FC Chelsea: Darum ist Mauricio Pochettino der ideale Trainer für den Neuanfang

Von Krishan Davis/Patrik Eisenacher
MAURICIO POCHETTINO: Der Argentinier wird laut der Zeitung Telegraph als Nachfolger von Steven Gerrard gehandelt, sollte dieser bei Aston Villa demnächst entlassen werden.
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Die lange Suche nach einem Trainer, der langfristig an der Stamford Bridge arbeiten kann, hat für den FC Chelsea allem Anschein nach ein erfolgreiches Ende. Die Co-Sportdirektoren Paul Winstanley und Laurence Stewart haben ihren Mann gefunden: Mauricio Pochettino.

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Es war lange undenkbar, dass der frühere Tottenham-Boss jemals einen anderen Premier-League-Klub übernehmen würde, geschweige denn einen der größten Rivalen der Spurs. Der Argentinier hat sich aber nun mit den Blues auf einen langfristigen Vertrag geeinigt, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten.

Er wird das Amt Anfang Juni übernehmen. Und er ist der ideale Mann für diesen Job. SPOX erklärt, warum.

FC Chelsea, Premier league, Graham Potter, Mauricio Pochettino, Zinedine Zidane
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FC Chelsea und Mauricio Pochettino: Das passende Projekt

Am Ende der ersten Saison unter der Leitung der neuen Klub-Eigentümer Todd Boehly und Behdad Eghbali sollte alles eigentlich alles ganz anders sein - vor allem nach zwei Transferfenstern mit nie dagewesenen Rekord-Ausgabe.

Doch statt um den Meistertitel oder zumindest die Champions-League-Plätze zu kämpfen, sind die Blues aus allen Pokalwettbewerben ausgeschieden und müssen sich verzweifelt im unteren Mittelfeld der Tabelle herumschlagen. Sie haben mehr als 30 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Manchester City und den Zweitplatzierten Arsenal.

Ähnlich schnell, wenn auch vielleicht nicht ganz so rapide wie das von Chelsea, ist auch Pochettinos Ansehen einst gesunken - vor einem Jahr bei Paris Saint-Germain. Trotzdem gilt er immer noch als einer der besten Trainer der Welt und das will er nun an der Stamford Bridge beweisen - genau wie Thomas Tuchel, der einst auch von PSG weggejagt wurde, dann zu Chelsea ging und dort die Champions League gewann.

Chelsea könnte das passende Projekt für Pochettino sein. Der Argentinier ist dafür bekannt, dass er Mannschaften, die sich in Schwierigkeiten befinden, verbessert und ihnen hilft, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. 2013/14 führte er Southampton zur besten Premier-League-Punktausbeute aller Zeiten, bevor er Tottenham übernahm, das damals dauernd die Champions League verpasste. Er brachte die Mannschaft nicht nur in die Königsklasse, sondern führte sie 2019 sogar ins Finale gegen Liverpool (0:2).

Diese Weiterentwicklung bei diesen beiden Klubs erreichte er mit einem aufregenden offensiven Fußball. Boehly und Eghbali werden darauf hoffen, dass Pochettino diese Idee auch mit dem teuren Chelsea-Kader umsetzen kann.

Chelsea und Pochettino sind wie zwei angeschlagene Boxer - und im Zusammenspiel könnten sie sehr gefährlich für die Konkurrenz werden.

Todd Boehly
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FC Chelsea und Mauricio Pochettino: Die gesuchte Langzeitlösung

Das soll nicht heißen, dass Pochettino nach seiner Ankunft bei den Spurs direkt alles zum Guten gewendet hat.

Er führte Tottenham in seiner ersten Saison nur vom sechsten auf den fünften Platz und verpasste trotzdem den begehrten Champions-League-Platz - dafür war Trainer Tim Sherwood ein Jahr zuvor entlassen worden.

