"Ich hab, ich hab, ich hab Polizei"

Von Marc Hauser
Marcel Reif feiert ausgelassen mit seinen Anhängern den Gewinn des "Goldenen Bela Rethy"
© getty

Das Jahr 2015 ist vorüber und damit ist es auch für den etwas anderen Wochenrückblick an der Zeit, zurückzuschauen. Unterm Strich steht mal wieder ein sehr ereignisreiches Jahr mit dem wohl spannendsten Abstiegskampf aller Zeiten, neuen Rekorden, sowie dem ersten Doppelpack von Sandro Wagner seit gefühlt immer. Wer eine chronologische Übersicht über das Fußballjahr 2015 erwartet, ist hier fehl am Platz. Wer aber wissen will, wer die unnötigste PK des Jahres gab oder wer der beste Kommentator war, ist genau richtig.

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1. Vor Gericht Ein höchst interessantes Jahr war es wieder einmal für die Fußballverbände. FIFA-Skandal, UEFA-Skandal, WM-Skandal. Man fühlte sich fast wie bei einer Dokumentation über das Leben von Silvio Berlusconi. Doch endlich wurden auch mal die verantwortlichen Personen zur Rechenschaft gezogen! So wurden zum Beispiel der allseits beliebte FIFA-Präsident Sepp Blatter sowie Michele Platini von der FIFA-Ethikkommission für acht Jahre gesperrt. Ungeklärt bleibt leider weiterhin die Frage, wer denn nun von den beiden die Rolle des Franz Oberhauser des Fußball-Business als Ober-Schurke einnimmt. Blatters Meinung zu dem Urteil: "Als guter Christ muss ich sagen: Was die Ethikkommission mit mir macht, ist wie Inquisition." Warum vergleicht er sich nicht gleich mit Jim Gordon, der sich vor Jonathan Cranes Scheingericht zwischen Tod oder Exil entscheiden muss? Diese Ethikkommission wurde übrigens von Blatter selbst ins Leben gerufen. Um Korruption aufzudecken. Klassischer Fall von dumm gelaufen. Oder wie es Danton so schön formuliert hat: Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.

2. Amnesie Auch beim DFB war Schluss mit dem Saubermann-Image als herauskam, dass unser Sommermärchen 2006 angeblich gekauft gewesen sein soll. Mittendrin: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und unser unantastbarer Kaiser Franz. Während Niersbach aus einer Pressekonferenz zum Skandal einen Dokumentationsstreifen über Amnesie machte, stellte sich der Kaiser ehrenhaft den Medien. Er habe in der Schweiz keine einzige schwarze Kasse gesehen und die betroffenen Verträge habe er sich auch nicht durchgelesen, da er bei Menschen, denen er vertraut, sowieso immer alles unterschreibt. Ja gut ähhh... da hat Beate Zschäpe im NSU-Prozess ja mehr Details preisgegeben als der Franz. Den Vogel abgeschossen hat ein gewisser David Durden mit einem Kommentar unter einer Postillon-Meldung über ein mögliches Freundschaftsspiel des DFB gegen den Islamischen Staat. Ich zitiere: "Mit derart zwielichtigen und moralisch höchst brisanten Organisationen sollte man gar nicht verkehren. Darüber hinaus wird sie durch sehr fragwürdige Quellen finanziert. Der IS sollte sich also gut überlegen, mit wem er sich da einlässt." Immerhin hat der DFB rund um die Anschläge in Paris und das abgesagte Länderspiel gegen Hannover richtig gehandelt. Eigentlich wollte man ja mit der Partie gegen die Niederlande ein Zeichen gegen Terrorismus und für die Solidarität mit kleineren Fußballnationen setzen. Das Spiel wurde wegen akuter Sicherheitsbedenken jedoch abgesagt. So wurde unter anderem am Hannoveraner Bahnhof ein herrenloser Rucksack gefunden. Peter Knäbel gefällt das nicht.

