"Ich setze mich nicht ins gemachte Nest"

Nico Hülkenberg schloss sich zur Saison 2017 dem Renault-Team an
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In der Formel 1 hat Nico Hülkenberg nach sechs Jahren als Einsatzfahrer den entscheidenden Schritt geschafft: Zur Saison 2017 wechselt der Emmericher endlich zu einem Werksteam. Im Interview spricht er über den Reiz am Renault-Projekt, die Anforderungen des neuen F1-Reglements und erklärt, warum er über eine verpasste Chance bei Mercedes nicht unglücklich ist.

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SPOX: Herr Hülkenberg, neue Saison, neues Team, neues Reglement. Wie verhalten sich die Formel-1-Autos in der Saison 2017 aus Fahrersicht?

Nico Hülkenberg: Grundsätzlich einfach schneller. Die Autos haben wieder viel mehr Abtrieb. Die Rundenzeiten fallen, die körperlichen Anforderungen an den Fahrer steigen. Die Fliehkräfte sind einfach höher.

SPOX: Bisher waren sie aufgrund Ihrer Körpergröße einer der Fahrer, die extrem auf Ihr Gewicht achten mussten. Lewis Hamilton und Sebastian Vettel etwa sind knapp zehn Zentimeter kleiner. Weil die Autos schneller sind, Muskelkraft statt Mindestgewicht gefragt. Haben Sie Ihren Trainingsplan angepasst, um die Anforderungen abzudecken?

Hülkenberg: Wirklich umstellen musste ich den Plan nicht. Aber ich habe ihn scharf gestellt. Schon im Dezember habe ich mit einem strikten und harten Plan angefangen und ihn über Januar und Februar komplett durchgezogen. Es wird wirklich fordernd für uns.

SPOX: Die Gefahr bei mehr Abtrieb und höheren Kurvengeschwindigkeiten ist, dass es zu weniger Überholmanövern kommt. Sehen Sie darin sogar einen Vorteil? In Südkorea 2013 haben Sie etwa in ihrem Sauber Fernando Alonso im Ferrari und Lewis Hamilton im Mercedes zur Weißglut getrieben.

Hülkenberg: Ich weiß nicht. (überlegt) Ob mir das zugutekommt oder nicht, ist wirklich schwer zu sagen. Mir ist das, ehrlich gesagt, nicht so wichtig . Hauptsache wir haben gutes Racing und die Autos machen Spaß.

SPOX: Das klingt ziemlich entspannt. Ist das typisch für Sie?

Hülkenberg: Ich bin relativ simpel und einfach gestrickt, mag es so unkompliziert wie möglich. Am besten beschreibt man es so: Ich bin ein normaler Typ mit einem exotischen Job.

SPOX: Aus Ihrem Privatleben dringt seit Beginn Ihrer Formel-1-Zeit wenig an die Öffentlichkeit. Trennen Sie Beruf und Privates bewusst?

Hülkenberg: Ich bin kein Mensch, der alles auf Social Media postet. Es gibt eine Grenze, ich muss nicht alles von mir preisgeben. Ich bin da vielleicht ein wenig anders gestrickt als etwa Lewis Hamilton. Ich hoffe, man merkt, dass ich bewusst auswähle, was ich auf meinen Social-Media-Kanälen veröffentliche und teile.

SPOX: Zuletzt fiel dabei öfter mal ein Post auf, der Sie bei einer Modepräsentation zeigte. Verzeihen Sie, aber das wäre zu Ihrer Zeit in den Nachwuchsserien kaum zu erwarten gewesen. Die Fotos aus Ihrer Jugendzeit sehen eher nach dem typischen deutschen Landei aus.

Hülkenberg: (lacht) Ich glaube, das ist der normale Wandel beim Erwachsenwerden. In meinen Zwanzigern habe ich mich in meinem Mannwerden verändert - in Bezug auf den Geschmack und das gesamte Leben. Das sieht man bei mir wohl etwas mehr als bei anderen. Ich muss aber zugeben: Meine Veränderung begann wohl etwas spät, ich bin schließlich schon 29 Jahre alt. (lacht)

SPOX: Sie beschreiben die Entwicklung im Zusammenhang mit dem Reisen als professioneller Rennfahrer. Auf den ersten Blick ein Kontrastprogramm zu Ihrer Jugendzeit. Ihre Eltern betreiben in Emmerich am Rhein eine Spedition, Sie haben dort nach der Schule ihre Ausbildung zum Speditionskaufmann absolviert. Hat Ihnen diese Erfahrung etwas für die Rennfahrerkarriere mitgegeben?

Hülkenberg: Viel! Nicht nur dafür, sondern für das gesamte Leben. Speziell mein Vater hat mich unterstützt. Als kleiner, achtjähriger Stöpsel fährt man halt nicht alleine zu den Rennen. Man ist angewiesen auf die Eltern. Meine haben in mich investiert. Gleichzeitig haben sie gefordert, dass ich etwas zurückgebe. Deshalb habe ich im Betrieb mit angepackt. Sie haben mir beigebracht, was richtige Arbeit bedeutet, wie ein Nine-to-Five-Job aussieht, und dass man als Selbstständiger ständig noch mehr investieren muss.

SPOX: Beeinflusst das auch Ihre Wahrnehmung des "Glamour"-Lebens in der Formel 1?

Hülkenberg: Ich bin jemand, der beide Seiten kennt. Ich nehme das Leben mit dem Formel-1-Zirkus dadurch vielleicht etwas bewusster wahr. Ich weiß, wie ein normales Leben und die normale Arbeit aussehen. Dafür bin ich dankbar, denn ich weiß zu schätzen, wie gut ich es habe und welche Privilegien mein Job manchmal mit sich bringt.

SPOX: Mit dem Wechsel zu Renault, ihrem ersten Engagement als Werksfahrer in der Formel 1, sind Sie dem Kampf um Siege und letztlich um die WM perspektivisch einen Schritt näher.

Hülkenberg: Ich bin sehr froh über den Schritt, aber auch über meine bisherige Karriere. Es stimmt: Es gab ein paar Situationen, die nicht wirklich nach Plan gelaufen sind. Aber in der Formel 1 gibt es diese Dinge, die man nicht selbst steuern kann. Leider. Für mich kam das Angebot von Renault sehr gelegen. Ich war seit längerem auf der Suche nach einem Werk und Renault hat einfach mehr Manpower, mehr Power sich zu entwickeln und zu einer Erfolgsstory zu werden.

SPOX: Mit Frederic Vasseur war zum Zeitpunkt Ihrer Verpflichtung der Mann Teamchef bei Renault, für dessen ART-Team Sie schon in der Formel 3 sowie der GP2 fuhren und dort die Titel holten. Wie haben Sie auf seinen überraschenden Abgang vor der Saison reagiert?

Hülkenberg: Natürlich war Fred stark involviert, weil ich ihn aus den drei Jahren mit zwei Meisterschaften sehr gut kenne. Seitdem sind wir befreundet, hatten einen guten und engen Draht zueinander. Als er bei Renault war, habe ich darin einen guten Einstiegspunkt gesehen. Dass er jetzt weg ist, ist schade. Es ist ein neuer Umstand, aber so ist das Leben in der Formel 1: dynamisch.

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