"Entscheidungsfindung ist in den letzten Zügen"

Julian Wießmeier erzielte für Lustenau 26 Tore
© GEPA

Austria Lustenaus Julian Wießmeier zählt zu den besten Spielern der Ersten Liga. Daran änderte auch seine furchtbare Verletzung aus dem Vorsommer nichts. Im Interview mit SPOX spricht der 24-jährige Deutsche über seine üble Verletzung, das starke Comeback und deutet einen Wechsel in die österreichische Bundesliga an.

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Den 15. August des Vorjahres wird Julian Wießmeier nicht vergessen. BW-Linz-Abräumer Ante Anic stieg dem Austria-Lustenau-Regisseur mit voller Wucht auf das rechte Standbein. Die bestürzende Diagnose: Ein komplizierter Bruch des Wadenbeins und mehrere Bänderrisse. Wießmeiers Berater ließ seine Kontakte spielen und verschaffte seinem Klienten einen OP-Termin beim Fußspezialisten Dr. Markus Walther in der renommierten Schön-Klinik. Dort wurden voreilige Schlagzeilen über ein mögliches Karriereende aus der Welt geschafft.

Und heute? "Ich habe keine Schmerzen mehr, mein Bein behindert auch mein Spiel nicht", sagt Wießmeier im Gespräch mit SPOX. Wießmeier, für viele der beste Zehner der Liga, feierte sechs Monate nach diesem verhängnisvollen Montag sein Comeback für die Austria. In allen Spielen stand er seither am Platz und sammelte acht Scorerpunkte in 13 Spielen. Vier Tore erzielte der 24-Jährige in den letzten drei Partien. Im Interview mit SPOX spricht er über seine offene Zukunft und eine schwere Zeit.

SPOX: Im August 2016 haben Sie sich schwer verletzt, im Februar waren Sie schon wieder Stammspieler. Ist die Heilung ungewöhnlich schnell verlaufen?

Julian Wießmeier: Ärzte haben meine Ausfallsdauer unterschiedlich prognostiziert. Manche meinten, dass es auch länger dauern könnte. Für mich war es ja die erste große Verletzung. Ich wusste nicht, wie lange man bei so etwas ausfällt, auch wenn ich natürlich Ziele hatte. Von der Operation bis zur Reha ist aber alles ideal verlaufen. Anfang Jänner bin ich vorsichtig ins Mannschaftstraining eingestiegen und ab Februar war ich voll dabei. Dann stand ich auch gleich in der Startelf. Vielleicht haben ein paar Prozente gefehlt, aber ich kam immer besser rein.

SPOX: Zur Reha waren Sie daheim in Deutschland, oder?

Wießmeier: Ja, die Reha machte ich in meiner Heimat Nürnberg, wo meine Familie, Freundin und Freunde wohnen. In Lustenau wäre es schwer gewesen. Wegen meiner Krücken hätte ich nicht alleine in der Wohnung sein können. Ich konnte ja nicht Autofahren, nichts tragen. Und nach den Stunden der Reha alleine zuhause hocken, ist für den Kopf auch nicht ideal.

SPOX: In Medien wurde über ein mögliches Karriereende spekuliert. Von Ärzten kam aber nichts dergleichen, oder?

Wießmeier: Ich glaube diese Gerüchte entstanden, weil der damalige Trainer (Lassaad Chabbi, Anm.) kurz nach dem Spiel etwas in diese Richtung sagte. Das meinte er aber nicht so. Er wollte damit ausdrücken, dass so ein Foul eine Karriere beenden kann. Ich habe mich mit dem Karriereende aber nie auseinandergesetzt. Ich wusste, dass ich es schaffe. Die Ärzte haben ebenfalls nichts in diese Richtung gesagt, auch wenn es Fälle gab, die nie wieder voll zurückgekommen sind.

SPOX: Sie haben nie ein böses Wort über Ante Anic verloren. Sind Sie kein nachtragender Mensch?

Wießmeier: Im ersten Moment war ich schon sauer und dachte: 'Boah, das ist unnötig.' Aber ich bin nicht nachtragend und habe mich nie öffentlich darüber ausgelassen. Nach seinem Anruf noch am selben Abend war für mich das Thema erledigt. Niemand hätte etwas davon gehabt, wenn ich ihn gehasst hätte.

SPOX: Vier Tore und eine Vorlage in den letzten drei Spielen - sind Sie wieder so gut wie vor der Verletzung?

Wießmeier: Es wird immer besser. Vielleicht fehlen noch ein paar Prozent, aber gerade mit den letzten Spielen bin ich zufrieden. Ich komme immer näher an meine beste Verfassung dran.

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Wießmeier: Ich bin eigentlich kein klassischer Zehner. Ich gehe oft in die Tiefe, suche Abschlüsse und sprinte in freie Räume. Ich versuche nicht dauernd Traumpässe spielen, sondern arbeite auch viel gegen den Ball. Die klassische hängende Spitze gibt es vielleicht nicht mehr so oft, aber ich fühle mich da am wohlsten.

SPOX: Steigt Lustenau nächste Saison in die Bundesliga auf?

Wießmeier: Eigentlich war diese Saison schon der Aufstieg das Ziel. Der Trainerwechsel und Verkäufe haben Unruhe reingebracht und der LASK war sehr souverän. Nächste Saison sollte wieder die Bundesliga das Ziel sein, dafür muss aber auch die Mannschaft zusammengehalten werden. Viele Verträge laufen aus, mit einem Neuanfang wird es schwer. Aber jeder Spieler, der nicht aufsteigen will, ist in Lustenau fehl am Platz.

SPOX: Auch Ihr Vertrag endet im Sommer. Wechseln Sie?

Wießmeier: Für mich ist das allerwichtigste die sportliche Perspektive. Ich bin demnächst bereit, den nächsten Schritt in die Bundesliga zu machen. Bei Lustenau stellt sich die Frage: Wie schaut die Mannschaft aus? Ist es realistisch, oben mitzuspielen oder gehen vier bis fünf Leistungsträger?

SPOX: Ein Transfer wäre eine Abkürzung nach oben.

Wießmeier: Jeder will so weit oben spielen wie möglich. Klar, aufsteigen hat auch etwas. Aber nächste oder spätestens übernächste Saison sollte es mit dem Schritt in die Bundesliga klappen. Im Idealfall so schnell wie möglich. Es ist zwar noch nichts entschieden, aber es gibt längst Gespräche mit Lustenau und anderen Vereinen. Mittlerweile ist ja doch schon Mitte Mai. Da gilt es jetzt das Beste für mich zu finden. Das große Ganze muss passen.

SPOX: Verraten Sie auch, welche Vereine das sind?

Wießmeier: Nein, leider. (lacht) Aber die Entscheidungsfindung ist in den letzten Zügen. Irgendwann muss ich ja eine treffen, die Gewissheit ist für mich und die Vereine wichtig. Ich hatte mit Bundesliga-Klubs gute Gespräche, mit ein oder zwei waren sie intensiver als mit anderen. Aber es ist noch nichts fixiert.

SPOX: Sie sprechen nur über die österreichische Bundesliga. Ist Deutschland kein Thema?

Wießmeier: Mein Ziel ist es schon, wieder nach Deutschland zu kommen. Dafür muss aber alles zusammenpassen. Momentan denke ich an die österreichische Bundesliga. Die zweite Liga in Österreich ist für Deutschland vermutlich auch nicht relevant, man wird belächelt. Wenn man sich mit der Liga befasst, merkt man aber, wie viel Qualität vorhanden ist. Aber viele tun das leider nicht.

Julian Wießmeier im Steckbrief

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