"Er hatte immer neue Tricks auf Lager!" Ehemaliges Talent des FC Bayern München stand sogar über Jamal Musiala

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Luca Denk spielt nicht nur für den FC Bayern München Fußball - er arbeitet gleichzeitig auch in der IT-Abteilung an der Säbener Straße. Im Interview erzählt der 21-jährige Reserve-Spieler von seinem Doppelleben, von Jamal Musialas Anfangsschwierigkeiten, seiner WG-Zeit mit Frans Krätzig und der neuen Nachwuchshoffnung Nestory Irankunda.

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Herr Denk, Sie spielen für die Reserve des FC Bayern und arbeiten gleichzeitig in der IT-Abteilung an der Säbener Straße. Wie hat Ihr heutiger Tag ausgesehen?

Luca Denk: Am Vormittag war ich eineinhalb Stunden im Training, dann habe ich etwas gegessen und am Nachmittag gearbeitet. An Spieltagen bin ich freigestellt. Wenn wir trainingsfrei haben, arbeite ich dafür oft den ganzen Tag.

Was ist der entspanntere Teil Ihres Berufslebens?

Denk: Fußball. Das macht mir einfach am meisten Spaß.

Wie sind Sie in der IT-Abteilung des FC Bayern gelandet?

Denk: Mit Dr. Eva Zier, der Teamleiterin Pädagogik, gibt es am Campus eine Ansprechpartnerin für die duale Ausbildung. Also dafür, was man nach dem Schulabschluss weiter neben dem Fußball machen kann. Sie hat mir ein einwöchiges Praktikum in der IT-Abteilung an der Säbener Straße organisiert. Das hat mir sehr gut gefallen. Deshalb habe ich mich daraufhin für einen Ausbildungsplatz beworben. Im September 2021 ging es los. Seitdem bin ich abwechselnd drei Wochen in der Berufsschule und drei Wochen in der Arbeit. Ende des Jahres steht meine Abschlussprüfung an. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.

Was sind Ihre Aufgaben in der IT-Abteilung?

Denk: Ganz unterschiedlich. Wir kümmern uns um Netzwerkverbindungen, überwachen die Systeme und haben einen IT-Support, an den sich die Mitarbeiter wenden können, wenn sie technische Probleme haben. Außerdem machen wir IT-Security-Awareness-Trainings, wo wir die Mitarbeiter schulen, wie sie beispielsweise Phishing-Mails erkennen.

Sie haben Ihren Vertrag bei der Reserve bis 2027 verlängert. Wie gewichten Sie Ihre Tätigkeiten?

Denk: Ich will mein fußballerisches Potenzial weiterhin ausschöpfen. Es ist mein Traum, eines Tages in der Bundesliga zu spielen. Aktuell liegt mein Hauptfokus aber auf dem Abschluss der Ausbildung. Wenn ich im Sommer ein Angebot bekommen hätte, das mit meiner Ausbildung nicht kompatibel gewesen wäre, hätte ich es auf jeden Fall abgelehnt. Deswegen kamen bisher Leihen für mich auch nicht in Frage.

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Empfinden Sie im Fußball weniger Druck, seit Sie sich ein zweites Standbein aufgebaut haben?

Denk: Ja, die Arbeit ist ein guter Ausgleich für mich. Ich denke nicht mehr rund um die Uhr an den Fußball, sondern auch an meine Weiterentwicklung in anderen Bereichen.

Bei der Reserve des FC Bayern herrscht eine irrsinnige Fluktuation, prinzipiell will jedes Talent so schnell wie möglich den nächsten Schritt machen. Inwiefern herrscht in dieser Gemengelage ein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl?

Denk: Ich bin seit zweieinhalb Jahren dabei, in der Zeit haben vielleicht 100 verschiedene Spieler für die Amateure gespielt. Mit Adam Aznou, Adin Licina, Nestory Irankunda, Javier Fernandez, Jonathan Asp-Jensen und Noel Aseko Nkili trainieren aktuell bis zu sechs unserer Spieler regelmäßig bei den Profis. Je nachdem, ob sie dort im Kader stehen oder nicht, kommen sie bei uns zum Einsatz. Manchmal, wenn es bei den Profis angeschlagene Spieler gibt, erfahren wir das erst am Tag vor einer Partie. Das ist schwierig für die Spieler, die eigentlich für die Startelf eingeplant waren. Ich war auch schon mal in dieser Situation. Aber so ist das nun einmal bei einer zweiten Mannschaft. Die Ergebnisse der letzten Wochen haben aber gezeigt, dass wir eine gute Truppe mit einer tollen Mentalität haben.

