"Orientiere mich an Tyson"

Jack Culcay macht seinem Spitznamen alle Ehre
© getty

In Frankfurt geht es für Jack Culcay am Samstag um den Interims-Titel der WBA im Super-Weltergewicht. Der Gegner des 29-Jährigen ist jedoch ein alter Bekannter. Golden Jack über den Faktor Wegner, seine Vorbilder und warum er an einem Trip nach Amerika eigentlich nicht vorbeikommt.

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SPOX: Jack, am Samstag geht es für Sie gegen Maurice Weber. Sie kennen den 33-Jährigen allerdings bereits. Schon während Ihrer Zeit als Amateur kam es zum Duell - mit dem besseren Ende für Ihren Kontrahenten. Bietet sich somit die Chance, eine offene Rechnung zu begleichen?

Jack Culcay: Nein, das spielt für mich keine Rolle. Dafür ist es einfach viel zu lange her und das Ergebnis war nicht unbedingt nachvollziehbar. Es war damals mein erster Bundesliga-Kampf für Hertha BSC, ich war an diesem Tag in Leverkusen einfach ein Neuling. Für mich ist es deshalb ein Kampf wie jeder andere.

SPOX: Warum wird das Ende diesmal anders aussehen?

Culcay: Weil ich Ulli Wegner in der Ecke habe. (lacht)

SPOX: Bis zu Wegner war es jedoch ein langer Weg. Sie gingen gleich durch mehrere Trainerhände. Auch der inzwischen verstorbene Fritz Sdunek nahm Sie unter seine Fittiche. Warum kam es damals zu einem weiteren Wechsel?

Culcay: Das ist ein komplexes Thema. Ich kann nur so viel sagen: Die Entscheidung für Herrn Wegner war die erste, die ich komplett eigenständig getroffen habe. Ich habe mich selbst an ihn gewandt und er hat zugestimmt.

SPOX: Sicherlich nicht die schlechteste Wahl. Was unterscheidet Wegner von anderen Trainern?

Culcay: Er ist einfach eine besondere Persönlichkeit mit extrem viel Erfahrung. Das sieht man schon im Training. Er hat eine unglaubliche Ahnung vom Boxen, das merkt vom ersten Moment an. Außerdem ist die Art, wie er Inhalte vermittelt, einzigartig. Ich vertraue ihm blind.

SPOX: Sie boxen nicht gerne aus einer massiven Deckung heraus, sondern agieren deutlich offener und wollen den Gegner so dominieren. Für die Zuschauer ist das natürlich von Vorteil, aber bringt dieser Stil Wegner nicht ordentlich ins Schwitzen?

Culcay: Boxen ist generell ein Risiko und ich bin einfach ein Risikoboxer. Ich bin niemand, der die ganze Zeit in der Doppeldeckung steht oder klammert. Dafür macht mir das Boxen zu viel Spaß und das zeige ich auch. Ich brauche mich definitiv nicht zu verstecken.

SPOX: Da passt es, dass Sie unter anderem Mike Tyson als eines Ihrer Vorbilder nennen.

Culcay: Wenn ich kämpfe, dann orientiere ich mich manchmal an Tyson. Ich bin ein variabler Boxer und kann mich anpassen. Er und Muhammad Ali sind Personen, denen ich im Ring nacheifere.

SPOX: Der Erfolg lässt sich dabei nicht von der Hand weisen. Sie sind eines der größten Talente Deutschlands. Ist das nicht ein enormer Druck für einen jungen Boxer?

Culcay: Ich hatte schon immer viel Druck, deshalb kann ich damit sehr gut umgehen. Ich will den Leuten noch mehr bieten und noch härter trainieren, damit ich dem Anspruch auch gerecht werde.

SPOX: Druck ist für Sie also eher positiv?

Culcay: Genau. Es ist eine Ehre für mich, wenn beispielsweise Herr Wegner große Stücke auf mich hält. Aber davon kann ich mir im Endeffekt trotzdem wenig kaufen. Ich will die Erwartungen an mich erfüllen und jedem beweisen, dass ich in Deutschland die Nummer eins bin.

SPOX: Der Kurs stimmt. Wurde Ihnen das Boxen eigentlich in die Wiege gelegt, immerhin war Ihr Vater ein begeisterter Amateurboxer?

Culcay: Vom Talent her vielleicht, allerdings wollte ich als kleiner Junge immer Fußballprofi werden. Das war mein Kindheitstraum.

SPOX: Und wie kamen Sie letztlich zum Boxen?

Culcay: Durch meinen Bruder. Er war damals bereits in einem Verein und hat mich einfach zum Training mitgenommen. Ich habe ein wenig zugeschaut und mich direkt in das Boxen verliebt.

SPOX: Was macht für Sie die Faszination des Sports aus?

Culcay: Man braucht unheimlich viel, um ein Boxer zu sein. Ob Kondition, Kraft, Ausdauer oder etwa ein gutes Auge, eine Sache allein reicht nicht. Boxen ist so viel mehr. Nur wenn alles stimmt, ist man wirklich ein guter Kämpfer.

SPOX: In Ihrer Familie spielt der Boxsport generell eine große Rolle. Ihr Vater hat eine Boxschule, Ihr Bruder Michael steigt ebenfalls in den Ring. Können Sie sich ein Leben ohne Boxhandschuhe überhaupt vorstellen?

Culcay: Nein, auf gar keinen Fall. (lacht) Wie Sie schon sagten, haben mein Vater und mein Bruder eine Boxschule und auch zu Hause gibt es eigentlich nur ein Thema. Boxen ist in meiner Familie der absolute Mittelpunkt.

SPOX: So groß die Hingabe sein mag, manchmal muss man doch sicherlich den Kopf freibekommen. Wie gelingt Ihnen das?

Culcay: Ich habe einen zwei Jahre alten Hund, mit dem ich sehr viel unternehme. Wenn ich außerdem die Zeit finde, nach Hause zu fahren, dann genieße ich die Momente mit meiner Familie und vor allem meinem kleinen Neffen.

Seite 1: Culcay über Trainer Wegner, seine Vorbilder und die Faszination Boxen

Seite 2: Culcay über Niederlagen, Aufmerksamkeit und ein Duell mit Lara oder Alvarez

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