Polster: Warum ich nie beim FC Bayern spielte

Toni Polster arbeitet aktuell als Trainer eines Viertligisten
© GEPA

Als Goalgetter hat sich Toni Polster über Österreichs Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Egal ob in Sevilla, Köln oder Mönchengladbach - der Stürmer erzielte überall seine Tore. Zum Start von SPOX Österreich verrät er, warum er nicht beim FC Bayern landete und wieso es mit Rapid-Coach Damir Canadi krachte.

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6.760 Tage ist es her, seit Toni Polster zum letzten Mal im österreichischen Teamtrikot jubelnd abdrehte. Sein Ausgleich gegen Kamerun in der 91. Minute bei der Weltmeisterschaft 1998 bleibt den Kindern der 90er-Jahre eindringlich in Erinnerung. Sein spitzbübisches Grinsen hat Polster bis heute nicht verloren. Wir treffen den 52-Jährigen bei einem Hallenturnier im Wiener Gemeindebezirk Brigittenau. Die von ihm trainierte Wiener Viktoria, in der Stadtliga im Tabellenmittelfeld zu finden, trifft auf FV Austria XIII. Polster ist in seinem Element, ist nahbar, klatscht mit Spielern, Betreuern und Zuschauern ab und scheint mit allen per du zu sein. Nach dem Abpfiff - das Spiel endet mit 2:3 - holt uns Polster ab. "Gemmas an, Burschen." Er meint damit das Interview.

SPOX: Herr Polster, getroffen haben Sie bei jedem Verein. Aber welcher Klub hatte den besten Toni Polster unter Vertrag?


Toni Polster: Den Zahlen zufolge bin ich bei Austria Wien und beim österreichischen Nationalteam der erfolgreichste Stürmer aller Zeiten. Grundsätzlich kann ich das aber nicht so einfach beantworten. In meiner Hochphase war ich bei Sevilla und Köln, aber meine Tore habe ich immer konstant gemacht, egal in welchem Alter.


SPOX: Sie sollen mal mit Real Madrid über einen Transfer verhandelt haben. 


Polster: Ja, auch Atletico Madrid war interessiert. Ich hatte aber das große Pech, dass bei jedem Verein nur zwei Ausländer spielen durften. Real hatte Hugo Sanchez, Atletico den Brasilianer Baltazar. Wenn die Regelungen damals so gewesen wären wie heute, wäre ich sicherlich bei Bayern, Real oder Atletico gelandet.


SPOX: Schmerzt das im Nachhinein?


Polster: So war ich eben bei meinen Vereinen die Figur, um die sich alles gedreht hat - unter Anführungszeichen der Superstar. Man kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Ich bin nicht wehmütig oder neidisch auf irgendwen.


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SPOX: War ein Wechsel zum FC Bayern einmal im Gespräch?


Polster: Das ist eine lustige Geschichte. Udo Lattek hat immer zu mir gesagt, dass er mich zu den Bayern holen wollte. Dort hätte er mir einen Stuhl in den Sechzehner gestellt, von dem ich mich nicht wegbewegen hätte dürfen. Aber Lattek meinte, Uli Hoeneß wolle mich nicht verpflichten. Beim 70. Geburtstag von Udo habe ich mich mit ihm und Hoeneß unterhalten. Ich habe zu Uli gesagt: Großartig, was du mit Bayern München erreicht hast, du warst sehr erfolgreich, aber einen Fehler hast du gemacht: Du hast mich nie verpflichtet. Darauf hat er geantwortet, er hätte mich gerne geholt, aber Lattek wäre gegen einen Transfer gewesen. Dann habe ich gesagt: Ihr seid wirklich Nudelaugen und Eierschädln.

SPOX: Dafür waren Sie gegen den FCB recht erfolgreich.

Polster: Ich habe damals gegen die Bayern vier Tore in vier Spielen gemacht. Lothar Matthäus und andere Bayern-Spieler meinten, ich würde zu ihnen passen. Ich glaube, ich hätte mich durchgesetzt. Die anderen Stürmer hätten auf die Bank rücken müssen.


SPOX: Wie viel Kontakt haben Sie noch zu Ihren ehemaligen Vereinen in Deutschland?


Polster: Relativ viel. Durch die modernen Medien ist das simpel. Es gibt immer wieder Freunde, denen ich Karten besorgen muss und deshalb habe ich noch immer beste Kontakte.

SPOX: Bei Köln ist mit Peter Stöger ein alter Bekannter Trainer. Kommt sein Erfolg überraschend?


Polster: Wenn man ehrlich ist, konnte man das so nicht erwarten. Natürlich habe ich es ihm gewünscht, aber bei dieser schwierigen Medienlandschaft war diese konstante Entwicklung doch überraschend. Jetzt ist endlich Ruhe im Verein. Das hat Peter geschafft. Ich freue mich für ihn, auch weil dadurch das Ansehen von uns österreichischen Trainern steigt. Hier bei uns sind wir ja nicht gefragt. 50 Prozent der Trainer in den heimischen Profi-Ligen sind Ausländer. Als Spieler war ich es, der die Tür für Spieler wie Andreas Herzog oder Wolfgang Feiersinger in Deutschland geöffnet hat. Vielleicht öffnen Peter Stöger und Ralph Hasenhüttl gerade die Türen für österreichische Trainer im Ausland.


SPOX: Bei Gladbach ist mit Max Eberl Ihr ehemaliger Teamkollege Sportdirektor. Wie sehen Sie seine Arbeit?


Polster: Er macht das gut. Die Gladbacher haben erkannt, dass sie das erwirtschaftete Geld in die Mannschaft stecken müssen. Sie sind keine Sparmeister mehr.

SPOX: Sie waren bei der Borussia nach dem Ende Ihrer Karriere im Marketing aktiv, haben den Verein aber später für den General-Manager-Job bei der Wiener Austria verlassen. War das eine schlaue Entscheidung?


Polster: Auch müßig, darüber zu sprechen. Vielleicht wäre ich jetzt Gladbach-Sportdirektor. Eigentlich war geplant, dass ich die rechte Hand von Rolf Rüssmann (damals Gladbach-Sportdirektor, Anm.) werde und irgendwann seine Agenden übernehme. Aber drei Monate später wurden Trainer und Sportdirektor plötzlich entlassen. Dazu ist der Präsident zurückgetreten. Plötzlich wusste man nicht mehr, was man mit dem Polster machen soll. Darum steckte man mich ins Marketing. Das war eine sehr interessante Tätigkeit, ich lernte alle Teilbereiche des Fußballs kennen. Darum traue ich mir zu, einen Klub von A bis Z zu führen.

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