Das Entscheidende in Nordlondon war jedoch, dass man Pochettino die Zeit gab und Geduld hatte, damit er die Mannschaft nach seiner Vorstellung formen und schließlich über einen Zeitraum von fünf Jahren etwas ganz Besonderes aufbauen konnte.

Angesichts der schier unendlichen Ressourcen bei Chelsea und des vorhandenen Kaders, die ihm dort zur Verfügung stehen, wird Pochettino schnell Erfolge vorweisen müssen. Ein Kampf um den Premier-League-Titel innerhalb der nächsten drei Spielzeiten sollte ein realistisches Ziel sein.

Mit 51 Jahren ist er noch relativ jung und lebte, wie er bekannt hat, gerne in London. Der Argentinier ist ein Verfechter des Offensivfußballs - und genau den erwarten die Chelsea-Besitzer von ihm.

Boehly und Eghbali hatten angedeutet, dass sie einen Trainer für einen langen Zeitraum suchen und mit ihm auch in schlechten Phasen Geduld haben werden. Nachdem sie Graham Potter wieder schnell rausgeworfen haben, besteht nun die berechtigte Hoffnung, dass Pochettino die Mannschaft zumindest einige Jahre weiterentwickeln darf.

MAURICIO POCHETTINO: Der Argentinier wird laut der Zeitung Telegraph als Nachfolger von Steven Gerrard gehandelt, sollte dieser bei Aston Villa demnächst entlassen werden.
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FC Chelsea und Mauricio Pochettino: Die Fans wollen ihn

Pochettinos Verbundenheit zu den Spurs-Fans schien immer ein Stolperstein auf seinem Weg zu einem anderen Premier-League-Team zu sein. Doch nun schließt er sich sogar einem erbitterten Rivalen aus London an.

Berichten zufolge war die Chelsea-Führungsetage angenehm überrascht davon, wie die eigenen Fans erste Gerüchte um die Pochettino-Gespräche aufgenommen haben. Der Argentinier scheint überall beliebt zu sein - eine andere Reaktion der Anhänger hätte seinen Start noch schwieriger machen können, als er sicher ohnehin wird.

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FC Chelsea und Mauricio Pochettino: Die Spieler wollen ihn

Nicht nur die Fans sind dafür, dass Pochettino der neue Trainer des FC Chelsea wird, auch die Spieler sind von der Idee angetan.

Laut dem englischen Telegraph sorgten die ersten Poch-Gerüchte bei den Spielern für Jubel. Einige sollen bereits wissen, wie gut er motivieren und managen kann.

Während seiner Zeit bei den Spurs war klar, dass Pochettinos Spieler für ihn praktisch alles tun würden. Die Chelsea-Spieler hingegen gingen für Potter und Lampard nur selten durchs Feuer.

Platz 2 - Graham Potter (September 2022 von Brighton & Hove Albion zum FC Chelsea, Vertrag bis 2027): 18,5 Millionen Euro
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FC Chelsea: Mauricio Pochettino ist nett, aber kein zweiter Potter

Pochettino gilt weithin als einer der freundlichsten Trainer im Business. Aber im Gegensatz zu seinem Vorgänger Potter hat er immer noch das gewisse Etwas, das ihn bei den Chelsea-Fans weitaus beliebter machen wird.

Potter ist zwar ebenfalls ein netter Mensch - doch vielleicht "zu nett"? Ihm fehlte das bestimmte Etwas, um sich in der Kabine Respekt bei den Stars zu verschaffen. Einige sollen sogar Harry-Potter-Witze über ihn gerissen haben.

Pochettino ist ein Mann, der beides kann: Sein warmherziges, entspanntes Auftreten wird von Journalisten geschätzt. Aber er ist durchaus in der Lage, die Beherrschung zu verlieren und sich an der Seitenlinie von seinen Emotionen leiten zu lassen. Das kann ihn manchmal in Schwierigkeiten bringen - aber es ist genau das, was die Chelsea-Fans nach Potters Emotionslosigkeit sehen wollen.

