WM

WM Kompakt am 10. Dezember: Verschwörung? Portugal-Star äußert üblen Verdacht

Von Maximilian Lotz/SID
pepe1
© getty

Das hitzige Viertelfinal-Duell zwischen Argentinien und den Niederlanden sorgt weiter für Schlagzeilen - und Schiedsrichter Mateu Lahoz verteilt wohl noch immer Gelbe Karten. Unser WM Kompakt kam bislang ohne Verwarnung davon und widmet sich am Samstag den Emotionen von Lionel Messi und Konsorten. Außerdem: Eine Verschwörung, Kritik an der Berichterstattung, Neymar wird getröstet und Bob Hanning legt sich in einer bemerkenswerten Abrechnung mit dem DFB an.

Cookie-Einstellungen
pepe
© getty

WM 2022 in Katar - Verschwörung des Tages: Pepe

Nach dem Aus von Portugal hat Verteidiger Pepe einen üblen Verdacht geäußert. Im Mittelpunkt der angeblichen Verschwörung: mal wieder der Schiedsrichter - der ist ja bekanntlich immer Schuld.

"Es ist unzumutbar, dass uns heute ein argentinischer Schiedsrichter (Facundo Tello; Anm. d. Red.) pfeift, nach allem, was gestern passiert ist, wie sich Messi die ganze Zeit beschwert hat", sagte er nur wenige Minuten nach der 0:1-Niederlage gegen Marokko.

Und weiter: "Nach allem, was ich heute gesehen habe, können sie Argentinien den Titel direkt geben." Pepe und Messi kennen sich noch aus zahlreichen Clásicos.

Pepe hatte kurz vor Schluss (90.+3.) sogar selbst die Chance, seine Mannschaft noch in die Verlängerung zu retten. Er vergab allerdings freistehend aus rund fünf Metern per Kopf. Die Nachspielzeit von acht Minuten war seiner Ansicht nach viel zu kurz, weil Marokko viel Zeitspiel betrieben hätte. Zudem zog er sich einen Bruch der Elle im linken Arm zu, wie nach dem Spiel bekanntgegeben wurde.

Bruno Fernandes pflichtete ihm gegenüber Sportsmail bei: "Es ist sehr seltsam, einen Schiedsrichter zu haben, dessen Nationalmannschaft noch im Wettbewerb vertreten ist, und kein portugiesischer Schiedsrichter ist dabei."

Laut dem Spieler von Manchester United seien Tello und weitere WM-Schiedsrichter "nicht an diese Art von Spiel gewöhnt, sie haben nicht das Tempo dafür. In der ersten Hälfte hätte ich einen klaren Elfmeter bekommen müssen. Ich würde mich nie im Leben fallen lassen, wenn ich allein vor dem Torwart stehe."

arg-ned
© getty

WM 2022 in Katar - Provokationen des Tages: Argentinien vs. Niederlande

Der Moment, in dem sich alle Emotionen entluden, ging um die Welt: Als Lautaro Martínez den entscheidenden Elfmeter gegen die Niederlande verwandelte, löste er bei seinen argentinischen Teamkollegen eine Gefühlsexplosion aus. Während Lionel Messi und Co. an der Mittellinie zum Jubellauf in Richtung Lautaro und Elfer-Held Emiliano Martínez ansetzten, sackten die Spieler der Elftal vor Enttäuschung zusammen.

Verteidiger Nicolas Otamendi konnte es sich dabei nicht verkneifen und hielt sich mit Blick Richtung Niederländer seine Hände an die Ohren, als wollte er zeigen: Ich höre nichts von euch. Eine Provokation im Moment des Triumphes? "Diese Fotos sind aus dem Zusammenhang gerissen", erklärte Otamendi später. Zugleich erhob er Vorwürfe gegen die Gegner: "Ein Spieler der Niederländer ging bei jedem Elfmeter, den wir schießen wollten, zu unserem Schützen und hat etwas zu ihm gesagt." Vor dem entscheidenden Versuch von Lautaro Martínez versuchten gleich vier Niederländer, sich ihm in den Weg zu stellen und ihn zu verunsichern. Offensichtlich ohne Erfolg.

Der Augenblick, den unter anderem Reuters-Fotograf Paul Childs einfing, ging indes in den sozialen Netzwerken viral. Viele Zeitungen nutzten das Motiv zudem auf ihren Titelseiten am Samstag.

