Liverpool und Jürgen Klopp können froh sein, wenn PSG-Star Kylian Mbappé zu Real Madrid geht

Von Mark Doyle / Daniel Buse
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Der Franzose ist vielleicht der beste Spieler der Welt, aber seine Ego-Touren würden im Liverpool-Team nicht gut ankommen.

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Geht Kylian Mbappé also nun endlich zu Real Madrid? Oder doch nicht? Was bedeutet das für den FC Liverpool? Bemühen sich die Reds eigentlich ernsthaft um den Starstürmer von PSG? Fragen über Fragen und sie beschäftigen die Fans mindestens so lange, wie die Zukunft Mbappés ungeklärt ist.

Reds-Teammanager Jürgen Klopp wollte Mbappé schon einmal verpflichten, damals spielte dieser noch in Monaco. Mbappé kehrte jedoch in seine Heimatstadt Paris zurück und schloss sich 2017 PSG an. Im selben Sommer holte Liverpool Mohamed Salah von der Roma, was sich als einer der besten Transfers der Klub-Geschichte erwies.

Der Ägypter hat gerade die 200-Tore-Marke für die Reds geknackt und ist immer noch in Top-Form. Allerdings ist er auch schon 31 Jahre alt - und das Interesse aus Saudi-Arabien an ihm ist groß. Salah am Ende der Saison für eine exorbitante Summe zu verkaufen, ergäbe sehr viel Sinn, wenn ein passender Nachfolger in Liverpool gefunden werden könnte. Mbappé ist verständlicherweise der Traum-Ersatz in den Augen vieler Reds-Fans. Denn wer sonst könnte auf Liverpools Flügel solche Top-Leistungen wie Salah zeigen?

Angeblich hat Mbappé aber schon Real Madrid sein Ja-Wort gegeben. Er wird, so behaupten es einige Medien, im Sommer, wenn sein Vertrag bei PSG ausläuft, in die spanische Hauptstadt wechseln. Das wurde zuletzt als großer Rückschlag für Liverpool dargestellt, aber eigentlich wäre es eher ein Segen für die Reds.

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Mbappé und sein Ballast

Mbappé ist ein echtes Phänomen, ein Talent, wie es nur alle paar Jahrzehnte auftaucht. Im Alter von nur 25 Jahren hat er bereits bei zwei Weltmeisterschaften geglänzt. Selbst in einer nicht-funktionierenden Mannschaft wie Paris Saint-Germain ist er oft nicht zu stoppen. Ein Spieler, der mit einer derartigen Geschwindigkeit gesegnet ist, dass er die Außenverteidiger einfach überrennt. Aber Liverpool braucht ihn trotzdem nicht. Oder besser gesagt: Die Reds brauchen den ganzen Ballast nicht, den Mbappé mit sich bringt.

Er ist der Star einer Seifenoper, die schon vor Jahren hätte abgesetzt werden sollen - und in der er immer verrücktere Ansprüche hat. Er ist der Dompteur in einem Zirkus, der PSG und Madrid durch Reifen springen lässt. Das ist alles sehr unerfreulich und das komplette Gegenteil der Werte, nach denen Jürgen Klopp und sein Team in Liverpool leben und arbeiten.

Man kann vom deutschen Coach, der gerne jammert, halten, was man will, aber seine Mannschaft ist bewundernswert fleißig und beeindruckend widerstandsfähig. Der einzige Weg in Klopps Startaufstellung führt für die Spieler über harte Arbeit. Die Mannschaft muss immer an erster Stelle stehen. Klopp hat immer die Fleißigen den Galacticos vorgezogen.

Gab es in der Vergangenheit aber auch Stress mit großen Egos an der Anfield Road? Auf jeden Fall. Das kürzlich erschienene Buch von Roberto Firmino hat bestätigt, was wir bereits vermutet haben: Salah und Sadio Mané waren während ihrer gemeinsamen Zeit an der Merseyside nie wirklich Freunde. Dennoch wurde das nie zu einem Problem außerhalb des Platzes und schon gar nicht auf dem Platz.

