FC Bayern München - Haaland entdeckt, bei Leipzig und Chelsea entlassen: Wer ist Bayern-Kandidat Vivell?

Christopher Vivell arbeitet bereits für die TSG Hoffenheim, RB Salzburg, RB Leipzig und den FC Chelsea.
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Christopher Vivell wird als neuer Technischer Direktor des FC Bayern gehandelt. Die beiden letzten Tätigkeiten des 36-Jährigen endeten abrupt, in München würde er die Redbullisierung weiter vorantreiben.

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Viele Traditionen gibt es bei RB Leipzig bekanntlich nicht. Aber das ist auch kein Wunder, der zur Bewerbung von Red Bull geschaffene Klub existiert schließlich erst seit 2009. Eine Tradition scheint sich aktuell aber zu etablieren: Allherbstlich wird ein führender Angestellter aufgrund mangelnder Identifikation entlassen.

"Fehlendes Commitment" führte laut dem Aufsichtsratsvorsitzenden Oliver Mintzlaff kürzlich zur Freistellung von Sportvorstand Max Eberl. Er hatte zuvor ein klares Bekenntnis zu RB Leipzig vermieden, dem Vernehmen nach strebt er schon länger einen Wechsel zum FC Bayern München an.

Ziemlich genau vor einem Jahr hatte es den Technischen Direktor Christopher Vivell erwischt, "weil das Vertrauen nicht mehr da war", wie Mintzlaff damals erklärte. Der Grund: Vivell soll nur einen Tag vor einem Champions-League-Spiel gegen Celtic mit Verantwortlichen des FC Chelsea über einen Wechsel verhandelt haben.

Christopher Vivell arbeitet bereits für die TSG Hoffenheim, RB Salzburg, RB Leipzig und den FC Chelsea.
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FC Bayern: Die nächste Führungskraft mit RB-Vergangenheit?

Kurz nach seinem Abschied aus Leipzig unterschrieb Vivell tatsächlich bei Chelsea, wo zuvor der eigentliche Wunschkandidat abgesagt hatte: Christoph Freund von RB Salzburg. Bereits im Juli wurde Vivell bei Chelsea aber schon wieder freigestellt. Nun gilt er als potenzieller neuer Technischer Direktor des FC Bayern, künftig könnte er mit Eberl und Freund ein Führungstrio bilden.

Freund ist seit September Sportdirektor, Eberl soll alsbald den vakanten Posten des Sportvorstands übernehmen. Sofern Vivell auch noch kommt, würde die ohnehin immer weiter voranschreitende Redbullisierung des FC Bayern ein neues Level erreichen. Mit NLZ-Chef Jochen Sauer und dem Koordinator Talentförderung Richard Kitzbichler stehen bereits zwei weitere ehemalige Salzburger Funktionäre beim FC Bayern unter Vertrag.

Ungewiss erscheint unterdessen die Zukunft des aktuellen Technischen Direktors Marco Neppe, zum Ende der sommerlichen Transferperiode war er in die Verhandlungen schon kaum mehr involviert. Er ist der letzte Vertreter der alten Führungsriege um den Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Neppe und Vivell verbinden kurioserweise einige Gemeinsamkeiten: Sie sind nicht nur beide Jahrgang 1986, sie können auch auf ähnliche Werdegänge zurückblicken. Weil ihnen der Durchbruch als Profi verwehrt blieb, trieben sie stattdessen früh ihre Funktionärs-Karrieren voran.

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Christopher Vivell: Über Salzburg nach Leipzig

Der gebürtige Karlsruher Vivell absolvierte zunächst ein Sportstudium und sammelte bei der TSG Hoffenheim Erfahrungen als Scout und Analyst. 2015 wechselte er nach Salzburg. Als Leiter der Scouting-Abteilung und später auch als Sportkoordinator baute er dort gemeinsam mit Sportdirektor Freund das womöglich effektivste Talent-Sichtungs-Netzwerk der Welt auf. Etliche Spieler schafften den Sprung über Salzburg in europäische Top-Ligen. Beispielsweise Erling Haaland, an dessen Entdeckung beim FK Molde Vivell einst entscheidenden Anteil hatte.

