Zu viel Power für zu wenig Luft

Von Alexander Maack
Jack Brabham vor Mike Spence beim Mexiko-GP 1964, den Sieg fuhr Dan Gurney ein
© imago

Der Große Preis von Mexiko (alle Sessions im LIVETICKER) feiert nach 23 Jahren sein Comeback in der Formel 1. Das von den Architekten um Hermann Tilke modernisierte Autodromo Hermano Rodriguez hat seinen Charakter behalten. Nur der Gefahr geht die Formel 1 aus dem Weg und begibt sich stattdessen auf die Spuren von Teufeln, Rolling Stones und Metallica. Doch in Mexiko-Stadt droht Ungemach: Die moderne Technik könnte aufgrund der speziellen Luft Probleme bereiten.

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Streckendaten:

Name: Autodromo Hermanos Rodriguez

Ort: Mexiko City

Länge: 4,304 Kilometer

Runden: 71

Renndistanz: 305,354 Kilometer

Kurven: 10 Rechtskurven, 7 Linkskurven

Darauf kommt es an:

Unsicherheit, Ratlosigkeit, Rätselraten. Die Formel 1 als Mekka der Ingenieurskunst tappt vor der Rückkehr des Mexiko-GP komplett im Dunkeln. Keiner weiß wirklich, wie sich die Lage der Strecke auf 2.250 Metern über dem Meeresspiegel auf die komplizierte Technik auswirkt. Zum Vergleich: Selbst im Alpen-Panorama-Paradies Spielberg fahren die Boliden nur auf 660 Metern über Normalnull.

Das Problem daran ist, dass die Luft mit zunehmender Höhe immer dünner wird. Rund ein Fünftel fehlt an Luftdichte im Vergleich zu einem Rennen am Strand. Bedingungen wie in Mexiko City, der - je nach zählweise - Stadt mit den meisten Einwohnern der Welt, sind den Ingenieuren komplett unbekannt.

Würde die Formel 1 noch mit Saugmotoren fahren, wäre das kein Problem. Beim letzten Rennen auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez, das nach den tödlich verunglückten Rennfahrern Ricardo und Pedro benannt wurde, verloren die Aggregate durch die dünnere Luft einfach an Leistung und brauchten so weniger Kühlung. Die Turbo-Motoren der aktuellen Ära verdichten die Luft aber, bevor sie verbrannt wird. Der Antriebsstrang muss also gekühlt werden wie bei jedem anderen Rennen, wobei wesentlich weniger Luft dafür da ist und der Turbo deutlich höhere Drehzahlen bekommt.

Per Simulation zu bestimmen, wie hoch der Kühlbedarf genau ist - unmöglich. Die Teams werden daher trotz geringerer Temperaturen mit den größtmöglichen Lufteinlässen und zusätzlichen Schlitzen starten wie etwa beim Hitze-Rennen in Malaysia zu Beginn der Saison. Anschließend werden sie versuchen, die Löcher zu verkleinern, um die Aerodynamik zu optimieren.

Monza-Speed trotz Monaco-Flügeln

Apropos Luftkraft: Die Höhe wirkt sich auch auf Abtrieb und Höchstgeschwindigkeit aus. Die Autos werden weniger gebremst. Auf der 1,3 Kilometer langen Start-Ziel-Geraden zwischen 32 Fußballfeldern hindurch könnten somit sogar die Topspeeds aus Monza geknackt werden - trotz der auf Anpressdruck optimierten und somit fast so steil wie in Monaco angestellten Flügel.

Die Strecke hat trotz der Modernisierung ihren Charakter übrigens behalten. Die Kurven wurden modifiziert und nicht ersetzt, die fünf an Suzuka erinnernden schnellen Kurven in der Mitte der Strecke ebenso grundlegend beibehalten wie sämtliche Turns zu Beginn.

Lediglich die legendäre Peraltada kann aus Sicherheitsgründen nicht mehr komplett durchfahren werden. Die anliegende Straße verhindert eine ausreichend große Auslaufzone.

Metallica-Flair statt Peraltada

Stattdessen verläuft die Strecke im letzten Sektor nun vergleichbar mit dem Motodrom in Hockenheim durch das Baseballstadion der Diablos Rojos del Mexico, das Foro del Sol. Es wurde nach dem Abschied der Formel 1 nach der Saison 1992 errichtet. Dort traten bereits Paul McCartney, Pink Floyd, Carlos Santana, die Rolling Stones, Madonna, Metallica, U2 und weitere Weltstars auf. Die beiden letzten Bands produzierten hier Live-DVDs.