Sie sind 2017 direkt mit der Campus-Eröffnung ins Internat eingezogen - und waren der erste Verletzte. Was ist passiert?

Denk: Ich habe mit einem Kumpel gequatscht, mich umgedreht, ihn dabei aber noch angeschaut und bin blind gegen eine Säule gelaufen. Dabei habe ich mir einen Cut über der Augenbraue zugezogen. Vom Doc gab es direkt einen Tacker, irgendwer musste die medizinische Abteilung einweihen. (lacht)

Ein halbes Jahr später hat es Sie schlimmer erwischt, bei einem Hallenturnier erlitten Sie einen Kreuzbandriss. Wie hat sich der Klub um Sie gekümmert?

Denk: Ich war während der gesamten Reha am Campus im engen Austausch mit einem Psychologen. Dank der Zusammenarbeit mit ihm habe ich aus dieser schwierigen Zeit vieles mitgenommen, was ich bis heute anwende. Etwa Meditation und Atemübungen. So bekomme ich auch in Stresssituationen einen klaren Kopf.

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Sie waren Internats-Sprecher am Campus. Wie kann man sich diese Rolle vorstellen?

Denk: Ich war das Bindeglied zwischen Spielern und Pädagogen. Wenn einem Mitspieler etwas am Herzen gelegen hat, konnte er erstmal mit mir sprechen. Arijon Ibrahimovic, der wie ich aus Nürnberg kam, ist beispielsweise manchmal mit Anliegen zu mir gekommen. So haben wir ein besonders enges Verhältnis entwickelt. Hin und wieder hat mich auch die Campus-Leitung angesprochen, zum Beispiel, wenn die Küche mal nicht so sauber war, damit ich solche Dinge im Team weitergebe und wir das regeln.

Was ist Ihre Lieblings-Anekdote aus der Zeit im Internat?

Denk: Frans Krätzig und Torben Rhein haben abends mal Nudeln gekocht. Irgendwas ist ihnen dabei offenbar angebrannt. Es hat jedenfalls stark geraucht. Sie sind aber nicht auf die Idee gekommen, die Fenster aufzumachen. Deshalb ist über die Rauchmelder der Feueralarm angegangen und die Feuerwehr sofort mit sechs Autos am Campus angerückt. Da wurde ordentlich was geboten. (lacht)

Wer war der unangenehmste Gegenspieler während Ihrer Zeit am Campus?

Denk: Ganz klar Malik Tillman. Bei ihm wusste man nie, was passiert. Er hatte immer neue Tricks auf Lager.

Sogar unangenehmer als Jamal Musiala?

Denk: Natürlich hat man auch Jamals Qualitäten von Anfang an gesehen. Er hat aber damals ein wenig Zeit gebraucht, bis er sich auf und neben dem Platz komplett eingelebt hatte. Wenn man auf Jamal zugegangen ist, konnte man immer gut mit ihm reden. Er war in der Anfangszeit aber noch etwas zurückhaltend und hatte seinen ersten Ansprechpartner in Bright Arrey-Mbi, der mit ihm gemeinsam von Chelsea gekommen war. Nach ein paar Monaten ist seine Mutter nach München übersiedelt und die beiden sind zusammengezogen. Daraufhin ist Jamal immer mehr aufgetaut.

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Konnten Sie Musialas Entwicklung erahnen?

Denk: Ich habe es anfangs nicht kommen sehen, dass er diesen Weg geht. Jamal hat die Saison in der U17 begonnen, ist im Spätherbst zur U19 hochgezogen worden und dann im Frühjahr nach dem Corona-Lockdown zu den Amateuren. Nach ein paar Drittliga-Einsätzen war er auch schon bei den Profis dabei. Es ist außergewöhnlich, wie er sich in dieser Zeit und auch seitdem weiterentwickelt hat. Jetzt ist er 21 und einer der besten Spieler der Welt.

Musste er bei seiner Ankunft in München eigentlich ein Begrüßungsritual absolvieren?

Denk: Guter Punkt! Normalerweise müssen die Neuen im Trainingslager singen. Jamal ist damals aber erst am Anfang der Saison dazugekommen und hat deshalb nicht gesungen. Da ist noch etwas offen! (lacht)

Sie haben Musiala nicht nur als Mitspieler erlebt, sondern auch als Gegner. Er hat damals für die englische U17-Nationalmannschaft gespielt, Sie für die deutsche. Kurz nach seinem Wechsel zum FC Bayern kam es zum direkten Duell.

