Formel 1 - Duell zwischen Vettel und Hamilton vor dem Australien-GP: Sternenklar?

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel kommen zusammen auf acht WM-Titel in der Formel 1.
© getty

Lewis Hamilton geht mit Mercedes als Favorit in die Formel-1-Saison 2018. Der amtierende Weltmeister sieht sich noch lange nicht am Limit, warnt aber vor der Konkurrenz. Die Frage, die sich vor dem Auftakt in Australien (So., 7 Uhr im LIVETICKER) mal wieder stellt: Können Ferrari und Red Bull endlich zu den Silberpfeilen aufschließen? Sebastian Vettel zeigt sich zuversichtlich, verzichtet jedoch auf mögliche Kampfansagen. Wohl zurecht.

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Wer Sebastian Vettel dieser Tage durchs Fahrerlager spazieren sah, war verblüfft. Selten nämlich sah man den 30-Jährigen so kampfeslustig wie unmittelbar vor dem Start in die neue Saison - zumindest frisurentechnisch.

Während Vettel seine blonde Tolle obenrum wie üblich stehen ließ, ist der Kopf an den Seiten und im Nacken kurzgeschoren. Ob der Undercut stilsicher ist oder nicht, darüber lässt sich streiten. Die Bild zumindest schrieb schon von Vettels "erstem Unfall" der Saison. Und auch sonst sorgte die neue Militär-Frise nur bedingt für positive Schlagzeilen.

Vettel selbst wird das egal sein. Er bewirbt sich in Melbourne schließlich nicht als neues Frisuren-Model, sondern für das 100. Podium seiner Formel-1-Karriere. Oder noch besser: für seinen 48. Sieg in der Königsklasse.

"Wir haben allen Grund, zuversichtlich zu sein. Denn unser Auto ist klasse", zeigte sich Vettel auf der Pressekonferenz am Donnerstag optimistisch. Dass ihm der Albert Park mit seinen winkligen Kurven liegt, hat der Ferrari-Pilot erst im Vorjahr bewiesen. Damals schnappte er sich dank eines Overcuts den Sieg vor Dauerrivale Lewis Hamilton.

Australien-GP 2017: Ergebnis im Vorjahr

PlatzFahrerTeam
1Sebastian VettelFerrari
2Lewis HamiltonMercedes
3Valtteri BottasMercedes
4Kimi RäikkönenFerrari
5Max VerstappenRed Bull

Mercedes vor Red Bull und Ferrari

Ein Auftakterfolg wäre aus Vettels Sicht auch diesmal schön - mit dem Unterschied, dass in dieser Saison am Ende endlich die fünfte WM-Krone herausspringen soll. Ein wie gewohnt schwieriges Unterfangen.

Man sei, erklärt Vettel den anwesenden Journalisten, zwar "gut dabei, aber wir könnten in besserer Form sein". Exakt diesen Eindruck vermittelten auch die Winter-Testfahrten Anfang des Monats. Vettel und sein Teamkollege Kimi Räikkönen stellten eine Bestzeit nach der anderen auf, im Renntrimm aber war Mercedes überlegen. Auch die beiden Red Bulls waren mindestens auf Augenhöhe.

In den ersten beiden Freien Trainings dann die Bestätigung der Eindrücke: Das silberne Auto mit dem Stern auf der Nase ist immer noch die Nummer eins. "Drei bis vier Zehntel" sei Mercedes' Vorsprung auf Red Bull, rechnete Helmut Marko im ORF vor. Und Red Bull wiederum hat aktuell Vorsprung auf die Scuderia, bei der sich Vettel unzufrieden mit der Abstimmung zeigte.

"Es läuft noch nicht ganz so, wie wir uns das wünschen. Auf eine Runde fehlt noch ein bisschen der Rhythmus", erklärte Vettel: "Aber bei uns liegt noch etwas verborgen. Das müssen wir ausgraben und unsere Waffen noch etwas schärfen. Wenn wir unsere Hausaufgaben machen, werden wir im Qualifying auf jeden Fall besser sein. Und es ist gut für uns, dass alles so eng beisammen ist."

