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Free Agency: Rekordvertrag in Los Angeles, irre Patriots-Shoppingtour

SPOX begleitet die erste Free-Agency-Woche im täglichen LIVE-Ticker!
© getty

Tag 1 der Free Agency hatte so einige Überraschungen zu bieten, allen voran die unerwartet wilde Shoppingtour der New England Patriots. Auch mehrere Offensive Linemen kassieren kräftig ab, während die Wide Receiver weitestgehend noch die Füße stillhalten. Wir bringen euch nach dem ersten Tag auf Stand und fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

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Das Shopping-Spektakel der New England Patriots

Potenziell übrige Fragen darüber, ob die Patriots womöglich ein Übergangsjahr angehen und den Kader mit der langfristigen Perspektive von Grund auf neu aufbauen wollen, können mit dem ersten Tag der Free Agency zu den Akten gelegt werden. Dieses Team brauchte unbestreitbar jede Menge neues Talent - und Bill Belichick war gewillt, dafür auch Premium-Preise zu bezahlen.

Die Tendenz in die Richtung war schon absehbar, mit dem Trade für Trent Brown, dem neuen Vertrag für Cam Newton, auch wenn es sich dabei im Kern um Backup-Quarterback-Geld handelt. Doch was dann in den ersten Stunden der Free Agency passierte, übertraf all das um mehrere Stufen.

Die Patriots sorgten für die beiden ersten großen Ausrufezeichen dieser Free Agency, mit Ex-Titans-Tight-End Jonnu Smith sowie Ex-Ravens-Edge-Rusher Matt Judon. Beide sind zunächst einmal exzellente Scheme-Fits: Smith gibt New England eine dringend benötigte, dynamische Playmaker-Waffe. Ein Tight End, der gefährlich nach dem Catch ist und auch eine Red-Zone-Präsenz mitbringt, die New England so im Vorjahr schlicht nicht hatte.

Es ist auch ein Eingeständnis dahingehend, dass man letztes Jahr nicht genug für das offensive Waffenarsenal gemacht hat und dass die beiden Drittrunden-Tight-Ends Devin Asiasi und Dalton Keene womöglich nicht die beste Wahl waren. Beide hatten als Rookie quasi keinen Impact.

Auch Judon passt ideal in die Defense. Der Ex-Raven ist kein Nummer-1-Edge-Rusher, bringt aber dafür die Flexibilität mit, um in einer komplexen, vielseitigen Front zu spielen - genau das wollen die Patriots sein. Hier können sie Judon herumschieben und ihm Eins-gegen-Eins-Duelle kreieren, wo der wiederum am besten aussieht.

Er bringt auch die Athletik mit, um mal einen QB-Spy zu geben oder sich in Coverage zurückfallen zu lassen: Unter Edge-Rushern mit mindestens 1.000 Pass-Defense-Snaps seit 2016 hat er die dritthöchste Coverage-Snap-Quote (27 Prozent). Und New England brauchte auch hier dringend Upgrades.

Judon, Smith, Agholor: Patriots überraschen mit teuren Deals

Doch in beiden Fällen sind die Verträge enorm. Smith erhielt 4 Jahre, 50 Millionen Dollar und davon 31 Millionen garantiert. Platz 3 unter Tight Ends was das durchschnittliche Jahresgehalt angeht, Platz 2 in puncto Garantien. Judon (4 Jahre, 56 Mio. Dollar, 32 Mio. Dollar garantiert) landet bei den Garantien nur knapp hinter Tampas Shaq Barrett.

Auch Defensive Tackle Davon Godchaux, der aus Miami kommt, ist ein Scheme-Fit und erfüllt einen Need: New England braucht die massiven Spieler in der Mitte der Defensive Line, um Räume zu besetzen und Platz für die Mitspieler zu kreieren. Doch zwei Jahre und bis zu 16 Millionen Dollar sind auch für Godchaux ein stolzer Preis.

Das gilt fraglos ebenfalls für Jalen Mills. Mills besticht durch seine Vielseitigkeit, kann Corner, Safety und mehrere Rollen in der Box ausfüllen - doch auf einem sonderlich hohen Level hat er das in Philly selten gemacht. Vier Jahre, 24 Millionen Dollar und davon 9 Millionen garantiert dürfte kaum jemand bei Mills erwartet haben.