Emotional und hitzig ging es auch schon während der intensiven 120 Minuten zuvor zu. Unmittelbar vor Beginn der Verlängerung löste ein von einem Argentinier in Richtung der niederländischen Bank gebolzter Ball eine riesige Rudelbildung aus. Der überforderte Schiedsrichter Mateu Lahoz, der mit Gelben Karten (insgesamt 17 - WM-Rekord) nur so um sich warf, hatte das Spiel zu diesem Zeitpunkt bereits verloren. Hinterher fand auch Messi deutliche Worte für Lahoz: "Die FIFA sollte darüber nachdenken, uns so jemanden zu schicken, der mit der Situation überfordert ist."

Apropos Messi. Auch der Superstar leistete sich einen verbalen Ausrutscher. Der PSG-Star stand in der Mixed Zone bei TyC Sports zum Interview bereit, als Wout Weghorst an ihm vorbeilief. Messi blickte zu ihm und giftete: "Was guckst du so, du Idiot? Geh weiter, los." Ob Weghorst den Argentinier zuvor provozierte, ist unklar.

Schon auf dem Feld hatte Messi unmittelbar nach dem Ende des Elfmeterschießens das Gespräch mit Bondscoach Louis van Gaal gesucht. "Ich empfand van Gaals Kommentare vor dem Spiel respektlos und einige Niederländer haben während des Spiels zu viel gesprochen", sagte Messi hinterher.

"Van Gaal behauptet, dass er guten Fußball spielen lässt und dann stellt er Stürmer in den Strafraum und fängt an, lange Bälle schlagen zu lassen", meinte Messi zu dessen Taktik. "Wir hatten es verdient weiterzukommen und so ist es auch gekommen."

Der niederländische Coach solle "die Klappe halten", schimpfte Elferkiller Emiliano Martínez, nachdem van Gaal sich zuvor siegessicher gezeigt hatte.

arg4
© getty

WM 2022 in Katar: Nachspiel des Tages: Argentinien vs. Niederlande

Am Samstagabend wurde bekannt, dass die Aktionen ein Nachspiel haben.

Denn die FIFA-Disziplinarkommission hat gegen den argentinischen und niederländischen Fußball-Verband nach dem hitzigen WM-Viertelfinale Verfahren eingeleitet. Gegen beide Nationen wird wegen möglicher Verstöße gegen Artikel 12 des FIFA-Disziplinarreglements ermittelt, der sich auf Fehlverhalten von Spielern und Offiziellen bezieht. Bei Argentinien prüft die Kommission außerdem auf mögliche Verstöße gegen Artikel 16, Ordnung und Sicherheit bei Spielen.

Im Viertelfinale, das Argentinien mit 4:3 im Elfmeterschießen für sich entschieden hatte, war es am Freitag zu Rudelbildungen gekommen. Mit insgesamt 17 Gelben und einer Gelb-Roten Karte wurde ein WM-Rekord aufgestellt.

Marokko, Portugal
© getty

WM 2022 in Katar: So liefen die Spiele

Marokko ist in Katar als erste Mannschaft vom afrikanischen Kontinent ins Halbfinale einer Fußball-WM eingezogen. Die Marokkaner besiegten am Samstag im Viertelfinale Portugal mit 1:0 (1:0). In der Vorschlussrunde am Mittwoch (20.00 Uhr) trifft der Außenseiter auf den Titelverteidiger Frankreich oder England.

Youssef En-Nesyri (42.) schoss die Marokkaner, die im Achtelfinale Spanien ausgeschaltet hatten, im Al-Thumama-Stadion von Doha unter die letzten Vier. Für Portugals Superstar Cristiano Ronaldo war es wahrscheinlich das letzte WM-Spiel. Er schmorte zu Beginn erneut auf der Bank.

Titelverteidiger Frankreich und Superstar Kylian Mbappe haben durch einen Erfolg gegen England das WM-Halbfinale erreicht. Die Mannschaft von Trainer Didier Deschamps zog durch das 2:1 (1:0) in die Runde der besten Vier ein und darf weiter darauf hoffen, in Katar als erste Nation seit Brasilien (1958 und 1962) zweimal in Folge den WM-Titel zu holen.

