Basketball - Fazit zur Vorbereitung des DBB: Diesen Vorteil haben Schröder und Co. gegenüber allen Konkurrenten

Von Robert Arndt
Steve Kerr coacht Team USA bei der WM.
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Sechs Testspiele hat die deutsche Nationalmannschaft vor der anstehenden WM absolviert, vier davon wurden gewonnen. In vier Tagen geht es dann gegen Gastgeber Japan los. Wo steht das Team von Bundestrainer Gordon Herbert nach der knappen Niederlage gegen die USA?

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Vier Siege, zwei Niederlagen - so lautet die deutsche Bilanz der Vorbereitung. Das ist mehr als ordentlich, auch wenn eine weiße Weste möglich gewesen wäre. Sowohl im Supercup-Finale gegen Kanada als auch gegen die USA führte der DBB bis tief in die zweite Hälfte, um letztlich doch noch zu verlieren.

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Basketball-WM: Deutschland kann gegen jeden mithalten

Das ist zunächst einmal kein Beinbruch, schließlich zählen beide nordamerikanische Teams zu den Favoriten auf den WM-Sieg. Es zeigt aber auch die gewachsenen Ansprüche der deutschen Mannschaft. Das Team will eine Medaille und diese Vorbereitung hat untermauert, dass dies ein realistisches Ziel ist.

Natürlich war der 18:0-Lauf der US-Boys im vierten Viertel am Sonntagabend bitter, wirklich etwas aussagen tut es aber nicht. Deutschland war im Gegensatz zum Gegner bereits am Tag zuvor im Einsatz, Müdigkeit aber nach diesem intensiven Spiel ein Faktor. Es war kein Zufall, dass fast jeder Sprungwurf am Ende zu kurz war und Dennis Schröder plötzlich nicht mehr die Löcher zog, wie er es in den 30 Minuten zuvor getan hatte.

Dennoch waren diese beiden letzten Tests Bestätigung dafür, dass der DBB es mit jedem Team aufnehmen kann. Dazu braucht es auch nicht immer einen Sahnetag. Zugegeben, die Griechen zählen nicht zu den besten Teams, wurden aber auch mit einer mittelmäßigen Vorstellung beherrscht. Es zeigt, dass die Nationalmannschaft eine gute Basis besitzt.

"Das war auf jeden Fall unser härtester Gegner", befand auch USA-Coach Steve Kerr. "Sie sind ein großes, starkes Team. Dennis Schröder ist sehr schwer zu kontrollieren. Spanien war auch exzellent, aber es ist klar, dass Deutschland eines der besten Teams der Welt ist. (...) Sie sind definitiv ein Medaillenanwärter für die WM."

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Basketball-WM: Das DBB-Team ist eingespielt

Ein Faktor dafür ist die Eingespieltheit. Schröder-Obst-Wagner-Voigtmann-Theis - das war auch im Vorjahr über weite Strecken das Go-to-Lineup, das wird es auch bei dieser WM sein. Das Schröder-Theis-Pick'n'Roll bleibt die Konstante, daraus kreieren die Deutschen weiter immer wieder gute Würfe. Auch die USA hatte darauf kaum eine Antwort, obwohl sie in Jaren Jackson Jr. den besten Verteidiger der NBA auf der Fünf stellen.

Der hatte zwar 6 Blocks auf dem Konto, doch im deutschen Spiel war so viel Bewegung, dass meist ein anderer dann offen für den Rebound stand. Es herrscht Vertrauen untereinander, es wird viel geredet, viel ermutigt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, spricht aber für die Geschlossenheit im Team und ist einer der Pluspunkte für das Team, vor allem im Vergleich zu den USA oder Kanada.

Das deutsche Team ist nun über Jahre eingespielt, die Stützen sind die gleichen. Es gibt keine Verletzungssorgen oder nennenswerte Absagen (Maxi Kleber mal ausgenommen), das kann kein anderer Medaillenkandidat von sich behaupten. Das ist wichtig, weil es für Deutschland sehr früh um sehr viel gehen wird. Ausrutscher gegen Japan oder die nicht zu unterschätzenden Finnen sind in der Gruppenphase verboten, ansonsten könnte selbst das Viertelfinale sehr schnell sehr weit weg sein.

Während zum Beispiel die USA auf dem Weg ins Viertelfinale kaum Gegenwehr erwartet, wird auf der deutschen Seite des Brackets ein Medaillenanwärter aus Slowenien, Australien oder eben Deutschland nicht einmal die K.o.-Phase erreichen. Umso wichtiger ist es, dass die Rotationen und Rollen klar sind. Ein lockeres Eingrooven wird es nicht geben.

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Basketball-WM: Das deutsche Team ist riesig

Ein großes Plus der Deutschen bleibt die Länge, in Abu Dhabi wurde dies noch einmal unterstrichen. Sowohl die Griechen als auch die USA hatten vor allem gegen die Starting Five Schwierigkeiten. Franz Wagner (2,08 Meter), Joe Voigtmann (2,11 Meter) und Daniel Theis (2,03 Meter) sind echte Hindernisse, dazu einigermaßen flink zu Fuß und defensiv sehr variabel.

Ob Drop Defense, viel Switching oder diverse Zonenpressen - der DBB hat viele Sachen im Werkzeugkasten, um Teams aus dem Rhythmus zu bringen. Hinzu kommen auch die "Neulinge" Isaac Bonga sowie Moe Wagner, die ebenfalls Gardemaß mitbringen. Gegen die USA war vor allem der Auftritt Bongas, der Team USA mehrfach am offensiven Brett ärgerte, eine kleine Überraschung. In Sachen defensive Fundamentals hat Bonga im Gegensatz zu Nick Weiler-Babb im Vorjahr zwar Nachholbedarf, dafür ist der Bayern-Guard um einiges athletischer, was vor allem gegen Kanada oder die USA sehr hilfreich ist.

