Nr. 4: James Harden bleibt mindestens bis zur Trade Deadline in Houston
Nicht in der Konversation auftauchen dürfte bis auf Weiteres der Spieler, der in den vergangenen vier Jahren mehr MVP-Stimmen erhalten hat als jeder andere, denn Harden hat seinem Team in der Offseason eher keine Gefallen getan. Die Frage ist, ob der 31-Jährige durch sein Verhalten und die singulären Trade-Forderungen nicht auch sein eigenes Blatt überreizt hat.
Dass Harden weg will, ist insofern verständlich, dass die Organisation unter Tilman Fertitta ein immer schlechteres Bild abgibt, allerdings hat Harden durch seine Forderung, Russell Westbrook für Chris Paul einzutauschen, nicht zuletzt selbst dazu beigetragen. Wie dem auch sei: Der Markt für den 2018er MVP scheint schlichtweg nicht so groß zu sein, wie er vielleicht selbst angenommen hatte.
Teilweise ist das vielleicht gewollt: Durch die Nennung insbesondere der Nets sollten andere Teams abgeschreckt werden. Andererseits hat Harden mindestens noch zwei Jahre Vertrag. Gäbe es ein Team, das sich sicher wäre, mit ihm innerhalb dieser zwei Jahre Meister werden zu können (etwa wie Toronto mit Leonard), würde es sich wohl nicht davon abschrecken lassen, dass es nicht auf einer von Shams Charania veröffentlichten "Wunschziele"-Liste steht.
Warum gibt es dieses Team (bisher) nicht? Harden gehört unbestritten zu den besten NBA-Spielern - aber er steht auch für einen bestimmten Stil, der nicht viele Kompromisse zulässt. Wer Harden jetzt holt, hofft entweder darauf, dass dieser sich an alte OKC-Zeiten erinnert und eine gewisse Anpassungsfähigkeit zeigt - oder ermöglicht Harden ein für ihn passendes Umfeld, bei dem sich alles seinem Isolations-lastigen Stil unterordnet.
Teams wie Miami, das von Harden genannt wurde, etwa sind nah dran am Titel und hätten theoretisch die Assets. Nur: Die eigens kreierte Kultur und Spielweise widerspricht der von Harden - ungeachtet dessen Verhaltens abseits des Courts - nahezu komplett. Wieviel fügt man hier also hinzu und wieviel nimmt man sich selbst durch einen solchen Trade?
Diese Kalkulation scheint derzeit nicht pro Harden auszufallen, auch nicht bei anderen Teams. Jetzt ist es vermutlich ohnehin zu spät dafür und besagte Teams dürften wie gehabt in die Saison gehen, um zu evaluieren, wo man wirklich steht. Vielleicht wird dann jemand wie Philly im Saisonverlauf nochmal aktiv, vielleicht aber eben auch nicht.
Harden ist ein überragender Spieler, vielleicht der beste Offensivspieler der Welt. So jemand kommt nahezu nie auf den Markt. Dass sich die Situation um seinen Trade-Wunsch so schwierig gestaltet, ist trotzdem kein Zufall.
Nr. 5: Nicht James Harden, sondern PJ Tucker landet in Brooklyn
Noch einmal nach Houston! Harden ist dort schließlich nicht der einzige unzufriedene Akteur, auch sein Teamkollege PJ Tucker ist frustriert ob der Situation. Speziell was seinen Vertrag angeht: Der Veteran geht in sein letztes Vertragsjahr, Wertschätzung in Form einer vorzeitigen Vertragsverlängerung wurde ihm bisher aber nicht gezeigt.
Vielleicht haben die Rockets Bedenken, dass der Forward die enorme Last der vergangenen Jahre bald einholen wird, schließlich ist er mittlerweile auch schon 35 Jahre alt. Das wäre gerechtfertigt, schließlich wissen die Rockets nicht, ob sie kurz vorm Rebuild stehen. Das könnte aber auch dazu führen, dass Tucker das Team bereits vor Harden verlässt.
Seine Vertragssituation ist nämlich überhaupt nicht kompliziert - 8 Mio. Dollar kann jedes interessierte Team matchen. Houston wird vermutlich Draft-Kompensation haben wollen, allzu hoch wird der ausgerufene Preis bei dem auslaufenden Vertrag eines Veteranen aber nicht sein. Es sei denn, interessierte Teams bieten sich gegenseitig hoch.