Aurelien Tchouameni (17.) und Olivier Giroud (78.) trafen für die Equipe Tricolore, die im Halbfinale am Mittwoch (20.00 Uhr) auf Außenseiter Marokko trifft. Den Engländern, die 2018 unter die besten Vier gekommen waren und nun weiter auf den ersten Titel seit der Heim-WM 1966 warten müssen, reichte der Treffer von Harry Kane (54., Foulelfmeter) nicht, weil der Kapitän in der 84. Minute einen weiteren Strafstoß über das Tor setzte.

one-love-binde1
© getty

WM 2022 in Katar - Kritik des Tages: Journalismus "zu aktivistisch"?

Christoph Bertling vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen Sporthochschule Köln hat sich kritisch zur Berichterstattung in Deutschland über die Fußball-WM in Katar geäußert. "Der Journalismus agiert teilweise zu meinungslastig, zu aktivistisch", sagte der Sportwissenschaftler im hochschuleigenen Podcast.

Die Gefahr bestünde darin, sich nicht mehr über das Sportliche unterhalten zu können, weil man "einfach die Nase voll von diesen unleidlichen Diskussionen" hätte, "was die FIFA macht, was der DFB macht". Wenn das passiere, zerstöre es den Unterhaltungswert des Fußballs, so Bertling.

Der langjährige Sportjournalist betonte, dass jeder weiterhin die Wahl haben sollte, den Fußball als Unterhaltung anzusehen oder sich damit auseinanderzusetzen. Ansonsten bewege man sich in Dogmatismen - und "Dogmatismus ist nie gut".

kroatien
© getty

WM 2022 in Katar: Die Halbfinals im Überblick

Datum

Begegnung

13. Dezember, 20 Uhr

Argentinien - Kroatien

14. Dezember, 20 Uhr

Frankreich - Marokko
weghorst
© getty

WM 2022 in Katar - Kopie des Tages: Wout Weghorst

Der Ex-Wolfsburger Wout Weghorst war der verhinderte Held des Viertelfinal-Dramas seiner Niederländer gegen Argentinien. Nach dem 0:2-Rückstand hatte Weghorst mit einem Doppelpack die Elftal in die Verlängerung gerettet, im Elfmeterschießen versagten dann aber Virgil van Dijk und Steven Berghuis die Nerven vom Punkt.

Doch vor allem Weghorsts Ausgleichstreffer blieb in Erinnerung. Während die Argentinier bei dem Freistoß halblinks vor der der Strafraumgrenze mit einem direkten Versuch von Cody Gakpo rechneten, narrten die Niederländer die Albiceleste mit einer Finte: Teun Koopmeiners passte flach zu Weghorst, der den Ball mit dem Rücken zum Tor vor Enzo Fernandez abschirmte und aus der Drehung zum 2:2 traf.

Auch Thomas Müller feierte die Finte. "Der Wahnsinn hört nicht auf - was für ein Trick von den Niederlanden und Wout Weghorst", twitterte der Bayern-Star.

Völlig neu war Weghorsts Freistoßvariante übrigens nicht. Schon zu Bundesliga-Zeiten hatte der frühere Wolfsburg er auf diese Weise getroffen. Im Spiel gegen Arminia Bielefeld Ende Oktober 2020 brachte Weghorst nach einem Freistoß von Maximilian Arnold die Wölfe mit dem gleichen Trick in Führung.

neymar
© getty

WM 2022 in Katar - Trost des Tages: Neymar

Bei Brasiliens Superstar Neymar flossen nach dem Viertelfinal-Aus gegen Kroatien die Tränen in Strömen. Routinier Dani Alves versuchte den Offensiv-Künstler zu trösten, aber Neymar war untröstlich.

Erst als die ersten Tränen getrocknet waren, schaffte es dann doch noch jemand, Neymar zumindest wieder ein leichtes Lächeln ins Gesicht zu zaubern: Leonardo Perisic.

Der zehnjährige Sohn des ehemaligen Bayern-Stars Ivan Perisic klatschte an der Mittellinie mit Neymar ab und versuchte offenbar, ihn aufzumuntern. Neymar reagierte mit einer Umarmung. Athletic-Journalist David Ornstein schrieb von einem "wunderschönen Moment".

Neymar hatte mit seinem Treffer in der Verlängerung die Seleção zunächst auf Halbfinal-Kurs gebracht. Zugleich stellte er mit seinem 77. Tor für Brasilien Pelés Rekord ein. Die Fußballlegende beglückwünschte Neymar via Instagram an einem Tag, der "nicht der glücklichste für uns" ist.

