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Draft-Preview: Die Defense im Überblick - ist Hutchinson oder Thibodeaux besser?

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt auf die Top-Prospects in der Defense-Klasse.
© getty

Die diesjährige Draft-Klasse mag nicht mit den absoluten Elite-Talenten aufwarten - aber das heißt nicht, dass es keine guten Spieler gibt, auch für einen hohen Pick. Das gilt insbesondere für die defensive Seite des Balls: SPOX-Redakteur Adrian Franke nimmt die drei Defense-Level im Draft unter die Lupe, mit Fokus auf die Top-Talente sowie die Art und Weise, wie die Draft-Klasse in die moderne NFL passt.

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1. Edge-Rusher: Wer ist denn jetzt der Beste?

In gewisser Weise steht die Edge-Rusher-Klasse symptomatisch für die diesjährige Draft-Klasse - mit einer Beobachtung, die sich so auch über die Quarterbacks, die Wide Receiver, die Linebacker, die Tight Ends und mehrere weitere Positionen treffen lässt: Es gibt Qualität in der Breite für Tag 1 und Tag 2; doch das absolute Ausnahmetalent in der Spitze fehlt.

Dieser Draft hat keinen Myles Garrett, Chase Young oder Nick Bosa zu bieten. Genau wie es keinen Ja'Marr Chase, Trevor Lawrence, Kyle Pitts oder Micah Parsons gibt. Auf der anderen Seite aber wird die Qualität zwischen Mitte der ersten und etwa Mitte der dritten Runde andere Draft-Jahrgänge in den Schatten stellen.

Und das lässt sich wunderbar wieder auf die Edge-Gruppe zurückdrehen. Zehn Edge-Verteidiger haben bei mir Grades innerhalb der ersten beiden Runden bekommen, dazu kommen vier Defensive Tackles.

Die Konversation dreht sich dabei natürlich in erster Linie um die Spitze: Ist Aidan Hutchinson der beste Spieler im Draft? Wen sollten die Jaguars an 1 draften? Ist der Hype um Travon Walker berechtigt?

Aber die echte Qualität insbesondere der Edge-Klasse liegt darin, dass man - je nach Geschmack - hochspannende Starter bis etwa Ende der zweiten Runde findet.

Ist der Hype um Travon Walker gerechtfertigt?

Die Edge-Gruppe hatte mehrere der größten Draft-Board-Riser dieser Klasse zu bieten - Spieler, die seit Saisonende bis jetzt am meisten geklettert sind. Boye Mafe, Jermaine Johnson, und natürlich Travon Walker stechen hier heraus.

Insbesondere wenn Edge-Rusher, bei denen sich mit schierer Athletik vergleichsweise viel auf dem nächsten Level machen lässt, derart außergewöhnlich testen wie Walker oder auch Mafe, dann werden Teams hellhörig.

Wir hatten einen ähnlichen Fall mit Odafe Oweh im Vorjahr, der dann Ende der ersten Runde nach Baltimore ging - das wäre auch der Bereich, in dem ich Walker und Mafe draften würde. Letzterer wird vermutlich auch in der Range gehen; bei Walker hat sich längst handfester Top-5-Hype etabliert.

Das halte ich für deutlich zu hoch. Er ist als Pass-Rusher noch unterentwickelt bis mitunter planlos, und selbst die Elite-Athletik überträgt sich nur vereinzelt auf sein Spiel, wenn man beispielsweise auf seinen Get-Off schaut.

Ja, er wurde bei Georgia nicht gerade wie der klassische Edge-Rusher eingesetzt, aber im Moment sehe ich ihn auch noch nicht in dieser Rolle. Ich sehe Walker eher in einer Rolle wie Jadeveon Clowney, ein Elite-Run-Verteidiger mit solider Pass-Rush-Production, der auch mal nach innen rücken kann, aber der nie der Elite-Pass-Rusher wird.

Die Pass-Rush-Spezialisten

Nik Bonitto - der mich sehr an Haason Reddick erinnert - und David Ojabo sind dann schon deutlich Scheme-spezifischer. Beide müssen eher im Raum eingesetzt werden, in einer Defense, die ihre Explosivität und Agilität auch schematisch durch Stunts und dergleichen betont.

Ojabo, der erst seit rund fünf Jahren Football spielt und letztes Jahr herausragendes Potenzial gezeigt hat, könnte nach seinem beim Pro Day erlittenen Achillessehnenriss aus der ersten Runde rausfallen. Ich sehe beide zunächst einmal als Pass-Rush-Spezialisten, die in der richtigen Defense aber auch früh - bei Ojabo natürlich relativ gesehen - einen Impact haben sollten.

Beide aber würde ich bevorzugt in einer aggressiven, sehr flexiblen Defense sehen. In dieser Rolle glänzte Reddick, um bei dem Beispiel zu bleiben, 2020 in Arizona und 2021 in Carolina, die Giants unter Don Martindale könnten in eine ähnliche Richtung gehen, Tampa Bay unter Todd Bowles und vielleicht auch die Steelers könnte ich mir für solche Spielertypen ebenfalls vorstellen.

Alternativ gibt es die Power-Rusher, wie George Karlaftis und Jermaine Johnson. Johnson war einer der großen Draft-Riser, insbesondere mit einem spektakulären Senior Bowl. Und beide passen exzellent in eine moderne Front, weil sie beide auch den Run verteidigen können.

Thibodeaux oder Hutchinson: Wer ist besser?

Zurück zur Eingangsprämisse: Es gibt in dieser Klasse keinen Myles Garrett oder Chase Young - also ein Prospect, das im College dominiert hat und Elite-Traits mitbringt. Wenn ich auf einen Edge-Rusher in dieser Hinsicht setzen müsste, dann wäre es Thibodeaux.

Hutchinson und Thibodeaux haben relativ ähnlich getestet, mit leichten Vorteilen in puncto Speed und Explosivität bei Thibodeaux, sowie leichten Vorteilen in puncto Agilität bei Hutchinson. Etwas, das das Tape nur bedingt widerspiegelt - Thibodeaux hat mehr Snaps, bei denen er seinen tollen Get-Off mit Bender-Qualitäten kombiniert als Hutchinson.

Hutchinson ist vermutlich einer der sichersten Spieler im Draft, aber er hat nicht das Top-Ceiling. Diese Athletik hat er zwar in den Tests gezeigt, aber in der Form nicht auf Tape, und der Mangel an Länge wird in der NFL mehr Hürden mitbringen. Thibodeaux hat diese Upside, er hat die Bender-Qualitäten. Er ist noch roher als Hutchinson, aber ich sehe ihn nicht so weit weg, dass ich Hutchinson für den Floor höher einsortieren würde.

Und in der Hinsicht wird der Nummer-1-Pick für die Jaguars dann auch zur Big-Picture-Frage: Sollte der Nummer-1-Pick vor allem einen Spieler auf einer Premium-Position einbringen, der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen Impact haben wird? Oder soll man auf die größte Upside geben? Die Vorgeschichte von Trent Baalke legt Letzteres nahe - weshalb ich auch nicht vermute, dass die Travon-Walker-Gerüchte bis zum Draft abreißen werden.

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