Die Peraltada ist aber weiterhin in die Strecke integriert. Die F1-Piloten kehren im Scheitelpunkt der alten für die zweite Hälfte der alten Hochgeschwindigkeits-Rechtskurve wieder auf den alten Verlauf zurück.

Im Baseball-Stadion befindet sich auch der Punkt für die einzige DRS-Abstandsmessung. Stimmt der Abstand, darf der Flügel nicht nur auf Start-Ziel, sondern nach Turn 3 gleich wieder flachgestellt werden.

Reifen:

Soft und Medium. Weil die Umbauarbeiten erst kurz vor dem Grand Prix abgeschlossen waren, stehen keine Streckendaten zu Verfügung. Pirelli wählte die Daten aufgrund von Computersimulationen aus. Das ging schon bei der Premiere in Russland 2014 schief.

"Die rechnergestützten Simulationen, einer der wichtigsten Wachstumsbereiche in der aktuellen Formel 1-Technologie, liefern mittlerweile extrem präzise Daten", sagt Motorsportdirektor Paul Hembery: "Dessen ungeachtet kamen wir nicht umhin, im ersten Jahr auf dem neuen Circuit eine konservativere Wahl zu treffen."

Zwei Boxenstopps sind das Ziel. Pro Umlauf sollen die Rundenzeiten beider Reifenmischungen im Jahr 2015 geschätzte 1,3 Sekunden auseinanderliegen.

OPTA-Fakten zum Rennen:

  • Kritik an Pirelli ist mittlerweile Gang und Gebe. Doch die Italiener können wirklich gute Reifen bauen! Gerhard Berger gewann den Mexiko-GP 1986 mit einer Null-Stopp-Strategie auf den damals überlegenen Pirelli-Slicks.
  • Schon nach der Saison 1970 verabschiedete sich die Formel 1 erstmals aus Mexiko. Damals durchbrachen die Zuschauer die Streckenbregrenzung und Jackie Stewart traf mit seinem Tyrrell einen Hund. Nach Umbauarbeiten kehrte die Königsklasse zur Saison 1986 zurück. Die erste Kurve war einer Schikane gewichen, die Zufahrt zur Spitzkehre deutlich verkürzt.
  • Nach Ricardo Rodriguez startete Moises Solana als zweiter Mexikaner überhaupt von 1963 bis 1968 in der Formel 1. Er war der einzige Pilot vor Pastor Maldonado, der mit der vermeintlichen Unglückszahl 13 Rennen bestritt. Nach Solana folgte Pedro Rodriguez als dritter Pilot aus dem mittelamerikanischen Land, ihm gelangen als einzigem GP-Siege: 1967 in Südafrika und 1970 in Belgien. Zudem starteten noch Hector Rebaque, Sergio Perez und Esteban Gutierrez unter mexikanischer Flagge in der Formel 1.
  • Kimi Räikkönen startet am Sonntag in den 100. Grand Prix seit seiner letzten Pole. Beim Frankreich-GP 2008 ging er zuletzt von Startplatz 1 ins Rennen.
  • Pastor Maldonado beendete in Austin sein drittes Rennen in Folge in den Punkten. Das gelang ihm in seiner fast vierjährigen Karriere niemals zuvor.

Statistik:

Sieger 1992: Nigel Mansell (Williams-Renautl), 1:31:53,587 Stunden

Pole Position 1992: Nigel Mansell (Williams-Renault), 1:16,346 Minuten

Schnellste Rennrunde 1992: Gerhard Berger (McLaren-Honda), 1:17,711 Minuten

Rekordsieger: Jim Clark - 3 (1962, 1963, 1967)

Wetter-Prognose:

Freitag: bewölkt, 24 Grad, 25 Prozent Regenrisiko

Samstag: bewölkt, 23 Grad, 20 Prozent Regenrisiko

Sonntag: bewölkt, 22 Grad, 20 Prozent Regenrisiko

Zeitplan:

Freitag, 17 Uhr: 1. Training

Freitag 21 Uhr: 2. Training

Samstag, 17 Uhr: 3. Training

Samstag, 20 Uhr: Qualifying

Sonntag, 20 Uhr: Rennen

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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