Ergebnis des 2. Freien Trainings zum Australien-GP:

PlatzFahrerTeamZeit
1Lewis HamiltonMercedes1:23,931
2Max VerstappenRed Bull1:24,058
3Valtteri BottasMercedes1:24,159
4Kimi RäikkönenFerrari1:24,214
5Sebastian VettelFerrari1:24,451

Sebastian Vettel: "Noch einiges in der Pipeline"

Überhaupt sieht Vettel noch Verbesserungspotenzial bei seiner "Loria", wie die neue rote Göttin getauft wurde. "Wir haben noch einiges in der Pipeline, auf das wir uns freuen können", macht Vettel den Tifosi Hoffnung, schiebt aber sofort hinterher: "Doch unmittelbar vor dem ersten Rennen weißt du einfach nicht genau, wo die Konkurrenz steht. Deshalb ist es müßig, sich hinzustellen und zu behaupten, dieser oder jener wird allen um die Ohren fahren."

Überhaupt zeigt sich der Heppenheimer vergleichsweise zurückhaltend. Er bemüht sich vieler Floskeln, spricht von einer langen Saison und möchte nur von Rennen zu Rennen denken. Kampfansagen? Sticheleien gegen die Konkurrenz? Fehlanzeige. "Es muss viel zusammenkommen, damit wir um die Meisterschaft kämpfen. Lewis macht seit vielen Jahren einen tollen Job", lobt Vettel vielmehr seinen ärgsten Widersacher.

Mercedes verbraucht weniger Sprit

Und Hamilton selbst? Der sieht sich - trotz eines überragenden Vorjahres - längst nicht am Limit. Er habe vor seiner zwölften Formel-1-Saison seinen "Zenit noch nicht erreicht", ist sich der Engländer sicher: "Dieses Jahr will ich noch konstanter als 2017 sein. Ich möchte die Grenzen des Machbaren weiter verschieben."

Helfen dürfte ihm dabei ein Silberpfeil, der nicht nur ein erneut starkes Chassis hat, sondern auch auf Motorenseite einen wichtigen Vorteil mit sich bringt: den im Vergleich zur Konkurrenz geringeren Spritverbrauch. "Auf Strecken, wo das eine größere Rolle spielt, kann Mercedes die ganze Zeit auf voller Leistung fahren", stellt auch Formel-1-Experte Marc Surer im SPOX-Interview fest.

Wegen der noch höheren Geschwindigkeiten ist der Verbrauch in diesem Jahr besonders hoch. Wessen Motor viel schluckt, muss entweder mehr Sprit mitnehmen oder sparsamer und damit langsamer fahren. Nicht umsonst fürchten Renault und Honda, dass die Thematik eines der Hauptprobleme 2018 werden könnte.

Red Bull der Geheimfavorit auf Formel-1-Siege?

Hamilton macht sich da weniger Gedanken. Er glaubt an die Stärke der Konkurrenz - und hat dabei vor allem den RB14 von Max Verstappen und Daniel Ricciardo auf dem Zettel. "Ich erwarte Red Bull sehr stark. Sie haben dieses Jahr eine Chance auf die WM", glaubt der amtierende Weltmeister: "Die Leute werden überrascht sein, wie gut die wirklich sind. Die Tests haben vieles verschleiert. Weil die Streckenbedingungen komisch waren und die Spritmengen differenzierten."

Im Bullen-Lager gibt man sich da schon etwas vorsichtiger. "Unser neues Auto ist sicher ein Schritt nach vorne. Es ist ziemlich stark. Ich bin deshalb optimistisch, gleichzeitig aber realistisch", sagt Max Verstappen. Man müsse "abwarten, wie unser Gesamtpaket im Vergleich mit der Konkurrenz abschneidet".

Um die wahre Performance der drei Top-Teams bleiben also - wie üblich vor dem Saisonstart - einige Fragezeichen. Erste Antworten gab es am Freitag, bessere Antworten wird am Samstag und Sonntag in Australien geben. Mit einer Ausnahme: Fernando Alonso. Der Spanier ist sich nämlich schon jetzt bewusst, wo er die Leistungsfähigkeit seines McLaren einzuordnen hat.

"Wir sind derzeit weder auf dem Niveau von Mercedes, noch auf dem von Red Bull oder Ferrari", konstatierte er - aber nicht ohne hinterher zu schieben: "Das sollen wir aber in ein paar Rennen oder in der zweiten Saisonhälfte sein."

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