"Mein Rekord wurde vor fast 50 Jahren aufgestellt, und niemand konnte sich ihm bis heute nähern. Du hast es geschafft, Junge", schrieb Pelé, der vor zehn Tagen laut ärztlichem Bulletin mit einer Atemwegsinfektion in ein Krankenhaus in São Paulo eingeliefert worden war. Der 82-Jährige ignoriert damit die Zählweise des heimischen CBF-Verbandes, der 95 Treffer für den dreimaligen Weltmeister auflistet, 18 davon in vom Weltverband FIFA nicht anerkannten Spielen.

Pelé munterte Neymar, wie er selber beim FC Santos groß geworden, auf, von einem angedachten Rücktritt aus der Seleção abzusehen und nach weiteren Rekorden und dem erhofften sechsten WM-Titel bei der Endrunde in vier Jahren zu jagen. "Dein Vermächtnis ist noch lange nicht zu Ende. Inspirier uns weiter", gab der Jahrhundertfußballer dem 30-Jährigen mit auf den Weg.

hanning
© imago images

WM 2022 in Katar - Abrechnung des Tages: Bob Hanning

"Satt, träge, selbstgerecht" - Bob Hanning ließ in einer bemerkenswerten Abrechnung im Tagesspiegel kein gutes Haar an der deutschen Nationalmannschaft. Der langjährige Vizepräsident des Deutschen Handballbunds fand für die Leistung der in der WM-Vorrunde gescheiterten DFB-Auswahl deutliche Worte: "Ich kann mich nicht an einen ähnlich trostlosen Turnier-Auftritt einer deutschen Fußballnationalmannschaft erinnern. Ohne Feuer. Ohne Eifer. Ohne Ehrgeiz. Ohne Mumm."

Zudem hatte Hanning für den Posten des Bundestrainers einen überraschenden Vorschlag: Steffen Baumgart, aktuell Trainer des 1. FC Köln. "Das wäre mal einer für den Job des Bundestrainers. Ich kenne ihn nicht, aber der Junge macht schon beim Zusehen Spaß", so Hanning: "Er würde Fehler machen, natürlich würde er das. Aber mit Leidenschaft. Und Fehler mit Leidenschaft, das weiß ich aus eigener Erfahrung, werden verziehen."

Hier geht es zu Hannings Abrechnung.

wahl
© imago images

WM 2022 in Katar - Schock des Tages: Grant Wahl

Das Viertelfinale zwischen Argentinien und den Niederlanden wurde vom Tod des bekannten US-Journalisten Grant Wahl überschattet. Der 48-Jährige war auf der Tribüne zusammengebrochen, nach Angaben des Wall Street Journal habe er einen Herzinfarkt erlitten. "Grant hat den Fußball zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Wir sind erschüttert, dass er und sein brillanter Schreibstil uns nicht mehr beglücken werden", schrieb der US-Verband.

Sein Bruder Eric Wahl meldete sich später in einem Video und äußerte einen schlimmen Verdacht: Seiner Meinung nach sei sein Bruder umgebracht worden. "Mein Name ist Eric Wahl und ich bin der Bruder von Grant, ich bin schwul, ich bin der Grund, warum er ein Regenbogen-Shirt getragen hat", sagte er in dem Video: "Mein Bruder war gesund, er sagte mir, er bekam Todesdrohungen, ich glaube nicht, dass mein Bruder nur gestorben ist, ich glaube, er wurde umgebracht." Auf Twitter wandte sich Wahl zudem an die US-Regierung und bat um Unterstützung.

Wahl hatte während der WM durch das Tragen von Regenbogen-T-Shirts immer wieder für Aufsehen gesorgt, kurzzeitig war er sogar festgenommen worden. Er hatte außerdem auf die Einschränkungen in der freien Berichterstattung im WM-Gastgeberland Katar hingewiesen.

Wahls Ehefrau Céline Gounder erklärte, dass sie "komplett unter Schock" stehe. FIFA-Präsident Gianni Infantino kondolierte Wahls Familie am Samstag und drückte in einem Statement seine "immense Betroffenheit" aus: "Seine Liebe für den Fußball war groß und seine Berichterstattung wird allen, die das globale Spiel verfolgen, fehlen."

Artikel und Videos zum Thema