3. Trostpreis Was man beim FC Bayern von diesem Jahr halten soll, weiß wahrscheinlich niemand so Recht. In der Bundesliga reichte es zwar wieder einmal zum Trostpreis, in der Königsklasse bekam man jedoch vom FC Barcelona die deutschen Grenzen aufgezeigt wie Flüchtlinge in Rumänien und Ungarn. Trotzdem muss man wohl neidlos anerkennen, dass die Protagonisten des deutschen Rekordmeisters vieles richtig machen, wenn sie nicht gerade mit Steuern hinterziehen oder Uhren über die Grenze schmuggeln beschäftigt sind. Mit Kingsley Coman und Douglas Costa kamen im Sommer zwei neue Flügelflitzer in die Bundesliga, die ihre Gegenspieler häufig so schwindelig gespielt haben, als hätten diese gerade nach einer Palette Krombacher einen 10-Runden-Gutschein für ein Kinderkarussell eingelöst. Gegen Ende des Jahres bestimmte dann nur noch ein Thema die Diskussionen: Geht Pep oder bleibt er? Am Ende einer langen, zumindest medialen, Hängepartie verkündete Guardiola seinen Abschied zum Saisonende. Carlo Ancelotti soll übernehmen. Der Italiener setzte sich dabei gegen namenhafte Konkurrenz wie Lucien Favre, Markus Weinzierl, Alexander Zorniger, Lothar Matthäus oder Lord Bendtner durch. Wirklich traurig ist man über den Abschied Guardiolas aus München wohl nicht. Der Spanier hat zwar einiges erreicht, stand aber auch immer wieder in der Kritik, unter anderem, weil er stärker rotiert hat als eine Windkraftanlage an der Nordsee. Am drastischsten formuliert hat es Thomas Gottschalk: "Pep Guardiola nach Jupp Heynckes, das ist wie Markus Lanz nach mir."

4. Helden Wie im letzten Jahr habe ich auch dieses Mal wieder einen Text verfasst, um all diejenigen zu würdigen, die die Bundesliga im Laufe des Jahres leider verlassen haben (wie Kevin de Bruyne oder Marcell Jansen), sowie diejenigen, die die Bundesliga leider nicht verlassen haben (wie der HSV). Besonderes Augenmerk liegt dabei erneut auf den Spielern, die vielleicht nicht gerade zur Beletage des deutschen Sports gehören, den etwas anderen Wochenrückblick jedoch immer wieder mit neuen Lach- und Sachgeschichten beliefern. Denn was würde ich nur tun ohne die ganzen Westermanns, Zornigers und Hannovers dieser Welt. Danke, dass es euch gibt!

Verabschieden mussten wir uns von Freiburg und Christian Streich,

sein Gesichtsausdruck nach dem letzten Spieltag? Absurd und kreidebleich.

Mit Petersen in der ersten Elf hättet ihr Hannover geschlagen,

doch jetzt müssen wir diese Plagen noch weiter ertragen.

Dafür bringt ihr jetzt der 2. Liga endlich mehr Niveau

mit Schwolow, Philipp und Vincenzo Grifo.

Furioser Start, doch in der Rückrunde schwach

Paderborn to be wild, trotzdem gab es nie Krach,

selbst der große Pep sprach von einem super, super Kontrahenten,

nur gegen die Bayern machten sie sich zum Depp wie Schauspiel-Studenten.

Mittlerweile stehen sie selbst in Liga 2 unten,

das Team hat sich noch nicht gefunden,

trotz einem Trainer namens Effenberg,

irgendwas läuft da doch verkehrt.

Das ist der Sonnenbank Flavour,

de künstliche Bruyne.

Wir können sie alle holen,

komm ich kauf deine Freunde.

In Stuttgart war im Sommer die Erleichterung groß,

trotz einer Saison, so schlecht wie ein Ulreich-Abstoß.

Der Retter war wieder einmal der Knurrer aus Kerkrade,

mit ihm ging es kontinuierlich nach oben wie eine Ursprungsgerade.

Danke für alles, lieber Huub Stevens!

Aber hoffentlich kämpfst du dieses Jahr gegen den Abstieg vergebens.

Als Schwabe kann man die Blauen aus Baden einfach nicht leiden.

