Basketball - Früherer FC Bayern-Star Klaus Schulz im Interview: "Uli Hoeneß wollte immer an Dirk Nowitzki ran"

Klaus Schulz gewann mit dem FC Bayern Basketball 1968 den deutschen Pokal.
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1961 sind Sie zu Estudiantes Madrid gewechselt und wurden damit zum ersten deutschen Basketballer im Ausland. Wie kam es dazu?

Schulz: Bei der Europameisterschaft 1961 in Belgrad haben wir gegen Spanien gespielt, ich war wohl einer der besten Spieler. Im Anschluss kam der spanische Trainer zu mir und sagte: "Ich hätte Sie gerne in Madrid. Wollen Sie nach Spanien kommen?" Und ich habe geantwortet, ich werde kommen. Es gab keinen Vertrag, keine feste Zusage, gar nichts. Ich habe mich in meinen VW Käfer gesetzt und bin nach Spanien gedüst. Es passte ganz gut für mich, ich musste ins Rechtsreferendariat in ein beliebiges Unternehmen. Ich rief bei Siemens an und fragte, ob ich zur Außenstelle nach Madrid kann. Ich bekam eine Zusage, aber sie wollten kein Gehalt zahlen. Ich erwiderte: "Dann arbeite ich auch nicht, aber sie bestätigen mir, dass ich da war." So ist es dann auch gelaufen.

Letztlich blieben Sie aber nur eine Saison in Madrid.

Schulz: So lange ging die eigentliche Referendarzeit. Anschließend habe ich das Examen in Deutschland gemacht, ich wollte meine juristische Karriere im Blick behalten. Das ging gar nicht anders, damals konnte ich nicht vom Basketball leben. Aber Madrid war eine wunderschöne Erfahrung. Jeder Schuhputzer und jeder Barmann kannte mich. Sie wussten, da kommt der "Aleman".

Welchen Stellenwert hatte damals der Basketball in Spanien im Vergleich zu Deutschland?

Schulz: Nach dem Fußball genoss der Basketball den höchsten Stellenwert. Im Vergleich zu Deutschland war das eine ganz andere Welt. Ich war auch bei Estudiantes immer in der ersten Fünf, an der Seite des damaligen Kapitäns der spanischen Nationalmannschaft, Jesus Codina. Eigentlich hatte mich der spanische Trainer, der mich bei der Europameisterschaft angesprochen hatte, aber für Real Madrid vorgesehen, das war natürlich der Traum eines jeden Spielers. Als ich dann bei Real ankam, hieß es, sie hätten vor zwei Wochen einen Amerikaner verpflichtet, Wayne Hightower. Der war natürlich 15 Zentimeter größer als ich und besser. Mir wurde gesagt, ich soll zu Estudiantes gehen, das war die zweitbeste Mannschaft in Madrid. Dort haben sie mich mit offenen Armen empfangen.

Schulz beim FCBB: "Müller hat meine Möbel geschleppt"

Nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland sind Sie 1963 und 1964 mit den Basketballern von Alemannia Aachen Deutscher Meister geworden, 1964 sind Sie dann zum FC Bayern gewechselt. Warum?

Schulz: In einem Vorrundenspiel trafen wir auf Bayern, die damals schon eine super Truppe hatten. Sie waren gut, aber wir haben sie zweimal relativ klar geschlagen. In dem Spiel in München habe ich 19 der ersten 22 Punkten der Aachener erzielt - und das, obwohl sie drei verschiedene Verteidiger auf mich gehetzt haben. Der spätere Bayern-Präsident Willi O. Hoffmann hat mich dann gefragt, ob ich nicht zu den Bayern kommen will.

Was gab letztlich den Ausschlag für den Wechsel?

Schulz: Ich hatte damals gerade mein Examen bestanden und wollte Anwalt in Aachen werden. Allerdings sickerte durch, dass Alemannia die Basketballabteilung auflösen würde. Mir war klar, in Aachen kann ich nicht mehr Basketball spielen. Das war das Argument, weshalb ich sofort in München zugesagt habe. Ich wollte nur eine Wohnung und ein Auto ...

... kein Gehalt?

Schulz: Geld wollte ich nicht, ich hatte mein Referendargehalt. Dafür hieß es vom Verein: Geh' in ein Möbelhaus und such' dir ein paar Möbel aus. Das habe ich gemacht. Und wer hat mir die Möbel in meine Wohnung getragen? Gerd Müller und Rudolf Nafziger. Die haben mir die Möbel hochgeschleppt. Als Fußballer bekamen sie nur ein geringes Gehalt, zusätzlich hatten sie halbtags Nebenjobs, zum Beispiel als Möbelpacker. So war das damals selbst beim Vertragsfußball.

Klaus Schulz: "Hoeneß wollte immer an Dirk Nowitzki ran"

Vor Corona-Zeiten haben sich immer mal wieder die Fußball-Stars des FC Bayern im Audi Dome blicken lassen. Gab es damals auch schon prominente Fans?

Schulz: Also der Uli Hoeneß war nie da. Er behauptet immer, er habe sich für Basketball interessiert, das stimmte nicht. Er war ein Gegner vom Basketball beim FC Bayern, genau wie Fritz Scherer, der spätere Nachfolger von Hoffmann. Dafür waren bei unseren Spielen sehr oft Klaus Augenthaler und Dieter Hoeneß zu Gast. Und natürlich Werner Olk, mit dem spiele ich heute noch ab und zu Golf.

1968 haben Sie den FCBB zum Pokalsieg geführt und unter anderem den amtierenden Meister MTV Gießen um Holger Geschwindner geschlagen. Welche Erinnerungen haben Sie an die Duelle mit den damaligen Größen des deutschen Basketballs?

Schulz: Weil Sie Geschwindner ansprechen: Das genaue Jahr weiß ich nicht mehr, aber ich war auf jeden Fall nicht mehr nur Spieler, sondern mittlerweile Spielertrainer bei Bayern. Gegen Gießen oder auch seinen späteren Verein USC München ging es immer heiß her. In der ersten Halbzeit der besagten Partie saß ich nur auf der Bank und Holger hat die meisten Punkte gemacht. Zur zweiten Halbzeit habe ich mich als Spielertrainer selbst eingewechselt und ihn in Manndeckung genommen - mit Erfolg. Er hat keinen einzigen Korb gemacht, nur noch ein paar Freiwürfe bekommen, mehr nicht. Wir haben das Spiel am Ende gewonnen.

Geschwinder ist den jüngeren Basketball-Fans vor allem als Coach von Dirk Nowitzki bekannt.

Schulz: Das ist auch noch ein Punkt mit Hoeneß. Hoeneß wollte immer an Dirk Nowitzki ran, so war mein Eindruck. Nowitzki hat mich einmal über Holger gefragt, ob ich nicht mal einen Spielervertrag der Bundesliga an ihn weiterreichen könnte, alle Zahlen und Namen natürlich geschwärzt. Ich habe aber nicht mit Hoeneß gesprochen, sondern Karl Hopfner (langjähriger Vizepräsident und Präsident des FC Bayern, Anm. d. Red.) angerufen und nach einem Vertrag gefragt. Die Antwort: Nein, geht nicht. Wenn ich Nowitzki oder Geschwindner so einen Vertrag hätte zeigen können ... ich weiß auch nicht. Aber ihn nach seiner NBA-Karriere hier bei Bayern zu haben, das wäre eine tolle Show gewesen.