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Der Nachfolger von Cristiano Ronaldo

Wäre das auch möglich gewesen, wenn Mbappé einer der Beteiligten gewesen wäre? Klares Nein. Er hat nie einen Hehl aus seinem Frust gegenüber seinen Mitspielern - oder gar den Trainern - gemacht. Der Pariser ist ein echter Sturkopf, in dieser Hinsicht der Nachfolger von Cristiano Ronaldo, dem Idol seiner Kindheit.

Es passt, dass er nun wahrscheinlich nach Madrid wechselt, zu einem Klub, bei dem selbstverliebte Superstars nicht nur geduldet, sondern sogar noch verwöhnt werden - wenngleich oft mit großem Erfolg.

Die 'Könige Europas' halten sich für etwas Besseres: Real Madrid und seine Spieler glauben immer, die Besten der Welt zu sein - und beweisen gerade deshalb so oft, dass es stimmt. Und Mbappé ist maximal selbstbewusst (oder arrogant, je nachdem, wie man es sieht). Das bedeutet, dass er sich im Santiago Bernabéu sehr wohl fühlen wird. Genau wie sein Vorbild Ronaldo ist er zu gut, um dort zu scheitern.

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Klopp könnte Mbappé noch besser machen

Natürlich würde er auch in der Premier League alles dominieren. Die Vorstellung, dass Mbappé in einer stärkeren Liga als der Ligue 1 Probleme bekommen könnte, ist genauso absurd wie die Vorstellung, dass Lionel Messi mit einem Auswärtsspiel in Stoke nicht zurechtgekommen wäre. In der Champions League war Mbappé in 14 Spielen gegen englische Mannschaften an neun Toren direkt beteiligt.

Spannend wäre, was aus Mbappé werden könnte, wenn er sich auf Klopps Fußball-Philosophie einlassen würde. Im Gegensatz zu Pep Guardiola bei Manchester City hat der Ex-Trainer von Borussia Dortmund keine Superstars serviert bekommen - er hat sie selbst zu solchen gemacht und Spieler wie Salah, Mané, Firmino, Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang, Andy Robertson, Fabinho, Gini Wijnaldum, Mario Götze, Henrikh Mkitharyan, Marco Reus und Virgil van Dijk auf ein ganz anderes Niveau gebracht.

Was könnte Klopp mit Mbappé erreichen? Und was Mbappé mit Klopp?

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Kylian Mbappé ist kein Teamplayer

Die ganz große Hoffnung, dass Mbappé wirklich in Liverpool landet, gab es bisher nicht. Die Zahlen passen nicht, denn sie sind absurd. Die Reds müssten ihr Gehaltsgefüge völlig umkrempeln und möglicherweise einige ihrer Leistungsträger verkaufen, um sich Mbappé selbst als ablösefreien Transfer leisten zu können.

In Madrid heißt es, dass Real bereit ist, Mbappé ein Jahresgehalt in Höhe von 26 Millionen Euro und eine Prämie von 130 Millionen Euro für die Unterschrift zu zahlen. So viel Geld ist er aber einfach nicht wert - zumindest nicht für Liverpool.

Klopp ist dem Zeitplan beim Aufbau des nächsten Top-Teams in Anfield bereits weit voraus. Die Erneuerung des Mittelfelds ist besser verlaufen als erwartet, die Abwehr hält erstaunlich gut und vorne fehlt es Liverpool nicht an Optionen, wie der Sieg gegen Arsenal am Wochenende ohne Salah gezeigt hat.

Mbappé sieht zwar auf den ersten Blick wie der ideale Spieler aus, um die Lücke zu füllen, die der Ägypter hinterlassen könnte. Doch der PSG-Star würde das Risiko deutlich erhöhen, dass das ganze Projekt zusammenbricht, weil er die Grundpfeiler in Liverpool beschädigen würde.

