BVB wieder schwach und weiter im Formtief: So wird's auch mit Stürmer nichts

FC Schalke 04, Borussia Dortmund
© Getty

Die Leistung von Borussia Dortmund im torlosen Revierderby gegen den FC Schalke war über weite Strecken enttäuschend. Auf wie abseits des Spielfelds liegt beim BVB aktuell zu viel im Argen.

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Es war vollkommen nachvollziehbar, dass sich die Schalker, Spieler wie Verantwortliche, nach dem 0:0 gegen Borussia Dortmund über zwei verlorene Punkte ärgerten. S04 war über 90 Minuten gesehen gefährlicher und galliger als der BVB. Die Knappen ließen den Derbysieg aber aufgrund einer schwachen Chancenverwertung liegen und sind nun seit drei Partien sieglos. Ansonsten konnte man ihnen nur wenig vorwerfen.

Auf Dortmunder Seite herrschte dagegen Frust, wie so oft schon in dieser bislang sehr mäßig verlaufenden Saison. Die Borussia zeigte sich drei Tage nach dem Champions-League-Auftritt bei Inter Mailand lange Zeit viel zu schwach und hatte zu kaum einem Zeitpunkt die Kontrolle über das Geschehen.

Die Leichtigkeit würde fehlen, sagte Kapitän Marco Reus nach der Partie. Sportdirektor Michael Zorc meinte, dass "alles ein bisschen zäh" wirke. Es waren enttäuscht vorgetragene, aber richtige Analysen - dabei hat der BVB seit sechs Bundesligaspielen keine Niederlage mehr einstecken müssen.

Beim BVB liegt aktuell zu viel im Argen

Das Problem: Dortmund holte in dieser Zeit lediglich zwei Siege und insgesamt zehn Punkte. Das noch größere Problem: Dortmund überzeugt spielerisch seit langer Zeit überhaupt nicht mehr. Auch von der im Vorfeld von Zorc und Lizenzspielerchef Sebastian Kehl eingeforderten Derby-Aggressivität und dem unbedingten Siegeswillen war am Samstag nur wenig zu sehen.

Es war daher wohl eher ein frommer Wunsch, den Zorc vor Spielbeginn äußerte, als er meinte, die Saison würde "positiv beeinflusst", sollten die Dortmunder einen Sieg beim Rivalen einfahren. Dazu liegt beim BVB, auf wie abseits des Spielfelds, aktuell zu viel im Argen.

Zuvorderst schwebt die Debatte um Trainer Lucien Favre über dem Verein. "Wir führen mit Ihnen keine Trainerdiskussion. Das tun wir einfach nicht", stellte Zorc am Sky-Mikrofon nach der Partie unmissverständlich klar und sich damit ein weiteres Mal vor den Coach, nachdem er unter der Woche bereits Gerüchte um Jose Mourinho deutlich wegwischte.

BVB-Realität wirkt besorgniserregend

Dass dieses Thema aber beileibe nicht nur die Presse, sondern auch Fans und Umfeld des BVB beschäftigt, steht ohne Zweifel fest. Wer das nicht glaubt, dem sei ein Blick in ein soziales Medium seiner Wahl zu empfehlen. Diese Unruhe färbt natürlich auch auf die Mannschaft ab: "Die mediale Welt ist heute einfach zu groß und deswegen bleibt es nicht aus, dass wir das mitbekommen", sagte Reus.

Die Dortmunder Verantwortlichen berufen sich in dieser Debatte, die sie nicht führen wollen, in erster Linie auf die Tatsache, dass alle Saisonziele noch zu erreichen seien und man sich noch in einem relativ frühen Stadium der Saison befände. Gegen diese Argumentation ist auch schwer anzugehen, doch der Blick auf die Realität wirkt schlichtweg deutlich besorgniserregender.