2020 wurde aber auch Vivell die österreichische Bundesliga zu klein. Wie viele Spieler vor und nach ihm wechselte auch er zum Schwesterklub nach Leipzig. Vivell übernahm den Posten des Technischen Direktors, gemeinsam mit Sportdirektor Markus Krösche holte er kurz darauf Dominik Szoboszlai über den kurzen Dienstweg aus Salzburg. Auch den Transfer von Benjamin Sesko fädelte er ein. Wie hart die Verhandlungen waren? Im Podcast kicker meets DAZN verkündete Vivell die zumindest hinterfragenswürdige These, dass es "verdammt schwer" sei, Spieler von Salzburg nach Leipzig zu lotsen.

Nach Krösches Wechsel zu Eintracht Frankfurt 2021 verantwortete Vivell gemeinsam mit Mintzlaff und dem vormaligen Mediendirektor Florian Scholz interimistisch Leipzigs Transfer-Tätigkeiten. In dieser Not-Konstellation habe Leipzig laut Mintzlaff im Sommer 2021 "das mit Abstand beste Transferfenster" hingelegt, "und ich meine dabei gar nicht die finanziellen Ergebnisse, sondern die Prozesse und Abläufe".

In jenem Sommer verkaufte Leipzig Ibrahima Konaté an den FC Liverpool und Kapitän Marcel Sabitzer sowie Abwehrchef Dayot Upamecano an den FC Bayern, wohin zuvor schon Trainer Julian Nagelsmann gewechselt war. Einnahmen in Höhe von 113,5 Millionen Euro standen marginal höhere Ausgaben gegenüber. Unter anderem verpflichtete Leipzig Josko Gvardiol, André Silva, Angelino und Mohamed Simakan. Ende 2022 kam mit Eberl dennoch ein neuer Geschäftsführer Sport, aufgrund seiner Verhandlungen mit Chelsea musste Vivell kurz davor gehen.

Dominik Szoboszlai und Benjamin Sesko (Foto) folgten Christopher Vivell von Salzburg nach Leipzig.
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Christopher Vivells turbulente Zeit beim FC Chelsea

"Der FC Chelsea baut das aufregendste Projekt im Weltfußball auf", sagte Vivell bei seiner Ankunft. Wie sich herausstellen sollte: aufregend im Sinne von aufwühlend, nicht im Sinne von begeisternd. Vivell kam in einen Klub in Aufruhr. Unter dem neuen Besitzer Todd Boehly hatten sich die langjährigen Transfer-Verantwortlichen Marina Granovskaia und Petr Cech verabschiedet, außerdem wurde Trainer Thomas Tuchel entlassen. Trotz dieses Macht-Vakuums gab Chelsea in der Januar-Transferphase unfassbare 330 Millionen Euro für neue Spieler aus - und verpasste anschließend die internationalen Wettbewerbe.

"Er kam in einer sehr chaotischen und schwierigen Zeit des Klubs", sagt Chelsea-Experte Nizaar Kinsella vom Evening Standard zu SPOX und GOAL. Ungefähr zeitgleich mit Vivell verpflichtete Chelsea drei weitere Funktionäre: Laurence Stewart (37) von der AS Monaco, Paul Winstanley (44) von Brighton & Hove Albion und Joe Shields (36) vom FC Southampton. Fortan rangen sie mit Vivell um Zuständigkeiten und Entscheidungsgewalten.

"Vivell war der einzige Nicht-Engländer", sagt Kinsella. "Bei den Spielern und Beratern genoss er zwar hohes Ansehen. Aber die anderen Direktoren bekamen von den Besitzern mehr Macht und Vertrauen. Vivell blieb am Ende nicht viel Arbeit." Eine entscheidende Rolle habe er lediglich bei der Verpflichtung von Christopher Nkunku gespielt. Nkunku folgte Vivell diesen Sommer für die festgeschriebene Ablöse von 60 Millionen Euro von Leipzig zu Chelsea.

Als Chelsea im Frühling einen neuen Trainer suchte, soll sich Vivell für Julian Nagelsmann eingesetzt haben. Die beiden arbeiteten einst sowohl in Hoffenheim als auch in Leipzig zusammen. Den Posten bei Chelsea bekam mit Mauricio Pochettino aber letztlich der Wunschkandidat der anderen Funktionäre. Beim FC Bayern könnte Vivell mit ehemaligen RB-Funktionären künftig einen harmonischeren Führungszirkel bilden.