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Basketball-WM Andreas Obst bleibt der X-Faktor für den DBB

Das ist natürlich eine steile These, aber das Shooting des Bayern-Guards ist essentiell für das deutsche Team, auch weil bei Franz Wagner von Downtown überhaupt nichts funktionieren möchte. Deutschland kann zwar das Feld breit machen, ist aber kein Team, welches dich von der Dreierlinie killt. Das war bei der EuroBasket nicht der Fall und auch in dieser Vorbereitung schossen die Gegner fast immer besser als die Deutschen.

Bis zu einem gewissen Grad ist dies auffangbar, da der DBB fast immer in die Zone kommt und darüber hinaus dank der Länge viele zweite Chancen und Freiwürfe generieren kann. Auf dem allerhöchsten Niveau könnte es jedoch schwer werden, wenn Deutschland wie in fast jedem Spiel um die 30 Prozent von draußen wirft.

Entsprechend wichtig ist Obst, Deutschlands bester Schütze, der jederzeit für vier, fünf Triples gut ist, manchmal aber auch 0/5 geht. Inzwischen dürfte jeder Gegner verstanden haben, dass man ihn nicht frei stehen lassen darf, selbst bis zu den Amerikanern hat sich dies rumgesprochen.

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Basketball-WM: Deutschland ist defensiv variabel

Ein anderer Schlüssel wird die Defense sein. Hier ist vor allem Theis essentiell, da Deutschland oft in Nöte geriet, wenn der Pacers-Center in Foulprobleme geriet. Darauf gilt es zu achten, auch wenn Moe Wagner oder Johannes Thiemann wahrlich keine schlechten Optionen sind. Mit dem Duo Theis/Voigtmann haben die Deutschen einen guten Mix aus Rim Protection, der Möglichkeit zum Switchen sowie überdurchschnittliches Rebounding.

Für Letzteres ist gerade Voigtmann wichtig, der als guter Passgeber schnell den Gegenangriff einleiten kann. Das muss nicht immer ein Touchdown-Pass sein, aber je schneller der DBB umschaltet, desto gefährlicher ist das Team. Mit Schröder und Franz Wagner hat man zwei herausragende Transition-Spieler plus eben Obst, der überhaupt keine Skrupel hat, umgehend von Downtown abzudrücken.

Wie schon weiter oben angesprochen gibt es defensiv aber nicht das eine System, auch das ist ein Vorteil des langjährigen Zusammenseins. Zwar passten nicht immer alle Rotationen, doch es war offensichtlich, dass jeder mitmachte. Die vielen Switches bedeuten oft Mismatches unter dem Korb, aber dank guter Kommunikation kam meist der schnelle Re-Switch oder aber ein aggressives Doppeln, meist direkt, wenn der größere Spieler den Ball erhielt.

Das alles erfordert hohe Konzentration, ein Verständnis für die Situation sowie Vertrauen in die Mitspieler - das alles scheint da zu sein.

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Basketball-WM: Schröder ist auf FIBA-Level ein Star

Auch Schröder ackerte gegen die USA und Kanada vorbildlich in der Defense und gab wie schon gegen Shai Gilgeous-Alexander gegen Anthony Edwards sein Bestes. Klar ist aber auch, dass ein Edwards manchmal nicht zu stoppen ist, am Sonntag war dies der Fall.

Hier liegen dann auch gewisse Limitierungen bei Schröder, der eben nur 1,85 Meter groß ist. So giftig er auch sein kann, bullige oder lange Guards haben gegen den deutschen Kapitän klare Vorteile. Zugegeben, die USA sind das vielleicht schlechteste Matchup für den Braunschweiger, weil sie mit Mikal Bridges einen Spieler haben, der Schröder vor sich halten kann. Entsprechend schwer hatte es Schröder im vierten Viertel gegen das kleine USA-Lineup.

Das soll trotzdem nichts von den starken Vorstellungen in diesen sechs Partien wegnehmen. Sein Mix aus Scoring und Passing ist weiter sehr gut, er wird bei diesem Turnier einer der drei besten Aufbauspieler sein. Kleinere Fragezeichen bleiben in der Crunchtime-Offense. Hier fehlte die Bewegung in den deutschen Aktionen, zu viel schaute in Richtung von Schröder. Das alles sind aber Kleinigkeiten in einer ansonsten gut funktionierenden Maschine. Die WM kann kommen und dieses Team hat alles, um Spaß zu machen und auch erfolgreich zu sein.

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Deutschland: Der DBB-Fahrplan bis zur WM

DatumUhrzeitGegnerOrt
5. August19 UhrSchweden 87:68 (S)Bonn
9. August19.30 UhrKanada 86:81 (S)Berlin
12. August18.30 UhrChina 107:58 (S)Hamburg (Supercup)
13. August18.30 UhrKanada 112:113Hamburg (Supercup)
19. August18 UhrGriechenland 84:71Abu Dhabi (USA Showcase Cup)
20. August18 UhrUSA 91:99Abu Dhabi (USA Showcase Cup)
25. August14.10 UhrJapanOkinawa City (WM)
27. August10.30 UhrAustralienOkinawa City (WM)
29. August9.30 UhrFinnlandOkinawa City (WM)