Ex-Raiders-Receiver Nelson Agholor rückt in die Damiere-Byrd-Rolle und sollte ein klares Upgrade darstellen - aber für zwei Jahre und bis zu 26 Millionen Dollar (Base-Value: je elf Millionen Dollar pro Jahr) ist auch das ein über die Maßen unerwartet teurer Deal. Kendrick Bourne (3 Jahre, bis zu 22,5 Mio. Dollar) war dann so etwas wie die Spitze des Eisbergs.

Die Patriots haben extrem viele sehr teure Entscheidungen zum Start der Free Agency getroffen. Ein ungewohntes Gefühl, waren die Pats doch meist eher das Team, das diese Phase der Free Agency aussitzt und dabei zuschaut, wie andere Teams Geld ausgeben, während man selbst Compensatory Draft Picks einsammelt.

Vielleicht aber zeigt dieser Start in die Free Agency, dass Bill Belichick es einfach kurzfristig - und womöglich mit dem Karriereende am Horizont - noch einmal wissen will. Notfalls auch mit der Brechstange.

Los Angeles Chargers verpflichten Corey Linsley

Ligaweit ging vermutlich kein Team mit mehr O-Line-Baustellen in diese Offseason als die Chargers - und das in einer Phase, in der L.A. eigentlich anfangen sollte, ein starkes Team um Justin Herbert herum aufzubauen, um so ein mögliches Titelfenster zu öffnen.

Diese beiden Faktoren zusammengenommen erklären auch, warum die Chargers bei Linsley nicht zurücksteckten: Berichten zufolge bot sich L.A. insbesondere mit den Arizona Cardinals bis zum Schluss ein Wettbieten um Linsley und stach die Cardinals letztlich aus. Der All-Pro-Center verständigte sich mit den Chargers auf einen Fünfjahresvertrag über 62,5 Millionen Dollar, welcher ihn zum bestbezahlten Center der Liga macht.

Davon sind 26 Millionen Dollar über die ersten beiden Jahre fällig, das ist auch die Garantie-Summe. 36,5 Millionen werden in den ersten drei Jahren fällig. L.A. behält so langfristige Flexibilität mit diesem Vertrag und kann relativ früh wieder raus aus dem Deal.

Die Chargers-O-Line derweil ist in ihrer Restauration noch längst nicht abgeschlossen, doch diese Verpflichtung ist eine immens wichtige erste Säule.

Shaq Barrett bleibt in Tampa - auch Gronk verlängert

Die Buccaneers haben es tatsächlich geschafft - alle drei Top-Free-Agents bleiben in Tampa Bay. Nachdem die Bucs Wide Receiver Chris Godwin bereits den Franchise Tag gegeben und Linebacker Lavonte David mit einem kurzfristigen Vertrag abermals gebunden hatten, folgte der dickste Fisch wenige Minuten nach dem Start der Free Agency.

Edge-Rusher Shaq Barrett unterschreibt für vier Jahre und bis zu 72 Millionen Dollar, davon sind "nur" 36 Millionen garantiert - gerade einmal vier Millionen mehr als Matt Judon von den Patriots garantiert erhält. Es ist ein überraschend günstiger Deal, im Vergleich: Platz 8 unter Edge-Rushern was das durchschnittliche Jahresgehalt angeht. Ein leistungsgerechter Vertrag - und die sind bei den High-End-Free-Agents meist eher selten.

Ähnlich wie bei Lavonte David und auch bei der Vertragsverlängerung von Tom Brady schieben die Bucs den Cap Hit in spätere Jahre. Barretts Vierjahresvertrag erhält ein fünftes Void-Jahr aus Cap-Gründen, sein Cap Hit 2021 beträgt gerade einmal 5,6 Millionen Dollar. Die Bucs sind komplett All-In für ihr weiteres Titelfenster mit Brady, die Rechnung folgt dann später.

Das beinhaltet auch Rob Gronkowski, der wie erwartet einen neuen Einjahresvertrag bei den Buccaneers unterzeichnet. Der kann maximal zehn Millionen Dollar wert sein, und auch Gronk unterschreibt einen Vertrag mit mehreren Void-Jahren hinten dran, um den Cap Hit 2021 auf 4,8 Millionen Dollar zu drücken.

