wir hatten eine schöne und vor allem erfolgreiche Zeit in Wolfsburg. Es war schön, was uns dort gelungen ist, wie sich gerade diese beiden Spieler entwickelt haben. Jetzt auf Schalke warten neue Herausforderungen.

SPOX: Sie waren vor drei Jahren in Teplice und haben Edin Dzeko entdeckt. Richtig?

Hollerbach: Ich habe mir Edin damals in einem Länderspiel angeschaut und daraufhin Felix Magath informiert, dass man ihn sofort holen sollte.

SPOX: War es viel Glück und ein großer Zufall?

Hollerbach: Ich kenne den tschechischen Markt ganz gut, weil mein Sohn in Tschechien lebt...

SPOX: Gutes Auge, Herr Hollerbach!

Hollerbach: Danke. Aber es war ja nicht nur der Edin Dzeko. Grafite, Marcel Schäfer, Sascha Riether, Christian Gentner - auch diese Spieler hatte vor zwei Jahren niemand auf dem Zettel. Aber wir waren davon überzeugt, dass diese Spieler im Kollektiv sehr, sehr gut funktionieren würden. Heute sind sie Nationalspieler.

SPOX: Wann gibt's den nächsten Dzeko - vielleicht auf Schalke?

Hollerbach: So einen Spieler zu finden ist nicht planbar. Sonst hätte ja jeder Verein so einen Spieler. Wir beobachten den Markt aber sehr genau, wollen uns punktuell noch verstärken. Aber die Situation in Wolfsburg war eine andere.

SPOX: Meinen Sie das liebe Geld?

Hollerbach: Nicht nur - die Voraussetzungen waren ganz andere. Als wir in Wolfsburg begonnen haben, standen gerade ein Dutzend Profis unter Vertrag. Wir mussten mehr als einen halben Kader neu verpflichten. In Schalke nun steht dieser nahezu komplett. Zudem sind natürlich die finanziellen Mittel, die zur Verfügung stehen, deutlich geringer als beim VfL.

SPOX: Außer Dzeko und Grafite: Was hat Wolfsburg, was Schalke noch nicht hat?

Hollerbach: Die Meisterschaft. Die Champions League. Und mehr Geld.

SPOX: Dann mal weg von den harten Zahlen. Von Ihnen erwarten viele: Medizinbälle statt Laptop, Berglaufen statt Yoga. Wie stehen Sie dazu?

Hollerbach: Unsere Arbeitsweise ist bekannt. Sprich: Wir nutzen den Medizinball. Und wir sind damit immer ganz gut gefahren, haben jedes Jahr die wenigsten Verletzten. Und das, obwohl unsere Arbeitsweise angeblich zu den "alten Methoden" zählt.

SPOX: Dabei kommen die alten, erfahrenen Trainer wieder in Mode. Wundert Sie das?

Hollerbach: Eigentlich nicht. Erfahrung ist wichtig in dem Geschäft - vor allem auf diesem Niveau. Die fachliche Kompetenz bringen bestimmt viele mit. Doch ohne Erfahrung, negative wie positive, wird es schwer. Von daher kommt es für mich nicht überraschend, dass viele ältere Trainer die großen Klubs trainieren.

SPOX: Ist Felix Magath ein Vorbild?

Hollerbach: Absolut. Sportlich ist er für mich ein Vorbild, und menschlich sowieso eine absolute Vertrauensperson.

SPOX: Sie verbringen auch privat viel Zeit miteinander?

Hollerbach: Wir spielen häufiger Schafkopf.

SPOX: Wie eng ist das Verhältnis?

Hollerbach: Wir kennen uns seit 1996, also entsprechend lange und gut. Und ich bin ihm sehr dankbar - er war in meiner schwersten Phase als Fußballprofi derjenige, der mir - gegen alle Widerstände - den Rücken gestärkt hat. Das werde ich nie vergessen, so eine Phase verbindet.

SPOX: Was macht Felix Magath aus?

Hollerbach: Er ist in jeder Lebenslage ein absoluter Profi.

SPOX: Ist Magath der beste Trainer in der Bundesliga?

Hollerbach: Ich denke, die Erfolge der letzten Jahre sprechen für sich.

SPOX: Wann werden Sie Cheftrainer?

Hollerbach: Damit beschäftige ich mich überhaupt nicht. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Rolle.

SPOX: Zurück zu Schalke: Ihr Chef hat sich kürzlich über die schlechte Stimmung im Team, fehlende Leaderqualitäten und schlechte Kondition beklagt. Für viele wirkte der Rundumschlag wie ein Ablenkungsmanöver, damit das Gerede von der Meisterschaft ein Ende hat.

Hollerbach: Das ist eine absolute Fehlinterpretation. Die letzte Saison lief nicht gut, da ist hier vieles nicht rund gelaufen. Nun arbeiten wir an einer besseren Zukunft. Wir wollen mit dem FC Schalke 04 dauerhaft in die deutsche Spitze - das ist ein mittelfristiges Ziel, niemand erwartet in der kommenden Spielzeit Wunderdinge.

SPOX: 94 Millionen Euro für einen Fußballspieler: Ihre Meinung?

Hollerbach: Eine irre Summe, keine Frage. Aber im Profigeschäft gelten nun einmal andere Regeln. Da gibt es Scheichs, da gibt es neue Männer vom Kaliber Abramowitsch. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass solche Summen gezahlt werden. Aber gewiss nicht auf Schalke...

SPOX: Herr Hollerbach, zum Schluss die Frage: Stört Sie der Begriff "Eisenfuß"? Sie galten ja nicht gerade als Techniker...

Hollerbach: Ich habe Champions League gespielt und viele Jahre auf hohem Niveau meine Leistungen gebracht. Da muss man schon ein bisschen Fußball spielen können. Ich finde: So schlecht war's nicht...

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