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Mailbag zum Saisonstart: Wer kehrt in die Playoffs zurück? Wer wird noch getradet?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zum Saisonstart.
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Mailbag: Welche offensiven Trends bringt die neue Saison?

Sideshow: 2020 hieß es, die Fullbacks sterben aus. Ist 2022 das Jahr, in dem die Fullbacks zurückkommen?

Ich habe die Frage für das übergreifende Thema mit rein genommen - und ja, ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir mehr Fullbacks in der kommenden Saison sehen.

Zunächst mal die Ausgangslage: Letztes Jahr hatten sechs Fullbacks mindestens 150 Snaps in der Regular Season: Reggie Gilliam (Bills/156 Snaps), Keith Smith (Falcons/256), Jakob Johnson (308), C.J. Ham (Vikings/376), Patrick Ricard (Ravens/554) und Kyle Juszczyk (49ers/610). Alec Ingold von den Raiders hatte 135 Snaps, ehe er sich in Woche 10 verletzte, er stünde sonst fraglos ebenfalls in dieser Liste.

Zunächst mal ist es interessant, die gemeinsamen Verknüpfungen herauszulesen: Mit den Falcons, Vikings und 49ers waren drei dieser sechs Teams ganz klar Shanahan-/Kubiak-Offense-Teams, die auf ähnliche Grundstrukturen setzen, mit einem Fokus auf das Run Game und Play Action in Kombination damit. Die Ravens sind nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung in der NFL, mit dem QB-Option-Run-Game als tragender Säule. Teams mit klarer Shanahan-/Kubiak-Identität - Minnesota fällt da jetzt eher raus, dafür kommt Miami neu dazu - werden den Fullback weiter einsetzen. Baltimore ebenfalls, und die Raiders unter Josh McDaniels, der Jakob Johnson aus New England mitbringt, auch.

Damit bleiben aus der Liste die Bills, und hier wird es interessant. Denn Buffalo ist exakt das Team, auf das wir schauen sollten, wenn es darum geht, ob mehr Heavy Personnel Einzug erhalten könnte: Eine Offense, die über die letzten Jahre ganz klar in der Spread-Pass-Heavy-Welt leben wollte, und die letztes Jahr an einige Grenzen gestoßen ist. Nicht so sehr selbstverschuldet, sondern eben weil Defenses sie zunehmend darin limitiert haben, inwieweit die Bills mit dem Passspiel das Geschehen diktieren können. Und die Folge war, dass Gilliam eine größere Rolle erhielt - und das wird sich, davon gehe ich aus, fortsetzen.

Meine Vermutung ist, dass Buffalo generell in puncto Personnel Groupings sehr flexibel spielen will. Letztes Jahr haben die Bills schon mindestens sieben Prozent ihrer Snaps in 11-Personnel (71 Prozent), 12-Personnel (8 Prozent), 21-Personnel (10 Prozent) und 10-Personnel (7 Prozent) gespielt, ich könnte mir vorstellen, dass sich das noch mehr verteilt. Dass die Bills leichte Boxes mit Physis bestrafen werden, gleichzeitig aber aus ihren 21-Personnel-Setups auch in Passing-Formationen gehen können. Da würde es auch reinpassen, dass sie unbedingt einen Receiving-Back haben wollten, und nachdem J.D. McKissic nicht geklappt hat, sie schließlich James Cook im Draft ausgewählt haben.

Und auch die Kansas City Chiefs, die andere Elite-Spread-Offense der letzten Jahre, hatte letztes Jahr Fullback Michael Burton in der Regular Season für 95 Snaps auf dem Platz, 65 dieser Snaps kamen ab Woche 9. Bei den Chiefs kommt der Tyreek-Hill-Abgang noch als gewichtiger Faktor mit dazu, ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir KC mehr in 12- und auch 21-Personnel bekommen in der kommenden Saison.

Bei einem Team wie Arizona, das unter Kingsbury einst auch extrem Spread-lastig war, haben wir bereits letztes Jahr ein Umdenken gesehen. Arizonas Formationen wurden enger, die Cardinals spielten 22 Prozent ihrer Offense-Snaps mit zwei Tight Ends auf dem Feld und auch wenn die Cardinals die Liga immer noch in 10-Personnel-Nutzung anführten, ist davon auszugehen, dass gerade früh in der Saison ohne DeAndre Hopkins häufig zwei Tight Ends gleichzeitig auf dem Platz sein werden.

Während ich bei den Chiefs und Bills zumindest vermute, zu wissen, wo die Reise hingehen könnte, sind die Cincinnati Bengals in dieser Frage für mich die größte Unbekannte. Cincinnati war letztes Jahr offensiv sehr simpel gestrickt, das war eine 11-Personnel-Spread-Offense, die in erster Linie von der individuellen Qualität ihrer Playmaker lebte. Und die Bengals werden von den allermeisten Defenses in der kommenden Saison auch die "Bills-Chiefs-Behandlung" bekommen, also deutlich mehr 2-High-Shells, deutlich mehr Defenses, die zuerst auf Absicherung bedacht sind - welche Antworten hat Zac Taylor parat?

Cincinnati hat keinen Fullback im Kader, 2-Tight-End-Sets mit Hayden Hurst und Drew Sample könnten eine Herangehensweise sein. Aber ich vermute, dass die Bengals vielleicht am ehesten das Team sein werden, das sich (noch?) am wenigsten anpasst. Und dann muss man abwarten, inwieweit das erfolgreich ist.

Henning Dierks: Weil MVP ja den Quarterbacks vorbehalten scheint: Welche Non-Quarterbacks siehst du diese Saison für den Offensive Player of the Year ganz vorne dabei? Gerne auch Favoriten, Sleeper, Breakout-Kandidaten für den OPOY.