Kansas City Chiefs verpflichten Guard Joe Thuney

Die Chiefs hatten am Montagmorgen finanziellen Spielraum geschaffen, indem nach Mahomes auch die Verträge von Travis Kelce und Chris Jones umstrukturiert wurden - dieses Geld floss dann direkt in die größte Baustelle, die Offensive Line: Ex-Patriots-Guard Joe Thuney unterschreibt für fünf Jahre und satte 80 Millionen Dollar (48 Mio. garantiert) beim amtierenden AFC-Champion.

Spannend ist die Verpflichtung auch deshalb, weil die Chiefs nahezu die gesamte Offensive Line generalüberholen müssen. Von den Tackles Eric Fisher und Mitchell Schwartz hatte sich das Team jüngst getrennt, Center Austin Reiter ist Free Agent - dennoch steckt KC jetzt in nur eine Guard-Position 16 Millionen Dollar pro Jahr.

Die Chiefs haben Lucas Niang in der Hinterhand, der Vorjahres-Drittrunden-Pick spielte in seiner Rookie-Saison keinen Snap, nachdem er sich für den Corona-Opt-Out entschieden hatte. Doch auch das ist eine Wildcard an diesem Punkt. Man muss davon ausgehen, dass Kansas City hier inklusive dem Draft noch mehrfach aktiv werden wird. Bis zur Thuney-Verpflichtung hatten sich Berichte gehalten, wonach Kansas City um Niners-Tackle Trent Williams mitgeboten hat.

Jets einigen sich mit Wide Receiver Corey Davis

Wer der Quarterback bei den New York Jets sein wird, ist noch offen - zumindest aber wird der ein zunehmend besseres Waffenarsenal vorfinden: Die Jets haben sich mit Ex-Titans-Receiver Corey Davis auf einen Dreijahresvertrag über bis zu 37,5 Millionen Dollar geeinigt. Davon sind 27 Millionen Dollar garantiert.

Davis kommt damit in eine Receiving-Gruppe mit Slot-Receiver Jamison Crowder und Vorjahres Rookie Denzel Mims. Es wird spannend sein zu sehen, wie New York die Rollen dieser Receiver letztlich aufteilt, denn ein echter Nummer-1-Receiver ist Davis nicht. Doch in der Shanahan-geprägten Offense er sollte sich aus Titans-Tagen mehr als wohl fühlen.

Safety John Johnson geht nach Cleveland

Eine Verpflichtung, die wie die Faust aufs Auge passt. Die Browns wollen defensiv flexibler spielen, auch mehr Dime-Personnel - also mit sechs Defensive Backs - spielen und generell drei Safeties gleichzeitig aufbieten können. John Johnson war aus einer starken Safety-Free-Agency-Gruppe derjenige, der in eine solche Rolle am besten passt.

Der Ex-Ram ist kein Safety, der in eher statischen Defenses einen Spot besetzen sollte, sondern der am besten aufgehoben ist, wenn er flexibel eingesetzt und herumgeschoben werden kann.

Das ist Cleveland über 3 Jahre 33,75 Millionen Dollar (davon 24 Millionen Dollar garantiert) wert. Johnson sollte Clevelands Secondary auf einen Schlag deutlich verbessern, er könnte ein hochspannendes Duo mit Vorjahres-Zweitrunden-Pick Grant Delpit bilden und im Trio dann noch mit Ronnie Harrison agieren.

Pass-Rusher Romeo Okwara bleibt in Detroit

In den ersten Stunden der Free Agency waren es die Pass-Rusher, die die Schlagzeilen machten. Shaq Barrett, Matt Judon - und Romeo Okwara.

Nur sechs Edge-Rusher hatten letztes Jahr mehr als 60 Quarterback-Pressures, aus diesem kleinen Kreis schafften nur Joey Bosa und Romeo Okwara dieses Kunststück mit weniger als 430 Pass-Rush-Snaps. Okwara ist erst 25 Jahre alt und bringt das Talent mit, eine sehr solide Nummer 2 zu werden - das sah offenbar auch das Team, das ihn am besten kennen müsste.

Kurz nach dem Start der Free Agency einigten sich die Detroit Lions mit Okwara auf einen neuen Dreijahresvertrag über 39 Millionen Dollar. Ein stolzer Preis, zumal in Kombination mit der kurzen Vertragslaufzeit, welche es dem Edge-Rusher erlaubt, noch deutlich vor seinem 30. Geburtstag nochmals auf den Markt zu kommen. Detroit, dessen Kader vielerorts geradezu nach einem Umbruch schreit, hält eines seiner jungen Talente.

