WM

Marokko - Portugal 1:0: Nächste Sensation! Ronaldo und Co. ausgeschieden

Von SID
War das 196. Ronaldos letztes Länderspiel für Portugal?
© getty

Marokko treibt das afrikanische Fußball-Märchen in historische Dimensionen - und der große Cristiano Ronaldo muss seinen WM-Traum nach dem 0:1 von Doha wohl begraben.

Cookie-Einstellungen

Als die Ekstase der marokkanischen Fußball-Helden in eine neue, unglaubliche Dimension vorstieß, war der große Cristiano Ronaldo schon im Kabinengang verschwunden und weinte. Erst wieder nur Notnagel, dann gebraucht als letzter Hoffnungsträger Portugals - und nach dem 0:1 (0:1) gegen den ersten WM-Halbfinalisten aus Afrika wird der 37-Jährige seine Weltkarriere ohne den goldenen Pokal beenden.

Angesichts des marokkanischen Märchens allerdings war dies nicht die größte Geschichte des Tages. Denn ein ganzer Kontinent ist erlöst, 88 Jahre nach dem ersten Anlauf bei einer WM. "Wir haben Geschichte für Afrika geschrieben. Afrika ist auf der Landkarte des Fußballs", sagte Marokkos Nationaltrainer Walid Regragui voller Pathos: "Wir sind der Rocky Balboa dieser WM, wir sind das Team, das jeder liebt."

Ein wuchtiger Kopfball von Youssef En-Nesyri (42.) entschied den Schlagabtausch mit den Südeuropäern, in der Vorschlussrunde am Mittwoch wartet mit Titelverteidiger Frankreich, der sich mit 2:1 gegen England durchsetzte, das nächste Schwergewicht. Nach den bisherigen Vorstellungen der Afrikaner in Katar lässt sich getrost sagen: Na und? Fehlen wird Marokko dann allerdings Walid Cheddira, der in der wilden Abwehrschlacht der letzten Minuten Gelb-Rot sah (90.+3).

Portugal diskutierte vor der Partie in erster Linie über Persönliches - Marokko über eine historische Mission. "Ein ganzer Kontinent und auch große Teile der arabischen Welt stehen hinter uns", sagte Regragui. Portugal sei der Favorit, doch das sei Spanien im Achtelfinale ja auch gewesen.

Marokko - Portugal: Bono ist wieder zur Stelle

Marokko, das bis zum Turnier in Katar als größten WM-Erfolg das Achtelfinale 1986 (0:1 gegen Deutschland) zu Buche stehen hatte, startete mit starker Organisation und einer gehörigen Prise Mut richtig durch. Dem Gruppensieg vor Vize-Weltmeister Kroatien und dem WM-Dritten Belgien folgte in der Runde der besten 16 die Sensation gegen Ex-Weltmeister Spanien nach Elfmeterschießen, mit Torhüter Bono als großem Helden.

Der Keeper des FC Sevilla stand auch vor 44.198 Zuschauerinnen und Zuschauern im Al-Thumama-Stadion früh im Blickpunkt, als Joao Felix einen Kopfball auf die kurze Ecke platzierte (4.). Bono aber wahrte seine beeindruckende Statistik von nur einem Gegentreffer - einem Eigentor gegen Kanada.

Danach schlief die Begegnung ein, zumindest die rund 25.000 marokkanischen Fans auf den Rängen sorgten für einen großartigen Rahmen. Portugal hatte in Bruno Fernandes und Felix seine treibenden Kräfte, von der Dominanz des 6:1 im Achtelfinale gegen die Schweiz, als es mit Goncalo Ramos und ohne den früheren Weltfußballer und Staatsheiligen Ronaldo blendend lief, war aber wenig zu sehen.

Marokko - Portugal: Santos wechselt Ronaldo ein

Marokkos Führung war deswegen nicht unverdient - allerdings fiel sie glücklich: Yahya Attiat-Allah, Vertreter des verletzten Bayern-Profis Mazraoui, flankte scharf in die Mitte, En-Nesyri stieg sieben Meter vor dem Tor entschlossen hoch und profitierte von der kapitalen Fehleinschätzung des portugiesischen Schlussmanns Diogo Costa. Dem 37-jährigen Ronaldo auf der Bank entglitten die Gesichtszüge.

Portugal lahmte. Ramos hing in der Luft, Fernandes spielte viele Fehlpässe - in der 45. Minute traf der Star-Spielmacher von Manchester United allerdings auch die Latte.

Trotzdem: Ergebnis und Spielweise waren viel zu wenig aus Sicht der Portugiesen, Europameister-Trainer Fernando Santos schickte Ronaldo in der Pause zum Warmmachen. Nach 51 Minuten wurde er eingewechselt: Portugal riskierte alles, mit Ronaldo in seinem 196. Länderspiel neben Ramos. Am Ende war es ein verzweifeltes Anrennen auf Bonos Tor - ohne Ertrag.

Marokko - Portugal: Die Stimmen zum Spiel

Walid Regragui (Nationaltrainer Marokko): "Wir spielen nicht den schönsten Fußball der Weltmeisterschaft, aber dafür mit umso mehr Herz. Wir haben das Tor gemacht und dann mit ganzem Herzen unser Tor verteidigt. Es ist sehr schwer, uns zu knacken. Die Heimat, die arabische Welt und Afrika geben uns Energie, so viele Menschen stehen hinter uns. Wir haben Geschichte geschrieben. Als erste afrikanische Mannschaft im Halbfinale zu stehen, ist außergewöhnlich. "

Fernando Santos (Nationaltrainer Portugal): "Unsere Spieler sind traurig und enttäuscht. Wenn wir zwei Leute rauspicken, die sich am meisten ärgern, sind das Cristiano und ich. Wir haben die Niederlage nicht verdient, aber so ist Fußball. Ich habe bereits mit dem Verbandspräsidenten gesprochen. Wenn wir nach Portugal zurückkehren, werden wir mit Ernsthaftigkeit und aller Ruhe über meinen Vertrag sprechen. Rücktritt gehört nicht zu unserem Vokabular."

Marokko - Portugal: Die Daten zum Spiel

Marokko: Bono - Hakimi, El Yamiq, Saiss (ab 57. Dari), Attiat Allah - Amrabat - Ounahi, Amallah (ab 65. Chedirra) - Ziyech (ab 82. Aboukhlal), En-Nesyri (ab 65. Benoun), Boufal (ab 82. Jabrane). - Trainer: Regragui

Portugal: Diogo Costa - Dalot (ab 79. R. Horta), Pepe, Ruben Dias, Raphael (ab 51. Joao Cancelo) - R. Neves (ab 51. Ronaldo) - Bernardo, Otavio (ab 69. Vitinha) - B. Fernandes, G. Ramos (ab 69. R. Leao), Joao Felix. - Trainer: Santos

Schiedsrichter: Facundo Tello (Argentinien)

Tor: 1:0 En-Nesyri (42.)

Zuschauer: 44.198 (in Doha)

Gelbe Karten: Dari - Vitinha

Gelb-Rote Karte: Cheddira (Marokko) wegen wiederholten Foulspiels (90.+3)

Artikel und Videos zum Thema