Favorit: Colts-Back Jonathan Taylor ist hier der offensichtliche Kandidat, allein weil ich denke, dass die Colts-Line besser spielen wird als im Vorjahr und durch ein signifikant verbessertes Passspiel sollten sich auch mehr Räume ergeben. Taylor wäre meine erste Antwort, Vikings-Receiver Justin Jefferson wäre meine Alternative. Jefferson könnte der dominante Receiver der kommenden Saison werden und in der neuen Vikings-Offense noch variabler eingesetzt werden und noch mehr Bälle fangen.

Sleeper: CeeDee Lamb. Ist nicht einmal in der Top-20 bei den Buchmachern für den OPOY-Award, aber Dallas wird massiv auf ihn angewiesen sein. Ohne Amari Cooper, mit einer geschwächten Offensive Line, vorerst ohne Michael Gallup - es ist nicht auszuschließen, dass Lamb eine gigantische Anzahl an Targets bekommt und das neue Gesicht der Cowboys-Offense kommt. Und dann sprechen wir immer noch über die Cowboys, und wenn Prescott und Lamb die Offense in die Playoffs tragen, kann ich mir Lamb bei diesem Award gut vorstellen.

Breakout-Kandidat: Wenn wir noch eine Stufe tiefer gehen, wie wäre es mit Michael Pittman? Pittman hat sich schon als ein sehr guter Receiver etabliert, womöglich verhilft Matt Ryan ihm zu einem weiteren Breakout und die Colts gewinnen nicht nur die Division, sondern spielen um einen der Top-Seeds in der AFC. Dann könnte Pittman ein Breakout-Kandidat für den Award sein. Chargers-Receiver Mike Williams würde ich hier zusätzlich noch ins Rennen werfen.

Chris Hook: Wird Philadelphia weiterhin so lauflastig bleiben wie letztes Jahr, oder denkst du, der Deal für A.J. Brown deutet darauf hin, dass sie mehr passen?

Ich denke tatsächlich, dass die Eagles schon letztes Jahr den Ball werfen wollten. So sah es in der Frühphase der Saison aus, bis sie merkten, dass das noch nicht funktionierte, und sie sich stärker auf das Quarterback Option Run Game verlagerten. Das hat ihren Floor letztes Jahr signifikant erhöht, aber jetzt geht es eben darum, die Offense auf die nächste Stufe zu heben. Deswegen tradet man für A.J. Brown, und das ist genau das, was man von Jalen Hurts jetzt sehen will.

Insofern vermute ich, dass Brown derjenige ist, der das Passspiel öffnen soll, wie sie es sich in Philadelphia in der Theorie bereits letztes Jahr schon vorgestellt hatten. Von Woche 1 bis 6 waren die Eagles auf Platz 5 in puncto Pass-Rate in neutralen Spielsituationen. Von Woche 7 bis 18? Platz 30. Hier war ein klarer Bruch, ein klarer Shift erkennbar.

Also ja, ich denke, dass dieser Trade darauf hindeutet, dass sie den Ball mehr werfen werden. In gewisser Weise als logische Fortsetzung dessen, was wir, im Gesamtbild betrachtet, letztes Jahr schon gesehen haben; das, was sie machen wollen, und es ist ein klares Lob an den Trainerstab, dass man sich während der Saison derart umstellen konnte.

Kann Hurts das umsetzen? Dann könnte er eine längere Quarterback-Antwort sein. Kann er das nicht, sollten die Eagles das zumindest klar wissen nach dieser Saison.

Bayerniner295: Am ersten Spieltag gibt es immer dicke Überraschungen. Welche Duelle könnten deiner Meinung nach die größten Upsets werden?

Ich bin mal nach den Quoten gegangen und habe aufbauend darauf ein paar Upsets ausgesucht, die ich mir vorstellen könnte:

  • Die Detroit Lions sind zuhause 4-Punkte-Underdog gegen die Philadelphia Eagles. Der Eagles-Hype-Train ist mit Volldampf unterwegs - aber vielleicht braucht das neue Passspiel noch etwas Zeit? Vielleicht braucht die neue Defense etwas, ehe alle Mechanismen sitzen? Und vielleicht sind die Lions ein überdurchschnittlich unangenehmer Gegner?
  • Eine der größten Week-1-Überraschungen wäre es, würden die Seattle Seahawks zum Abschluss des Spieltags die Denver Broncos schlagen. Denver ist auswärts Favorit mit 6,5 Punkten, und alle Augen werden natürlich auf die Rückkehr von Russell Wilson gerichtet sein. Hier wird jede Menge Emotionalität im Spiel sein, und natürlich hat Denver viel mehr individuelle Qualität, deshalb sind die Broncos auch der klare Favorit. Doch ist das erste Spiel von Wilson in Denver unter einem Rookie-Head-Coach auch eine potenzielle Wundertüte, und vielleicht hat Pete Carroll gerade für dieses Spiel ein paar Ideen im Hinterkopf.

Es wird Überraschungen am ersten Spieltag geben, da sind wir uns einig. Wichtig ist dann natürlich, diese dann richtig einzuordnen.

Die Week-1-Klatsche im Vorjahr der Packers in New Orleans spielte am Ende genauso wenig eine Rolle im Big Picture der Saison wie die überraschende Niederlage der Bills gegen Pittsburgh. Der überraschend starke Auftritt der Eagles gegen Atlanta dagegen war ein Vorzeichen auf die weitere Saison.

Es wird Zeit, dass es losgeht!

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