Free Agency: Weitere Deals im Schnelldurchlauf

  • Die Las Vegas Raiders mussten dringend etwas für ihren Pass-Rush machen, ein erster Schritt ist getan: Yannick Ngakoue kommt aus Baltimore und unterschreibt für zwei Jahre und bis zu 26 Millionen Dollar. Ngakoue wird in Las Vegas mit dem neuen Defensive Coordinator Gus Bradley wiedervereint, beide kennen sich noch aus Jacksonville.
  • Teuer wirkt auf den ersten Blick der Vertrag von Leonard Floyd. Der Edge-Rusher bleibt bei den Rams - und kassiert über 4 Jahre bis zu 64 Millionen Dollar. Fraglos eine stolze Summe für einen Spieler, der seinem hohen Draft-Status nie gerecht wurde, eher durch Inkonstanz auffiel und letztlich eine gute Saison in der Defense von Brandon Staley abliefern konnte. Die aber hatte es in sich, mit persönlichen Karriere-Bestwerten in Pressures und Sacks. Können die Rams das auch mit einer neuen Defense konstant aus ihm heraus bekommen?
  • Die Denver Broncos haben doppelt für die Defense zugeschlagen. Nachdem sich Denver jüngst von Cornerback A.J. Bouye getrennt hatte, übernimmt ein anderer Routinier dessen Platz: Ronald Darby kommt aus Washington und unterschreibt für 3 Jahre und 30 Millionen Dollar (19,5 Mio. garantiert). Außerdem halten die Broncos All-Around-Defensive-Tackle Shelby Harris. Harris erhält einen neuen Dreijahresvertrag über bis zu 27 Millionen Dollar.
  • Die Carolina Panthers fielen mit einer merkwürdigen Vorgehensweise auf: Die Panthers einigten sich mit Cam Erving (2 Jahre, 10 Mio. Dollar, 8 Mio. garantiert) sowie mit Pat Elflein (3 Jahre, 3,5 Mio. Dollar, 6 Mio. garantiert). Beide eher Kategorie 3 (oder noch weniger) unter den Offensive Linemen, gerade Elflein war auch letztes Jahr eine massive Enttäuschung. Aus irgendeinem Grund priorisierten die Panthers diese Lineman-Kategorie aber ganz offensichtlich.
  • Die San Francisco 49ers dagegen legten ihre Priorität auf die eigenen Free Agents. Nach Kyle Juszczyk und Emmanuel Moseley erhielt auch Jason Verrett einen neuen Vertrag. Während Juszczyk den mit Abstand besten Fullback-Vertrag der Liga abräumt, unterschreibt Verrett abermals für ein Jahr. Der Deal beläuft sich auf 5,5 Millionen Dollar, eine weitere Million ist durch Boni-Zahlungen möglich. Der überraschendste Niners-Deal kam dagegen von außerhalb: Ex-Rams-Linebacker Samson Ebukam kommt für zwei Jahre und bis zu 13,5 Millionen Dollar.
  • Die New Orleans Saints haben sich mit Jameis Winston auf einen neuen Einjahresvertrag in Höhe von bis zu zwölf Millionen Dollar geeinigt. Er geht damit in einen offenen Wettkampf mit Taysom Hill für den Starting-QB-Spot.
  • Das Washington Football Team hat seinen Übergangs-Quarterback gefunden! Ryan Fitzpatrick kommt aus Miami und wird einen Einjahresvertrag im Wert von zehn Millionen Dollar erhalten. Maximal kann er in der Hauptstadt zwölf Millionen Dollar kassieren.
  • Die Cincinnati Bengals haben sich mit Edge Rusher Trey Hendrickson von den New Orleans Saints auf einen Vierjahresvertrag in Höhe von 60 Millionen Dollar geeinigt. Über die ersten zwei Jahre wird er 32 Millionen Dollar verdienen.
  • Ex-Bengals-Edge-Rusher Carl Lawson wiederum hat sich den New York Jets angeschlossen. Er erhält einen Dreijahresvertrag in Höhe von 45 Millionen Dollar, 30 Millionen sind davon garantiert. Maximal kann er dort 47,1 Millionen Dolalr verdienen.
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