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Takeaways: Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Super Bowl

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4. Ausblick: Was bleibt aus dieser Saison hängen?

Mit dem zweiten Super-Bowl-Triumph der Andy-Reid-Patrick-Mahomes-Ära endet eine Saison, die einerseits selbst für NFL-Verhältnisse zahlreiche Überraschungen zu bieten hatte - und das nicht ohne eine Prise Ironie, waren es doch andererseits einige der im Vorfeld der Saison ausgiebig diskutierten Themenpunkte, welche dann auch tatsächlich viele Bereiche der Saison prägten.

Ausgiebig hatten wir im Frühjahr und im Sommer über den Impact von echten Star-Nummer-1-Receivern gesprochen, sowie darüber, was für ein guter Test Case diese Saison nach den Trades von Davante Adams, A.J. Brown und Tyreek Hill werden würde.

Und dieser Test Case brachte ein klares Ergebnis hervor! Zu sehen, was für einen Impact Hill auf die Dolphins-Offense hatte, wie Brown die Eagles-Offense auf ein neues Level hob, wie Adams die Raiders-Offense trug, während die Ex-Teams zumindest von Brown (Tennessee) und Adams (Green Bay) einen merklichen offensiven Dropoff erlebten, unterstrich die Relevanz und den Wert dieser Receiver.

Dass die Chiefs nach dem Verlust von Tyreek Hill offensiv im Vergleich zum Vorjahr sogar noch effizienter wurden, unterstreicht, auf was für einem Level sich Mahomes und Andy Reid bewegen. Sie sind hier einmal mehr die Ausnahme, nicht die Regel.

Die defensiven Trends werden voll bestätigt

Auch auf der defensiven Seite wurde eines der prägenden Offseason-Themen ganz klar bestätigt: Der Trend zu mehr 2-High-Coverages setzte sich eindeutig fort, und auch hier lässt sich eine Verbindung zum Super Bowl knüpfen.

Die Eagles waren eine der besten Defenses im Laufe dieser Saison, wenn sie in Cover 2/4/6 agierten. Yards pro Pass, Passer Rating, Expected Points Added pro Dropback: Philadelphia war hier immer in der Top 8 zu finden.

Das Markenzeichen einer Defense, die in 2-High-Zone-Coverages auf einem hohen Level agieren kann, ist zumeist ein starker 4-Man-Rush, weil Blitzing aus diesen Looks schwieriger wird - und die Eagles sind da keine Ausnahme.

Philadelphia hatte einen historisch starken 4-Man-Rush in dieser Saison und die Verpflichtung von Haason Reddick hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Eagles-Defense im Vergleich zum Vorjahr viel gefährlicher auftrat. Die 49ers waren ein weiteres Paradebeispiel dieser Disziplin, die Jets ebenfalls, genau wie die Bills, zumindest bis zur Verletzung von Von Miller.

Keine Saison der Offensiv-Spektakel

Der Effekt war ligaweit spürbar. Auch weil viele Defenses merklich besser darin wurden, Big Plays zu unterbinden und geduldige Drives der Offense zu erzwingen, war es mit Sicherheit keine Saison, die für ihre Offensivspektakel in Erinnerung bleiben wird.

Gleichzeitig waren diese Entwicklungen hilfreich dabei, zu sehen, wer nachhaltig Antworten parat hat. Und auch hier ist der Verweis auf den Super Bowl angebracht, denn sowohl die Eagles als auch die Chiefs waren in der Lage, die Probleme zu lösen, die Defenses ihnen präsentierten. Auf unterschiedliche Art und Weise zwar, aber deswegen nicht weniger eindrucksvoll.

Hier könnte man den Kreis auf die Championship-Games-Teilnehmer erweitern, und irgendwo ist es natürlich auch kein Zufall, dass diese vier Teams sich in den beiden Championship Games gegenüberstanden.