Bei Tucker gibt es wenige Bedenken, ob er in irgendein System reinpasst. Der Ex-Bamberger ist ein bärenstarker, vielseitiger Verteidiger, der den Dreier zumindest aus der Ecke sauber trifft, stets vollen Einsatz gibt und keine Ansprüche auf irgendwelche anderen Abschlüsse stellt. Das ist nahezu der perfekte moderne Rollenspieler.
Gerade im Osten dürften sich da einige Teams für interessieren. Boston etwa hat nun zwar Center, aber hinter den Jungstars Tatum und Brown kaum noch gestandene Flügelspieler, und eine saftige Trade Exception. Ein noch natürlicherer Fit wären die Nets.
Diese schielen zwar auf den "dritten Star", an Star-Power mangelt es jedoch nicht - eher an guten Rollenspielern, die ohne Ball in der Hand effektiv sind und verteidigen können. Ein Trade für Tucker statt Stars wäre nicht der beste Fantasy-, aber vielleicht der beste echte Basketball-Move.
Nr. 6: Die Warriors verpassen die Playoffs
Als Verlierer der Offseason standen die Dubs schon mit der Verletzung von Klay Thompson fest, auch wenn sich in der Zeit danach noch einiges verändert hat und Golden State unter anderem mit Kelly Oubre und Nr.2-Pick James Wiseman nachlegen konnte. Wahrscheinlich hat GM Bob Myers sogar das Maximum aus der Situation herausgeholt. Und trotzdem könnten auch die 2021er Playoffs wieder ohne die einstige Dynastie stattfinden.
Klar, mit Stephen Curry und Draymond Green stehen zwei künftige Hall-of-Famer zur Verfügung, gerade Curry wird sich für diese Saison nach dem Jahr Pause sehr viel vorgenommen haben. Auch um die beiden herum gibt es unwidersprochen Talent. Aber ob sich die vielen neuen Teile zu einem produktiven Gefüge zusammenfügen lassen, ist noch nicht klar.
Offensiv sollte zumindest in den Minuten von Curry stets eine gewisse Klasse gewährleistet sein. Oubre, Andrew Wiggins und auch Wiseman sind hochathletisch und potenziell Waffen im Fastbreak, weshalb Steve Kerr sicherlich versuchen wird, sein Team zum Laufen zu animieren. Gerade im Halbfeld werden sich die Dubs aber extrem von früheren Versionen unterscheiden.
Kerrs beste Teams lebten von individueller Klasse, Shooting sowie intuitivem Ball- und Player-Movement, die dafür nötige Spielintelligenz haben drei der fünf wahrscheinlichen Starter aber noch nicht unter Beweis stellen können. Eventuell entwickelt sich die Offense mehr hin zu Pick'n'Rolls mit Curry als Ballführendem, der seine Kollegen in Szene setzt, auch wenn das bisher selten Kerrs präferierter Spielzug war.
Das Problem dabei ist jedoch, dass Curry der einzige richtig gute Shooter dieses Lineups ist. Oubre und Wiggins können zwar Dreier treffen, hochprozentig haben das beide aber noch nie getan, zudem neigen sie jeweils zu schwierigen Würfen aus dem Dribbling statt Rhythmus-Würfen. Das ist eine Herausforderung ... mit dem besten Shooter der NBA-Geschichte AUF dem Court.
Und ohne ihn? Der aus Boston geholte Brad Wanamaker ist ein solider Backup, aber kein Playmaker. Das sind die anderen verfügbaren Spieler auch nicht; gerade Wiggins kann zwar zumindest für sich kreieren, ist dabei aber nicht der effizienteste Spieler. Draymond ist ein toller Passer, sein eigener Abschluss wird aber wenig bis gar nicht respektiert.
Defensiv wiederum hängt unheimlich viel davon ab, dass Green sein eigenes Niveau wieder auf 2019er Zeiten bringt, als er der wohl beste Verteidiger der Postseason war. Vergangene Saison war er meilenweit davon entfernt. Er und Curry sind gewissermaßen dafür verantwortlich, dass die neuen Spieler sich eingliedern, die Systeme lernen und eine gewisse Siegermentalität annehmen.
Das kann theoretisch alles funktionieren, wie erwähnt ist das Team keinesfalls talentlos. Im tiefen Westen können sich die Warriors allerdings speziell von Curry nahezu gar keine Pausen erlauben.