Der Trainer kritisiert seine Spieler (Kein Einsatz!), die Medien kritisieren den Manager (Falsche Einkaufspolitik!), der Manager kritisiert den Top-Zugang (Farfan braucht mehr Druck!), der Aufsichtsrats-Chef kritisiert den Trainer (Härterer Führungsstil!) und der Trainer kritisiert den Aufsichtsrats-Chef (Aussagen nicht schlau!).
Die Vorrunde neigt sich dem Ende zu - und beim FC Schalke 04 entbrennt ähnlich wie vergangene Saison eine von den Vereinsoberen angeheizte Debatte um die Qualitäten der Mannschaft und vor allem des Trainers. Nur dass er diesmal nicht Mirko Slomka, sondern Fred Rutten heißt.
Schalke verpasste die Champions League und rangiert in der Bundesliga mit Platz acht bereits acht Punkte hinter Tabellenführer Leverkusen. Was den umtriebigen wie mächtigen Aufsichtsrats-Boss Clemens Tönnies jedoch besonders missfällt: die spielerisch äußerst dürftige Vorstellung unter Rutten.
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Delgado und Afellay zu teuer
Beim 1:2 in Leverkusen etwa bot der niederländische Trainer mit Jermaine Jones, Fabian Ernst und Orlando Engelaar gleich drei zwar defensiv starke, dafür aber offensiv limitierte Mittelfeldspieler in der Startelf auf - was die Fans und vermutlich Tönnies ärgerte.
So ließ Tönnies nach der Niederlage verlauten, dass in der Winterperiode fünf Millionen Euro für einen offensiven Mittelfeldspieler zur Verfügung stehen. Sollte es gelingen, einige der Problemfälle im Kader zu verkaufen, könnte sich die Summe geringfügig erhöhen.
Nur: Der Markt an hochkarätigen Spielmachern, die lediglich fünf Millionen plus X Euro kosten, ist überschaubar, wenn er denn überhaupt existiert. Spieler vom Kaliber eines Matias Delgado (Besiktas Istanbul) oder Ibrahim Afellay (PSV Eindhoven) rangieren in einer anderen Preisklasse - zumal Manager Andreas Müller trotz der Schalker Stagnation bislang einen Kauf eines Zehners kategorisch ausschloss.
Toppmöller: Kenia die Lösung für Schalke
Kaum Spielraum für Investitionen, zudem Uneinigkeit in der Transferpolitik. Ergo: Schalke muss sich womöglich auf eine Saison der spielerischen Einöde einrichten. Dabei könnte die Lösung so simpel und nahe liegend sein, wie Klaus Toppmöller erzählt.
Demnach stehe im Schalker Kader ein Spielmacher-Juwel, "das anders als einige hochgejubelte Teenager die Bezeichnung Supertalent tatsächlich verdient und die Probleme auf Schalke lösen könnte", schwärmt der ehemalige Bundesliga-Trainer von Leverkusen und Hamburg gegenüber SPOX.
Der Name des Gepriesenen: Levan Kenia. Sein Alter: 18 Jahre und 33 Tage.
Kenia: Durchbruch gegen Schottland
Anfang des Jahres wechselte der Georgier von Lokomotive Tiflis nach Gelsenkirchen, ab seiner Volljährigkeit trat ein Profivertrag bis ins Jahr 2012 in Kraft.
In der Bundesliga kam Kenia jedoch noch nicht zum Einsatz, so dass er sein einziges Profi-Spiel für S04 im UEFA-Cup gegen APOEL Nikosia bestritt, als er in der 64. Minute eingewechselt wurde.
Dennoch: Kenia ist ein gefragter Mann, seit er unter Toppmöller, dem damaligen georgischen Nationaltrainer, sein Länderspiel-Debüt gab. Vor 13 Monaten wurde er in der WM-Qualifikation gegen Italien eingewechselt, kurz darauf stand Kenia - einen Tag vor seinem 17. Geburtstag - gegen Schottland erstmals in der Startelf und war laut Toppmöller "der mit Abstand beste Spieler des Abends. Seitdem wird Levan in der Heimat wie ein Messias gefeiert".
In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "World Soccer" wurde Kenia nun in der Rubrik "Tomorrow's Stars Today" porträtiert. Seine Vorgänger in den vergangenen Monaten hießen übrigens Miralem Sulejmani, Ezequiel Garay oder Marcelo Moreno. Keine schlechte Gesellschaft.
So gut wie der blutjunge Messi
Kenia ist ein klassischer Zehner, dem "aber ein bisschen der Drang zum Tor fehlt. Drei Meter vor dem Tor legt er quer zum Mitspieler, als selber abzuschließen. Ansonsten hat er aber keine Schwächen. Sein Dribbling ist unglaublich, zudem sind seine Pässe perfekt getimt", sagt Toppmöller, der sogar noch einen Schritt weitergeht.
"Von der Spielweise erinnert mich Levan an Yildiray Bastürk, aber von der Klasse kann man ihn schon mit dem blutjungen Lionel Messi vergleichen. Einen derartig brillanten Spieler wie Levan habe ich noch nie trainiert." Nicht umsonst, erzählt Toppmöller, habe Kenia mehrmals beim FC Barcelona trainiert. Doch weil Barca ihn zunächst nach Levante ausleihen wollte, entschied sich Kenia dann doch für Schalke.
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Toppmöller: "Schalke hat nichts zu verlieren"
Die richtige Entscheidung? Denn noch wartet Kenia, dem zuletzt eine Sprunggelenksverletzung zu schaffen machte aber in Bälde wieder einsatzfähig ist, auf seine Bewährungschance in der Bundesliga.
"Natürlich ist es auf Schalke nicht so einfach, einen 18-Jährigen aufzustellen. Aber die Saison verläuft doch schon enttäuschend, daher hat der Verein nichts zu verlieren", plädiert Toppmöller.
Wann traut sich Fred Rutten?
Zweifel an der Klasse seines ehemaligen Schützlings lässt er nicht gelten.
Auch körperlich sei der 1,76 Meter große und 70 Kilogramm schwere Kenia weit genug, um in der Bundesliga mitzuhalten: "Sie hätten sehen müssen, was er gegen Schottland mit den Premier-League-Profis angestellt hat. Seine Gegenspieler sahen aus wie Holzklötze."
Toppmöller: "Ich garantiere: Wenn Fred Rutten Levan zuhause fünfmal in der Startelf aufstellt, gibt es keinen Trainer der Welt, der ihn danach wieder rausnimmt."
FC Schalke 04: Der Kader im Überblick