Denn Mbappé ist kein Teamplayer, sondern ein Individualist. Einer, der die Taktik des Trainers kritisiert oder damit droht, den Verein zu verlassen, sobald es schwierig wird. Solche Mätzchen kann man von ihm in Madrid erwarten. An der Anfield Road aber wäre solch eine Ablenkung vom Wesentlichen ein Desaster.

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PSG hat ein Monster erschaffen

In der Tat hat man das Gefühl, dass man es ihm nicht recht machen kann, weshalb er für PSG zu einem großen Problem geworden ist. Er glaubt, er sei größer als der Verein - weil man ihm diesen Gedanken erlaubt hat. Die katarischen Besitzer des Klubs haben sich ständig verbogen, um ihm jeden Wunsch zu erfüllen, haben ein Vermögen gezahlt, damit er bleibt, und jetzt steht er kurz davor, umsonst zu gehen. PSG droht ohne Mbappé in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen - und das wissen sie auch, deshalb haben sie so hart darum gekämpft, ihn zu halten. Aber sie haben ein Monster geschaffen, das sie jetzt nicht mehr kontrollieren können.

Christophe Dugarry warnte schon vor vier Jahren, dass sich Mbappé in die falsche Richtung entwickelt, dass der Junge, der einst Monacos Titelfeier verließ, um auszuschlafen, Gefahr läuft, ein Egoist zu werden. Jetzt glaubt der ehemalige französische Nationalspieler, dass es für Mbappés weitere Entwicklung als Spieler unerlässlich ist, dass er wechselt.

"Ich glaube, dass Mbappé aktuell stagniert", so Dugarry bei RMC Sport. "Ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass er geht. Ich glaube, er wird immer berechenbarer, es fehlt ihm an Kraft und Charakter, er taucht zu oft in Spielen ab. Er hat die ganze Macht gewollt und bekommen. Man hat das Gefühl, dass er ein kleiner Junge ist, für den alles nun eine Nummer zu groß ist. Ich habe das Gefühl, dass er ein bisschen verloren ist."

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Mbappé spielt und verhält sich wie ein Real-Star

In Madrid wäre das anders. Carlo Ancelotti, der gerade einen neuen Vertrag unterschrieben hat, ist ein Meister darin, es dem Präsidenten und seinen Spielern rechtzumachen. Natürlich hat Mbappé schon früher seine Bewunderung für Klopps Hochgeschwindigkeitsfußball zum Ausdruck gebracht, aber wie würde er auf die an ihn gestellten Anforderungen reagieren? Selbst wenn Mbappe etwas weniger machen müsste, ist Liverpool eine Mannschaft, die eigentlich ganz vorne mit der Verteidigung anfängt - und das wird auch so bleiben, solange Klopp dort das Sagen hat.

Sollten die Reds ihn also verpflichten, dann nur zu ihren Bedingungen, sowohl in finanzieller als auch in sportlicher Hinsicht. Und wenn uns die jüngste Vergangenheit etwas gelehrt hat, dann, dass Kylian Mbappé keiner ist, der Zugeständnisse macht.

Der ehemalige Sportdirektor von PSG, Leonardo, sagte L'Équipe: "Mit seinem Verhalten in den letzten zwei Jahren hat Mbappé gezeigt, dass er noch nicht in der Lage ist, eine Mannschaft wirklich zu führen. Er ist ein toller Spieler, aber kein Leader. Es ist schwer, eine Mannschaft um ihn herum aufzubauen."

Florentino Pérez ist jedoch mehr als gewillt, es zu versuchen. Und die Chancen stehen gut, dass es für alle Beteiligten funktioniert, denn Mbappé spielt - und verhält sich - bereits wie ein Spieler von Real Madrid. So schmerzhaft es für PSG auch sein mag, sich das einzugestehen und damit umzugehen: Der Verein und das Team sind ohne ihn besser dran. Und Liverpool wird es auch sein.

Mbappé mag auf den ersten Blick wie der ideale Salah-Nachfolger aussehen, aber er hat bereits bewiesen, dass er zu viel Ärger macht, als dass es einen Versuch wert ist.

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