Hochdroben in den VIP-Logen des Arthur Ashe Stadiums, wo sich seit Jahren in der zweiten Turnierwoche Hollywoodstars wie Leonardo Di Caprio, Alec Baldwin, Michael Keaton & Co. tümmeln und wichtige New Yorker Geschäftsleute beim Tennisgucken ihre berühmt-berüchtigten Deals aushandeln, da hat sich auch Spike Lee so seine Gedanken gemacht.
Und der Filmregisseur, einst auch Produzent von Michael-Jackson-Musikvideos, verriet ganz frank und frei vor dem ESPN-Mikrofon, welche Dimensionen für ihn eine Serena Williams mittlerweile längst erreicht hat. Nach Meinung von Lee steht die bald 37-Jährige bereits jetzt in einer Reihe mit den sogenannten "Bigger-than-life"-Sportsuperstars wie Muhammad Ali oder Michael Jordan.
Der siebte US-Open-Titel für Serena: Er wäre ein Statement
Ihr Wirken hat tiefe Spuren hinterlassen, das von Ali und Jordan, aber auch das von Williams, die am 1. September 2017, als vor fast genau einem Jahr, Tochter Alexis Olympia zur Welt gebracht hatte und anschließend nach eigenen Angaben wegen einer Lungenembolie sowie eines Blutgerinsels in der Bauchhöhle kurzzeitig in Lebensgefahr schwebte. "Nach der Geburt folgten sechs Tage voller Ungewissheit", sagte die 23-malige Grand-Slam-Siegerin in einem CNN-Interview.
Zwölf Monate später ist Serena Williams nur noch zwei Siege von ihrem siebten US-Open-Rekordtitel entfernt. Er wäre ein besonderer Triumph der jungen Mutter, ein Statement - laut und deutlich, über die sportlichen Grenzen hinweg, mit einem langen Haltbarkeitsdatum.
Und: Der Kreis würde sich in NYC schließen. Ausgerechnet an jenem Ort, an dem sie 1999, also vor genau 19 Jahren (!!!), ihre erste Major-Trophäe in den Himmel stemmte.
Mit Titel Nummer 24 würde sie zudem in der Grand-Slam-Bestenliste zur führenden Australierin Margaret Court aufschließen. Ein weiterer Meilenstein für Williams, die in einem Problemviertel von Los Angeles ihre märchenhafte Karriere startete: "Ich war ein kleines Mädchen mit einem Schläger und einem Traum."
Serena "Es liegt noch ein langer Weg vor mir"
Wer den Hype um Serena Williams in den New Yorker Tagen mitbekommt, der muss den Hut davor ziehen, wie sie inmitten des allgegenwärtigen Jubeltrubels Fokus und Bodenhaftung behält. Doch die Rechtshänderin aus Florida, die in ihrer Karriere bislang ein Preisgeld von über 87 Millionen Dollar einstrich, gab sich nach ihrem 6:4, 6:3-Viertelfinalsieg gegen Karolina Pliskova (Tschechien/Nr. 8) äußerst demütig.
"Ich weiß immer noch, dass ich, egal ob ich im Halbfinale oder im Finale stehe, einen wirklich langen Weg vor mir habe, um das Turnier hier zu gewinnen", sagte Williams und führte als Beispiel die Endspielniederlage gegen Angelique Kerber in Wimbledon an: "Dies hat sich auch dort bewahrheitet." Der Weg an der Church Road war Mitte Juli noch zu lang für die Powerspielerin, die bei den US Open mit einem Tüll-Kleid antritt - wahlweise in Flieder oder Schwarz.
Pliskova über Williams: "Sie ist immer noch die Stärkste"
Doch Williams scheint im Big Apple wieder ein Stückchen weiter zu sein auf ihrem Weg zurück zu alter Stärke. Im Duell mit der ebenfalls so aufschlagstarken Pliskova gelang der Amerikanerin der erste Erfolg gegen eine Top-Ten-Spielerin seit ihrer Rückkehr im März in Indian Wells. "Und das ist wirklich ein großer Schritt für mich", meinte die ewige Serena: "Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich auf einem Niveau bin, auf dem ich mit diesen tollen Spielerinnen aus den Top Ten konkurrieren kann."
Auch "Ace Queen" Pliskova, die den 13 Assen von Williams im Viertelfinale nur drei eigene entgegensetzen konnte, lobte die Lokalmatadorin. "Es spielt keine Rolle, ob sie an Nummer 17 oder 18 gesetzt ist. Ich denke, sie ist immer noch die Stärkste", betonte die Tschechin und musste einsehen: "Serena schenkt dir einfach nichts und spielt ihr bestes Tennis, wenn es für sie eng wird."
Anastasija Sevastova wartet auf Serena: "Ich muss vorbereitet sein"
Im Halbfinale von Queens bekommt es Williams jetzt überraschend mit Anastasija Sevastova zu tun, die Titelverteidigerin Sloane Stephens (USA/Nr. 3) in der der Runde der letzten acht deutlich in die Schranken wies. Serena ist die haushohe Favoritin. Aber "for granted", wie es die Amerikaner sagen, also selbstverständlich, ist ein Sieg gegen die Weltranglisten-18. aus Lettland für die ehemalige Nummer eins nicht.
"Sie spielt schon sehr lange wirklich gut. Ich kenne ihr Spiel - und sie kennt meines. Anastasija wird viele Bälle zurückbringen, und ich muss darauf vorbereitet sein", erklärte Serena Williams, bevor es am späten Dienstagabend rasch zu Töchterchen Alexis Olympia ging: "Sie ist das Wichtigste in meinem Leben." Die Prioritäten haben sich verschoben, aber der Erfolgshunger ist auch im 21. Profijahr noch immens groß beim "Bigger-than-life"-Sportsuperstar.