Der Stoff, aus dem Albträume sind

Von Oliver Mehring
Trikots, Voting
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Bayern München - Einführung: 1993/94

Selbstverständlich darf der Rekordmeister in unserer Liste nicht fehlen. Denn auch an den Bayern sind die 90er-Jahre nicht spurlos vorbeigegangen und präsentierten von 1993 bis 1996 diese strittige Kreation. Seinen Ursprung hat das Karnevalsköstum Marke 'Kanarienvogel' einer Legende nach in den frühen 80ern. Damals hatte die Mannschaft um Augenthaler und Rummenigge große Probleme mit dem 1. FC Kaiserslautern - zumindest mit Blick auf die fast zehnjährige Negativserie auf dem Betzenberg.

Also griff man zu einem kleinen Trick: Statt, wie sonst üblich gegen die roten Lauterer in Weiß anzutreten, spielten die Bayern im gelben Trikot und mit blauer Hose - und gewannen mit 1:0. Das bajuwarische Brasilien-Trikot wurde geboren. In der Folge pflügte der FCB durch das Jahrzehnt von Reagan und voluminösen Dauerwellen - das gelbe Jersey konnte eingemottet werden. Doch Anfang des folgenden Jahrzehnts verloren die Münchner erneut ihr Mojo und schlossen die Saison 92/93 auf einem schwachen 10. Platz ab. Also reaktivierte Adidas das erfolgsversprechende Gelb und fügte dieses Mal eine grüne Note hinzu. Sehr zum Leid von Fans und Spielern.

VfL Bochum - Einführung: 1997/98

Von wegen graue Maus! Mit der Mutter aller Geschmacksentgleisungen wollte der VfL Bochum in eine freudige Zukunft starten. Zuvor hatte man im Pott die beste Saison der Vereinsgeschichte gespielt und durfte in der kommenden Spielzeit den UEFA-Cup stürmen. Aus diesem Grund lieferte der WDR eine Feier für Klub und Fans, bei der auch das neue Jersey vorgestellt wurde. Zaubermaus Dariusz Wosz betrat die Bühne; kollektives Entsetzen machte sich breit. "Scheiße sieht dat aus", rief ein fassungsloser Fan lauthals, und dem war kaum zu widersprechen.

Denn das neue Trikot war nicht etwa ein Bekenntnis zur LGBT-Bewegung, sondern die größenwahnsinnige Erweiterung der Lotto-Werbefläche. Beim Rathausempfang wurde vehement ein Neu-Entwurf gefordert. Eine kanadische Zeitung nannte das Regenbogendress sogar das schlimmste Fußballtrikot aller Zeiten. So wurde das kleine Bochum, das zum ersten Mal internationale Aufmerksamkeit genoss, zur modischen Lachnummer. Wieder war es Ajax, das die irritierende Modenschau in Europa beendete. In der Bundesliga konnte man den Augengraus noch bis 1999 bewundern.

1. FC Köln - Einführung: 1997/98

Aufgrund der Bochumschen Farbbombe ging das Trikot des 1. FC Köln in der Wahrnehmung ein wenig unter, doch auch bei dieser Schöpfung haben die Modezeichner anno 1997 fragwürdige Arbeit abgeliefert. Frisch zum 50-jährigen Jubiläum des Effzeh präsentierte Puma ein knalliges Designfeuerwerk, das wohl selbst Geißbock Hennes einen mittelschweren Schreck versetzte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hielten orangefarbene Bienenwaben auf den Ärmeln Einzug und bissen sich mit dem knalligen Rot des restlichen Shirts wie zwei räudige Straßenkatzen in einer Kölner Sommernacht.

Das Trikot schien auch den Spielern nicht zu passen. Bei der 0:2-Niederlage gegen Schalke vergaß Einwechselspieler Marcell Fensch sein Leibchen sogar in der Kabine. Während Fensch sein Trikot holte, kassierte der FC in Unterzahl das 0:1. Das anstößige Jersey war gleichbedeutend mit der sportlichen Bruchlandung der Kölner. Zum ersten Mal mussten die Domstädter tatsächlich den Abstieg hinnehmen und stürzten eine ganze Stadt in kollektive Trauerstimmung. Deshalb löst auch das Trikot heute noch unter den Köln-Fans nicht nur aufgrund des Dekors einen Vietnam-ähnlichen Flashback aus.

Werder Bremen - Einführung: 2005/06

Irgendwann brach das neue Jahrtausend an und die Quote der Mode-Fehlgriffe nahm langsam ab. Natürlich gab es weiterhin die ein oder andere Fehlentscheidung, doch für kollektives Entsetzen sorgte schließlich die orangene Periode des SV Werder Bremen. Ohne nennenswerten Grund überraschten die Werderaner mit der Einführung orangerner Highlights, die einem recht aggressiv ins unschuldige Auge springen. 2003/04 noch mit dem vorsichtigen Einsatz der Farbe 'Müllabfuhr' auf den Ärmeln bedacht, erreichte das Designschlamassel mit dem Kachelmuster und dem Kik-Logo seinen Höhepunkt.

Deshalb musste das Team von der Weser auch recht übersichtliche Verkaufszahlen von "Papagei" und "Papageizwei" beklagen (ja, das sind tatsächlich die Namen der Entwürfe), obwohl die Ära unter anderem mit dem Double 2004 geschmückt wurde. Unter den Werder-Fans hatte sich nämlich eine starke Anti-Orange-Fraktion gebildet. Dennoch ist die Signalfarbe den Werder-Fans bis heute erhalten geblieben und taucht immer wieder in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf den Trikots auf.

Schalke 04 - Einführung: 2011/12

Als Schalke 04 ins DFB-Pokalfinale 2011 eingezogen war, gab es durch das Heimrecht von Finalgegner Duisburg ein kleines Problem. Die Zebras wollten selbstverständlich mit ihren traditionellen blau-weißen Streifen in Berlin antreten und das vertrug sich weder mit den Heim- noch den Auswärtstrikots von Königsblau. Also griff Ausrüster Adidas seeeehr tief in den Farbtopf - deutlich zu tief. Als S04 die Pläne eines tiefpinken Trikots offenbarte, titelte die Bild: "Schalke-Trikot schockt die Fans."

Den Gerüchten nach soll Trainer Felix Magath noch auf das Pink-Panther-Massaker bestanden haben. Ein Fan kommentierte das Brombeeren-Outfit süffisant: "Das ist eine Farbe für die aus Lüdenscheid. Aber keine für uns." Schlussendlich holten die Knappen den Pott in den Pott ohne Magath und das Trikot wurde beibehalten. Das änderte natürlich wenig an der traurigen Optik des jüngsten Horror-Trikots in unserer Liste.

Hinweis: Wir haben nur Trikots aufgenommen, die auch in der Bundesliga präsent waren. Dazu hat die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Bis zum 20. September, 23.59 Uhr habt Ihr Zeit, Eure Stimme abzugeben und den Goldenen Tomislav an die größte Modesünde der Bundesligageschichte zu vergeben.

In der dritten September-Woche wird das Voting aufgelöst und der Sieger bekannt gegeben. Viel Spaß beim Abstimmen!

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