Manuel Neuer - Kommentar zur Attacke gegen den FC Bayern: Der Kapitän lässt den FCB zum zweiten Mal im Stich

Von Justin Kraft
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Manuel Neuer kritisiert den FC Bayern München in einem Interview scharf für die Entlassung seines Kumpels Toni Tapalovic - und überschreitet dabei nicht nur den eigenen Kompetenzbereich. Vor allem lässt er seine Mannschaft als Kapitän damit zum zweiten Mal in kürzester Zeit im Stich. Ein Kommentar.

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Eigentlich sollte sich Manuel Neuer aktuell demütig geben. Mit einem "Gang zum Bäcker" verglich er seinen Skiausflug, der sein Ende in einem schweren Unfall fand, nach der WM 2022 in Katar in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung und The Athletic. Eigentlich ein "Kinderspiel" auf einer Strecke, die er schon ganz oft gefahren sei.

Und doch verletzte er sich schwer - und ließ seine Mannschaft damit gewissermaßen im Stich. Menschen machen Fehler und dass Neuer als Leistungssportler in seiner Freizeit den Drang dazu spürt, riskanten Sport auszuüben, ist auf der anderen Seite durchaus ein Argument. Schnee ist nur einmal im Jahr, oder zumindest so ähnlich. Trotzdem hat er sich verletzt und dementsprechend einen Fehler gemacht, der den FC Bayern viel Geld gekostet hat. Immerhin: Er habe sich nach eigener Aussage bei den Bossen entschuldigt.

Der Vorfall hätte also abgehakt werden können, zumal die Bayern mit Yann Sommer auf dem Transfermarkt hervorragend reagiert haben. Doch ausgerechnet jetzt fühlt sich Neuer zur absoluten Unzeit dazu berufen, den Klub öffentlich für die Tapalovic-Entlassung zu kritisieren. Damit überschreitet er nicht nur seinen eigenen Kompetenzbereich als Torhüter des FC Bayern, sondern ist zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit alles andere als eine Hilfe für seine Mannschaft.

Manuel Neuer: Lobbyarbeit für Toni Tapalovic - und gegen den FC Bayern

Zur Erinnerung: Neuer und Tapalovic gelten als Kumpels. Der ehemalige Torwarttrainer des FCB war der Trauzeuge auf Neuers Hochzeit. Es ist somit nachvollziehbar, dass der 36-Jährige enttäuscht über die Entlassung ist. Doch er hat weder die notwendige emotionale Distanz, noch die Position innerhalb des Klubs, um die Entscheidung derart drastisch zu kommentieren, wie er es nun getan hat. Er betreibt hier allenfalls Lobbyarbeit für seinen Freund.

Julian Nagelsmann hat als Trainer gemeinsam mit der sportlichen Leitung zu entscheiden, wie das Team um ihn herum aufgestellt werden soll. Wenn sich Tapalovic wie zuletzt berichtet gegen die Anweisungen von Nagelsmann gestellt haben und Interna aus dem Trainerteam an die Mannschaft weitergegeben haben soll, dann sind das schon mal zwei triftige Gründe für eine Entlassung. Und auch wenn Neuer diese nicht versteht, hat er sie zu akzeptieren - oder die Themen intern zu besprechen.

Stattdessen wählt er den Weg der Öffentlichkeit, berichtet von Tränen und wählt starke Worte, um seiner Meinung die entsprechende Wirkung zu verleihen. Ein Interview, das ganz offensichtlich am Klub vorbei geführt wurde. Eines voller Superlative. Die Entlassung seines Freundes sei für ihn "das Krasseste, was ich in meiner Karriere erlebt habe".

Manuel Neuer könnte in der Zukunft beim FC Bayern München ins Wanken geraten.
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Manuel Neuer könnte in der Zukunft beim FC Bayern München ins Wanken geraten.

Manuel Neuer: Angst vor der Zukunft beim FC Bayern?

Es scheint fast, als würde Neuer seine Zukunft in Gefahr sehen. Als würde er sich genötigt dazu sehen, jetzt allen zu zeigen, dass er doch noch da ist und für seine Position kämpfen wird. Schließlich hat er ein Stück Macht innerhalb des Klubs verloren. Mit Tapalovic als Förderer und Befürworter im Rücken fiel es ihm leicht, die Entscheidungsprozesse tiefgehend zu beeinflussen. Damit ist jetzt offenbar Schluss.

Ab der kommenden Saison muss er sich sowohl beim DFB als auch beim FCB einem fairen Konkurrenzkampf stellen. Womöglich schmeckt ihm das weniger gut, als er zugeben möchte. Als aktueller Kapitän des FC Bayern handelt er unabhängig von den Beweggründen aber egoistisch. Das sieht auch der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn so, der der dpa von einem Erlebnis aus der eigenen Karriere berichtet hat. 2004 sei er sauer auf den DFB gewesen, weil dieser sich von Torwarttrainer Sepp Maier getrennt hatte. Er habe sich aufgrund der gemeinsamen Ziele mit der Mannschaft aber dazu entschieden, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. "Manuel hat jetzt das Gegenteil getan", kritisierte er.

Gut zwei Wochen vor einem Auswärtsspiel in Paris, das vermutlich den weiteren Verlauf der Saison und deren Beurteilung massiv beeinflussen wird, bringt er weitere Unruhe in den Klub. Dabei hatte sich durch das 4:0 im DFB-Pokal gegen den FSV Mainz 05 die Lage erst etwas beruhigt. Neuer aber war das offenbar noch nicht genug Krise.

Ob er sich mit diesem Interview ins Abseits geschossen hat, bleibt abzuwarten. Er erzwingt jedenfalls eine ebenfalls öffentliche Reaktion der Bayern, die über Kahns Aussage hinausgeht. Und man darf gespannt sein, wie diese ausfällt, nachdem Oliver Kahn zuletzt noch von einem langen und harmonischen Gespräch mit Neuer berichtet hatte, in dem alles geklärt wurde.

Während Joshua Kimmich sich mit einer Gastrolle beim Münchner Tatort zufrieden gibt, beschwört ausgerechnet der Kapitän jetzt den nächsten Krisenblockbuster beim FC Hollywood. Mit diesem Interview hat er sich keinen Gefallen getan - und seinen Mitspielern sowieso nicht. Statt Demut gibt es nun großen Egoismus.

Manuel Neuer im Steckbrief

NameManuel Neuer
Geburtstag27.03.1986
GeburtsortGelsenkirchen, Nordrhein-Westfalen
StaatsangehörigkeitBundesrepublik Deutschland
Größe193 cm
Gewicht80 kg
Spiele

613 (182 für Schalke 04, 319 für FC Bayern, 113 für Nationalmannschaft)

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