"Wäre ich verbittert, könnte ich nicht überleben"

Von Interview: Alexander Mey
Gary Paffett ist seit 2006 als Testfahrer für McLaren-Mercedes aktiv
© Getty

Gary Paffett ist auf der einen Seite ein Star und Champion in der DTM, auf der anderen aber eine tragische Figur der Formel 1. Seit Jahren jagt er dem Traum vom Stammcockpit hinterher. SPOX hat den Mercedes-Piloten zum Interview getroffen.

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Seit Gary Paffett 2003 in die DTM gekommen ist, hat er viele große Namen und Talente kommen und gehen sehen. Er war fast immer da, 2005 war er sogar Champion.

Nur 2006 kehrte er der DTM einmal den Rücken, um sich seinen großen Traum zu erfüllen, den vom Stammcockpit in der Formel 1. Als Testfahrer bei McLaren-Mercedes war er oft heiß gehandelt, einige Male ganz dicht an einem Cockpit dran - letztendlich schnappten ihm aber immer wieder andere den großen Traum vor der Nase weg.

So wurde Paffett zum Beispiel 2007 als zweiter Mann bei McLaren neben Fernando Alonso gehandelt, doch dann kam ein gewisser Lewis Hamilton und erhielt das Cockpit. Paffett kehrte in die DTM zurück.

Mit mittlerweile 30 Jahren scheint für Paffett im Jugendwahn der Formel 1 kein Platz mehr zu sein, aber der Brite weigert sich aufzugeben. Ein Fall wie der von Paul di Resta, der es als DTM-Champion in die Formel 1 geschafft hat, macht Paffett Mut.

Aber sollte er ihn nicht erst recht frustrieren? Schließlich hat wieder mal ein Kollege das geschafft, was er seit Jahren vergeblich versucht. "Wenn ich verbittert über Chancen wäre, die einige meiner Gegner bekommen haben und ich nicht, dann könnte ich nicht überleben", sagt Paffett im SPOX-Interview und stellt fest: "Motorsport ist ein schwieriges Geschäft."

SPOX: Sie leben in zwei Welten, Formel 1 und DTM. In welcher fühlen Sie sich eher zuhause?

Gary Paffett: Meine Karriere habe ich in der DTM gemacht, von daher bin ich eher ein DTM- als ein Formel-1-Fahrer, obwohl ich nun auch schon seit sechs Jahren Formel-1-Autos teste.

SPOX: Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?

Paffett: Mit beidem. Ich werden natürlich für beide Jobs bezahlt und das ungefähr gleichwertig. Aber die DTM gibt mir die Chance, Rennfahrer zu sein, also das zu tun, was ich liebe. Was den Wettkampf angeht, ist die DTM meine erste Wahl. Es fällt mir schwer zu sagen, dass die Formel 1 für mich nur zweitrangig ist, aber es ist Fakt, dass ich dort ein Teil eines großen Teams bin, der versucht zu helfen, dass die Stammfahrer Rennen gewinnen können. In der DTM bin ich derjenige, der die Rennen fährt und sich auf der Strecke mit anderen Piloten im Zweikampf misst.

SPOX: Haben Sie Ihren Traum vom Formel-1-Cockpit aufgegeben?

Paffett: Nein, auf keinen Fall. Je länger ich dabei bin, desto erfahrener bin ich auch. Ich kenne die Abläufe in einem Top-Team wie McLaren mittlerweile sehr gut. Von daher sehe ich meine Felle in der Formel 1 noch lange nicht davonschwimmen.

SPOX: Sie sind aber immerhin schon 30 Jahre alt.

Paffett: Ich sehe nicht ein, warum ein 30-Jähriger nicht mehr für einen Stammplatz in der Formel 1 geeignet sein sollte. Das ist immer noch mein großes Ziel und wenn ein Angebot kommt, werde ich mit Sicherheit ernsthaft darüber nachdenken.

SPOX: Warum hat es bisher nie geklappt?

Paffett: Manchmal passt es eben einfach nicht. Nur sehr wenige von den Fahrern, mit denen ich in meiner Karriere zu tun hatte, haben wirklich Erfolg gehabt. Es gibt Tausende von Fahrern in den unteren Klassen, die alle ungefähr auf dem gleichen Niveau fahren. Von denen schaffen es aber nur ganz wenige in die Formel 1 oder die DTM. Das zeigt, wie schwierig das ist. Es geht darum, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und die vielleicht einzige Chance, die man bekommt, zu ergreifen. Das Glück hat nicht jeder. Ich fahre in der DTM und es macht mir sehr viel Spaß. Das ist eine hoch professionelle Serie. Und auch Ersatzfahrer bei einem der besten Formel-1-Teams zu sein, ist eine unglaubliche Aufgabe.

SPOX: Mit welchen Gefühlen beobachten Sie Paul di Resta, der es geschafft hat, aus der DTM in ein Stammcockpit in der Formel 1 zu springen?

Paffett: Das ist großartig. Ich freue mich für ihn, weil er ein guter Freund von mir ist. Wenn ich verbittert über Chancen wäre, die einige meiner Gegner bekommen haben und ich nicht, dann könnte ich nicht überleben. Motorsport ist ein schwieriges Geschäft, in dem es nicht nur darum geht, wie schnell du Auto fahren kannst. Paul di Resta könnte im Moment genauso verbittert wegen Sebastian Vettel sein, denn in der Formel 3 hat er ihn noch geschlagen.

SPOX: Ist die DTM dank di Resta und Namen wie Mika Häkkinen oder Ralf Schumacher mehr im Fokus der Formel 1 als früher?

Paffett: Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, es ist wichtiger, dass Paul und ich Testfahrten in der Formel 1 absolviert haben und die Teams dabei gesehen haben, wie wir uns im direkten Vergleich mit den Stammfahrern schlagen. Sie wissen, was wir können, und ihnen ist daher schon länger klar, wie gut die DTM ist. Das ist ihnen nicht über Nacht plötzlich aufgefallen. Force India hätte es zum Beispiel nicht riskiert, Paul einen Stammplatz zu geben, wenn sie nicht gewusst hätten, dass ein DTM-Champion ein sehr guter Rennfahrer ist.

SPOX: Wie beurteilen Sie als Insider die Stimmung bei McLaren? Von außen hat man den Eindruck, durch die Fahrerpaarung Hamilton/Button und den Wechsel von Teamchef Ron Dennis zu Martin Whitmarsh sei alles sehr viel lockerer geworden.

Paffett: Ich würde nicht unbedingt sagen, dass das direkt etwas mit dem Weggang von Ron Dennis zu tun hat. Aber die Stimmung im Team ist in der Tat ausgezeichnet. Lewis und Jenson kommen sehr gut miteinander und mit allen anderen Teammitgliedern aus.

SPOX: Glauben Sie, dass in der Formel 1 der Dreikampf an der Spitze zwischen Red Bull, McLaren und Ferrari fortbestehen wird, oder kann Ihr DTM-Arbeitgeber Mercedes mittelfristig eingreifen?

Paffett: Das ist schwer zu sagen. Ich fände es toll, wenn Mercedes diesen Schritt machen könnte, aber das ist im Laufe von nur einer Saison wirklich schwierig.

SPOX: Wie sieht Ihre DTM-Zukunft bei Mercedes aus?

Paffett: Ich habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben und mich damit zu meinem Team bekannt. Für meine DTM-Karriere gilt also: Mercedes für immer!

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