Denk: Er hat uns damals große Probleme bereitet. In dem Spiel hat man schon gesehen, zu was er in der Lage ist.

Musiala hat bei diesem Duell für England auf der Zehn gespielt. Wissen Sie noch, wer die Position in der deutschen U17 bekleidet hat?

Denk: Puh. (überlegt) Flo Wirtz! Das ist ja eine irre Story.

Exakt. Heute zaubern Sie gemeinsam für das DFB-Team. Wer von beiden war damals weiter?

Denk: In dem Spiel war Jamal auf jeden Fall besser. Umtriebiger, hatte mehr Aktionen.

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Sie haben nicht nur mit Musiala und Wirtz zusammengespielt, sondern auch mit Aleksandar Pavlovic. Aufgrund seiner körperlichen Entwicklung galt er nie als absolutes Toptalent.

Denk: In der U17 hatte er kaum gespielt. Als er zu uns in die U19 gekommen ist, hat er innerhalb kürzester Zeit extrem an Größe und Masse zugelegt. Plötzlich konnte er seine fußballerischen Qualitäten viel besser ausschöpfen als zuvor. Ich wusste, dass er es schaffen wird - hätte aber nicht gedacht, dass es so schnell klappt.

Wie tickt er als Typ?

Denk: Aleks ist ein sympathischer Junge, offen und immer für einen Spaß zu haben. Und er ist sehr ehrgeizig.

Wie Pavlovic gilt auch Frans Krätzig als körperlicher Spätentwickler.

Denk: Ja, bis zur U19 war er unser Küken. Dann ist er verletzt ausgefallen und hat genau in dieser Zeit körperlich einen unglaublichen Sprung gemacht. Die Beispiele Pavlovic und Krätzig zeigen, dass man Spieler wegen ihrer körperlichen Entwicklung nicht zu schnell abschreiben sollte.

Sie kennen Krätzig noch aus gemeinsamen Zeiten beim 1. FC Nürnberg. Nach dem Auszug aus dem Internat haben Sie mit ihm eine WG eröffnet. Wie kam es?

Denk: Eigentlich wollten wir uns jeder eine eigene Wohnung suchen. Wir haben in der U19 aber noch nicht genug Geld verdient, um uns am Münchner Mietmarkt alleine eine Zweizimmerwohnung leisten zu können. Deshalb haben wir beschlossen, eine WG aufzumachen. Bei einer Besichtigung haben wir eine Absage bekommen, weil die Vermieter langfristige Mieter gesucht haben. Bei Fußballern wüsste man nie, was in einem halben Jahr ist, hat es geheißen. Irgendwann haben wir doch noch eine Wohnung gefunden, in der wir dann eineinhalb Jahre zusammengelebt haben. Als Frans nach Wien verliehen wurde, bin ich noch ein halbes Jahr alleine drinnen geblieben. Mit seiner Leihe zum VfB Stuttgart haben wir die WG aufgelöst und ich habe mir etwas Eigenes gesucht.

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War es damals hilfreich, einen Freund und Mitbewohner in der gleichen Lebenssituation zu haben?

Denk: Ja, das war sehr wichtig für mich. Bis heute ist Frans mein erster Ansprechpartner, wenn ich einmal einen Rat brauche.

Am Campus hatten Sie mit Miroslav Klose und Martin Demichelis zwei berühmte Ex-Spieler als Trainer. Wie haben Sie die beiden erlebt?

Denk: Miro Klose hat so viel Wissen über Fußball vermittelt. Ich hätte ihm ewig zuhören können und habe immer nur gedacht: Erzähl mir mehr, erzähl mir mehr! Miro war immer ganz ruhig und gelassen. Micho ist ein ganz anderer Typ. Impulsiver und emotionaler, typisch Argentinier. Da er wie ich ein Defensivspieler war, habe ich von ihm viel mitnehmen können.

Ein großer Hype herrscht aktuell um Nestory Irankunda. Wie erleben Sie ihn?

Denk: Nestory sorgt immer für gute Stimmung. In der Kabine macht er Musik und tanzt gerne. Wenn er im Training ein Traumtor mit einem Salto bejubelt, weiß man nicht, was man mehr bestaunen soll: das Tor oder den Jubel. Als Gegenspieler ist er ein absoluter Alptraum. Dank seines tiefen Körperschwerpunkts ist er extrem stabil, seine Schnelligkeit und Sprungkraft sind unglaublich.