Versuche solche Situationen bitte in Zukunft zu meiden.

Verabschieden musste man sich auch von Rüdiger und Ulle,

ohne die beiden spielte man sogar noch seltener zu Nulle.

Aber wenn die Bayern kommen und öffnen die Schatulle,

fällt der Abschied nicht schwer,

doch man muss auch den Spieler verstehen bei so einem Transfer.

Seine Einsatzchancen sind bei den Bayern jedoch eher ranzig.

Pro Ulle! Pro Rente mit Siebenundzwanzig!

In Stuttgart wurden dieses Jahr mal wieder große Ziele anvisiert,

schließlich hat man in der Vorbereitung ManCity rasiert

wie Gillette,

mit Sunjic war dann auch die Defensive endlich komplett.

Doch von Hlousek oder Baumgartl flankiert?- Gruselkabinett!

Wie kann man hinten nur so offen stehen?

Stuttgart national kann man nicht mal mehr besoffen sehen,

deshalb musste Zorniger im November betroffen gehen.

Sein Weg angeblich alternativlos,

der VfB glich einem Waldbrandgebiet, bloß

der jährliche Feuerwehrmann ist jetzt schon bei 1899 Hoffenheim,

also muss man als VfB-Fan wohl auch in der Rückrunde jeden Samstag wieder für 18,99 besoffen sein.

Das ist der Sonnenbank Flavour,

de künstliche Bruyne.

Wir können sie alle holen,

komm ich kauf deine Freunde.

Hamburg hat sich mal wieder in der Relegation gerettet- nach der Saison?

Wer hätte da drauf gewettet!

Die Aussichten auf den Erhalt des Dinos waren eher mau-

dem Schiri gefällt das nicht. Freistoß für den HSV!

Der Bruno, der Schöne, war am Ende der Held,

was besonders den Spielerfrauen gefällt.

Außer Sylvie, die meint, der Rafael war ihr bester Mann.

Nach ihm lässt sie keinen mehr hinten rein- wie Heiko Westermann.

Selbst HW4, die alte Legende

war schon bald mit seinem Latein am Ende.

Er ging nach Sevilla, ein Abschied mit Tränen.

Jeder, der HW4 nicht verehrt, sollte sich schämen wie Fans von Werder Bremen.

Nun macht er in Spanien die Gegner flott,

für immer in unseren Herzen- HW4-Fußballgott!

Das ist der Sonnenbank Flavour,

de künstliche Bruyne.

Wir können sie alle holen,

komm ich kauf deine Freunde.

Noch in jüngeren Jahren als in einem Bordell,

war die Karriere vorbei von Jansen Marcell.

Einst ein Toptalent, doch der Wechsel nach Hamburg sein persönlicher Highway to hell.

Die Chance auf eine richtig große Karriere hat er damit versiebt.

Marcell, du hast den Fußball nie geliebt!

Wohl nicht mehr in der Bundesliga sehen werden wir wohl den Mann mit dem grünen Tee,

es sei denn ein Verein kommt auf die absurde Idee,

man könne den Spielern Beine machen wie ein Fitnessstudio, mit Medizinbällen und einem Hügellauf

trotzdem kassiert man bei Hertha in Berlin Schellen und Prügel zuhauf.

Doch sollte sich so ein Verein finden, geht es bei Magath schnell.

Ständig auf der Suche nach Macht - nenn' dich Maergary Tyrell.

5. Der goldene Bela Rethy Wie 2014 verleiht der etwas andere Wochenrückblick auch dieses Mal den "goldenen Bela Rethy" für den besten Kommentator der vergangenen 12 Monate. Fritz von Thurn und Taxis konnte seinen Titel aus dem letztem Jahr leider nicht verteidigen, dafür sicherte sich Marcel Reif zum ersten Mal die heiß begehrte Trophäe. Somit ist Reif nun auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen und könnte ehrenvoll abtreten. Der etwas andere Wochenrückblick hat Reif auch extra interviewt, ob ein Ende seiner glanzvollen Karriere für ihn zeitnah in Frage kommt. Ich hatte eigentlich vor, das auch zu veröffentlich, ein Teil der Antwort könnte Sie jedoch verunsichern.