Auch seine Erfahrung ist von großer Bedeutung. Obwohl Potters Arbeit bei Brighton großartig war, kam ein Verein von der Größe des FC Chelsea allem Anschein nach zu früh für ihn.

Pochettino hat schon beachtliche Erfolge vorzuweisen - er führte Espanyol vom Abstiegskandidaten ins Mittelfeld, Southampton zu neuen Höhen, Tottenham ins Champions-League-Finale und PSG zum Erfolg in der Ligue 1.

Mit diesen Fakten ist es zwar nicht die Weltklasse-Bewerbung, die die Chelsea-Bosse sofort umgehauen hat, aber Pochettino hat einen guten Ruf und bislang schon genug erreicht, um vom Team respektiert zu werden.

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FC Chelsea: Mauricio Pochettino kann Talente entwickeln

Eine der großen Stärken von Pochettino bei Tottenham war die Entwicklung junger Spieler und das Fördern von Talenten.

Der Trainer sorgte vor allem für den bemerkenswerten Aufstieg von Harry Kane, der zuvor mehrfach ausgeliehen worden war. Heung-min Son verpflichtete er als relativ unbekannten 23-Jährigen, der sich mittlerweile zu einem der besten Flügelspieler der Welt entwickelt hat. Auch Dele Alli erlebte die besten Jahre seiner Karriere unter Pochettino.

Auch andere Talente aus der Jugend-Akademie der Spurs wie Harry Winks, Danny Rose und Ryan Mason bekamen ihre Chancen und wurden zu Stammspielern in der ersten Mannschaft.

Gerade dieser Ruf könnte den FC Chelsea überzeugt haben. Die Blues haben zahlreiche englische Talente in ihren Reihen wie Mason Mount, Noni Madueke, Conor Gallagher und Carney Chukwuemeka.

Pochettinos Zeit bei PSG sollte in dieser Hinsicht aber als Warnung dienen. Denn dort kam er mit dem enormen Star-Aufgebot nicht zurecht und konnte die Talente des Klubs nicht in seinem Team einbauen.

Er musste sich sogar schließlich dafür rechtfertigen, dass er in der Endphase der letzten Saison nicht auf junge Spieler gesetzt hatte: "Ich habe nicht gesagt, dass sie spielen werden, ich habe gesagt, dass sie vielleicht ein paar Minuten bekommen. Wir haben eine Mannschaft mit 30 etablierten Spielern aufgebaut. Daran wurde im Januar nichts geändert. Es ist nicht viel Platz für die jungen Spieler da. Sie müssen sich ihre Spielzeit verdienen."

Der FC Chelsea hofft, dass Pochettino im Sommer den bestehenden Kader ausmisten kann, damit er dann in London nicht vor denselben Problemen wie in Paris steht.

Julian Nagelsmann
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FC Chelsea und Mauricio Pochettino: Keine andere Option?

Die Suche des FC Chelsea nach einem neuen Trainer hat sich so lange hingezogen, dass man sich selbst in Bedrängnis gebracht hat.

Der frühere Barcelona- und Spanien-Trainer Luis Enrique wurde von vielen Fans als der Top-Kandidat gesehen. Doch nach der zweiten Gesprächsrunde war er raus.

Julian Nagelsmann, Ende März in München entlassen, galt daraufhin als klarer Favorit, zog sich dann aber selbst aus dem Rennen zurück. Das Problem: Ohne Champions League bekommt man eben keinen Weltklasse-Trainer.

Und es gibt Parallelen zwischen Pochettino und Nagelsmann: Der Deutsche führte das kleine Hoffenheim aus dem Abstiegskampf in die Champions-League-Qualifikation und RB Leipzig ins CL-Halbfinale im Jahr 2019.

Aber sein plötzlicher Abgang bei Bayern war vielleicht ein Warnzeichen für Chelsea, das Konstanz auf der Trainerposition sucht. Auch deshalb ist Pochettino genau die richtige Wahl Chelseas für den Neuanfang.

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