Das ganze Thema der Bengals-Saison war für mich die Tatsache, dass es Cincinnati und dass es Joe Burrow geschafft haben, die Abhängigkeit von den Big Plays runter zu fahren und der Offense mit dem Passspiel einen bemerkenswert konstanten Floor zu verschaffen.

Die 49ers, um das Quartett komplett zu machen, sind in der Art und Weise, wie sie mit Personnel-Groupings spielen und wie sie ohnehin stark vom Underneath-Passspiel und Yards nach dem Catch leben, ein wenig ein Thema für sich.

So gesehen war die Niners-Offense auch gar nicht so drastisch von diesem Trend betroffen: Einzig die Falcons, Panthers und Bears sahen in der Regular Season noch weniger Passing-Snaps gegen Cover 2/4/6.

Offensive Probleme als Erklärung für Überraschungen

Hier kommen wir zurück zu dem eingangs erwähnten Paradoxon: Warum war die Saison so geprägt von Überraschungen, wenn die prägenden Narrative doch mehr oder weniger wie vermutet eingetreten sind?

Für mich ist hier ein klarer Zusammenhang festzustellen dahingehend, dass Offense noch immer der primäre Stabilisator für ein Team in der heutigen NFL ist - und wenn Defenses schematisch erfolgreich zurückschlagen können, und dann noch vermeintliche Top-Teams sich offensiv neu sortieren müssen - auch prominente Verletzungen in den Offenses etwa bei den Rams, den Ravens und den Chargers spielten hier fraglos eine Rolle -, ist die Tür offen für ein höheres Maß an Varianz.

Selbstredend war das nicht die einzige Ursache, aber ich denke, es spielt eine gewichtige Rolle, wenn wir im Rückblick versuchen, die 2022er Saison zu erklären und einzuordnen. Was wiederum unweigerlich die Frage aufwirft: Wie geht es jetzt weiter? Welche Schlüsse lassen sich mitnehmen, welche Lektionen lassen sich anwenden und könnten die jetzt anstehende Offseason sowie dann auch die kommende Saison prägen?

Schematisch ist klar, dass eine permanente Weiterentwicklung stattfindet - auf beiden Seiten des Balls. 2-High-Coverages sind genauso wenig ein neues Konzept wie Option Plays auf der offensiven Seite des Balls, das permanente Spiel aus Aktion und Reaktion wird sich hier fortsetzen, mit einer weiteren Offseason für Offensive Coordinators, um Löcher in den jetzt vorherrschenden Coverage-Strukturen zu finden und diese gezielt zu attackieren.

Was bleibt aus der 2022er Saison zurück?

Was aus übergreifender Perspektive bei mir aus dieser Saison hängen bleibt, ist die nochmals unterstrichene Relevanz eines guten Plans für einen jungen Quarterback - sportlich, aber auch aus Roster-Building-Perspektive, um in der Position zu sein, All-In zu gehen, solange der Quarterback noch günstig ist.

Es ist auch der bereits angesprochene Wert von echten Nummer-1-Receivern, gleichzeitig aber auch die nochmals erhöhte Relevanz von Pass-Rushern und Defensive Linemen generell auf der defensiven Seite des Balls - eine natürlich Entwicklung, wenn der Trend zu weniger Verteidigern in der Box und mehr 2-High-Coverages geht.

Hier haben wir auch mehrere Breakout-Saisons gesehen, allen voran von Quinnen Williams, Dexter Lawrence und Christian Wilkins, sowie die Bedeutung dominanter Defensive Tackles für eine Defense eindrucksvoll gesehen. Hier kann man den Bogen erneut zurück zum Super Bowl schlagen, in Person von Chris Jones.

Diese Beobachtungen könnten dann auch eine Rolle spielen, wenn es im kommenden Draft um die Frage geht, ob man lieber Defensive Tackle Jalen Carter, oder Edge-Rusher Will Anderson als ersten Nicht-Quarterback nehmen sollte.

Doch das ist eine Debatte für einen anderen Tag.