3. Bela Rethy

10. Für dieses Stadion ist einst im Mittelalter das Wort Hexenkessel erfunden worden.

9. Der gebürtige Linksverteidiger Kieran Gibbs.

8. Wenn man Musik drunter legt, hat man schöne Szenen.

7. Dann hätte ich meinen Hut gezogen- den ich nicht aufhabe.

6. Das ist Frätt. Hat nichts zu tun mit diesem komischen brasilianischen Mittelstürmer von der WM.

5. Das ist übrigens ein ganz anderer Frätt als dieser brasilianische Mittelstürmer. Ein besserer.

4. Alaba würde dem Robben gerne die Haare raufen. Wenn er denn welche hätte.

3. Selbst Matthias Sammer - könnte ich mir vorstellen - freut sich.

2. Es ist ein Stresstest gewesen. Ohne Stress.

1. Improvisation muss geplant sein.

2. Fritz von Thurn und Taxis

10. Fehler von Leitner. Und gleich die gelbe Karte. Ein typischer Leitner.

9. Zu Pekarik. Seine Frau hat sich hier gemeldet. Wegen der Nasen, die war gebrochen. Jetzt ist sie wieder gerade. Ein Drrrrrauuuum.

8. Ich hoffe, der Kameramann hat überlebt.

7. Das war ein typischer Bas Dost. Nimmt den Ball direkt, trifft das Tor nicht.

6. Vorne hilft Wagner. Oder der liebe Gott. (Wo ist der Unterschied? Anm. der Red.)

5. Bibiana Steinhaus sorgt für Ordnung. Ich will nicht sagen für Zucht.

4. Das muss Gelb sein. Das ist Roooooot! Nein, das ist Gelb-Rot.

3. Der Ball war im Aus. Aber nicht ganz.

2. Wenn du Trainer von Leverkusen bist und das anschauen musst, dann kriegst du ja nen Hörsturz.

1. Kaum sag ich "gut", muss ich mich schon wieder korrigieren. Schlecht.

1. Marcel Reif

10. Felix Kroos, der kleine Bruder von Toni. Gilt als gleichermaßen talentiert.

9. Immobile hat heute Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch. Feiert auf der Bank.

8. Ich will jetzt keine Ferndiagnose machen. Adduktoren denke ich mal.

7. Dazu muss man nicht studieren. Bisschen Schläue reicht.

6. Das ist keine Bewertung, das ist eine quantitative Beschreibung.

5. Klose springt in das Kreuz von... wer ist das?

4. Immobile will mit dem Kopf durch die Wand. Die Wand gewinnt.

3. Mit Anlauf! Dann stehen bleiben und entspannt übers Tor schießen.

2. Im Abwehrzentrum kollektives Nachdenken über den Sinn des Lebens.

1. Leckie. Sehr intensiv. Und dann noch von hinten.

Vielen Dank auch wieder an die Kollegen von fussballmachtspass.de, ohne deren Arbeitsnachweise diese Kategorie nicht möglich gewesen wäre.

6. Die Shortlist des Jahres Zur Feier des Tages wird Reif natürlich auch die Shortlist des Jahres gewidmet. Der etwas andere Wochenrückblick (Ausgabe 46,März 2015) hat diese zusammengestellt, nachdem Jürgen Klopp nach dem Batman und Robin Jubel von Aubameyang und Reus gesagt hat, dass das jeder lustig fand, außer Marcel Reif, der aber in seinem Leben sowieso nichts mehr lustig findet. Von wegen!

10 Dinge, die Marcel Reif lustig findet:

1. Marcel Reif

2. Marcel R.

3. M. Reif

4. Leute mit den Initialen M.R.

5. Männer mit weißen Haaren und Brille, die Fußballspiele kommentieren

6. Einen intensiven Leckie von hinten

7. sich selbst

8. den Sohn seiner Eltern

9. Den Mann seiner Frau

10. Leute, die ernsthaft glauben, dass er in den nächsten zehn Jahren irgendwann in Rente geht

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