In der sammelte die Borussia schließlich nur 16 Punkte aus neun Spielen, im Vorjahr hatte man zu diesem Zeitpunkt fünf Zähler sowie neun Tore mehr auf dem Konto und befand sich in einer eklatant besseren Form. Dennoch wird man vor dem 10. Spieltag höchstens drei Zähler hinter Platz eins liegen - mit dieser Ausbeute eigentlich ein Treppenwitz und einzig einer schwächelnden Bundesliga zu verdanken.

Zorc über Favre: "Natürlich hat er damit zu tun"

Was Zorc am Samstag nun aber richtigerweise empfahl war, sich "über die Mannschaft und das Spielerische" zu unterhalten. "Das war nicht besonders gut heute", sagte der Ur-Dortmunder und schob Richtung Favre nach: "Natürlich hat er damit zu tun."

Um für eine tiefgreifende Besserung lediglich auf die Rückkehr des seit einem Monat verletzten Paco Alcacer zu hoffen, würde viel zu kurz greifen. Denn so, wie Dortmunds Offensivbewegung momentan aussieht, wird es auch mit einem gelernten Stürmer nichts.

Viel zu viele Schlampereien durchziehen derzeit das Passspiel oder die ersten Kontakte, dazu sind die Laufwege im vorderen Drittel schlecht getimt. Zielstrebig in die Tiefe oder den Rücken der gegnerischen Abwehr zu kommen, um Druck auszuüben und sich hochkarätige Torchancen herauszuspielen, das gelang den Schwarzgelben in letzter Zeit kaum einmal.

Zorcs süffisanter Konter geht am Thema vorbei

Die offensive Hilflosigkeit wird auch von den Werten des Expected-Goal-Modells gestützt, das anzeigt, wie hoch die Chance auf ein Tor wirklich war. Gegen Inter in der CL stand der Wert nach den ersten 45 Minuten bei quasi inexistenten 0,09, gegen Schalke bei 0,08. Und das, obwohl mit Reus der zweitbeste Torschütze wieder mit von der Partie war. Nach 90 Derbyminuten kam der BVB dann auf einen Wert von 0,35 - ein Tor verdient hatte er nach dieser Vorstellung also wahrhaftig nicht.

Vernichtend, ja fast schon demütigend, fiel deshalb auch das Urteil von Schalke-Kapitän Alexander Nübel aus: "Es war schwierig für den BVB Tore zu machen, weil keiner da war, der in die Box kommen wollte, um ein Tor zu machen."

Damit die Mannschaft, aber vor allem der Trainer nicht weiter in die Schusslinie geraten, muss in den nächsten Partien mit dem Pokal-Duell gegen Gladbach oder dem Heimspiel gegen Inter bis zur kommenden Länderspielpause ein echter Leistungsaufschwung erkennbar sein.

Die Harmlosigkeit, mit der der BVB zuletzt auftrat, könnte sonst nämlich schnell zwei von drei Saisonzielen beerdigen. Sie ist dem ambitionierten Klub ohnehin kaum noch würdig. Der süffisante Konter Zorcs, der der auf den Klub einprasselnden Kritik damit entgegnete, dass man doch nicht kurz vor dem Abstieg stehe, geht daher am eigentlichen Thema vorbei.

Bundesliga-Tabelle: BVB nach Remis im Derby auf Platz drei

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayern München924:111318
2.SC Freiburg917:10717
3.Borussia Dortmund920:11916
4.Borussia M'gladbach815:7816
5.Wolfsburg811:5616
6.RB Leipzig917:10715
7.Schalke 04914:9515
8.Eintracht Frankfurt814:10414
9.Bayer Leverkusen913:13014
10.TSG Hoffenheim911:13-214
11.Werder Bremen915:18-312
12.Hertha BSC915:16-111
13.1. FSV Mainz 05910:19-99
14.Fortuna Düsseldorf910:16-67
15.1. FC Union Berlin99:15-67
16.1. FC Köln99:19-107
17.FC Augsburg810:21-116
18.SC Paderborn 07911:22-114
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