FC Bayern München: Gibt es ein Muster? Die dritte Krise von Julian Nagelsmann in der XXL-Analyse!

Von Justin Kraft
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Durch den ganzen Cancelo-Wahnsinn ist fast untergegangen, dass der FC Bayern München unter Julian Nagelsmann soeben zum dritten Mal eine Phase erlebt, in der die Ergebnisse ausbleiben. SPOX vergleicht vor dem Spiel im DFB-Pokal beim 1. FSV Mainz 05 (LIVETICKER) die unterschiedlichen Krisen und prüft, ob es Muster gibt.

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Die überraschende Verpflichtung von João Cancelo von Manchester City mag die Gemüter rund um den FC Bayern München in den vergangenen Tagen ein wenig abgelenkt haben, doch sportlich hat sich erst mal nichts an der Situation geändert: Beim Rekordmeister brodelt es. 1:1 in Leipzig, 1:1 gegen den 1. FC Köln und nun 1:1 gegen Eintracht Frankfurt - der FC Bayern München schwächelt und anders als in der Vergangenheit weiß die Konkurrenz die Patzer bisher zu nutzen. Der Vorsprung auf die Verfolger ist in der Bundesliga geschmolzen. Schon am nächsten Spieltag könnte die Tabellenführung weg sein.

"Wir sind alles andere als gut in diese Rückrunde gestartet. Objektiv fällt auf, dass das zwei Mannschaften sind", erklärte Oliver Kahn nach dem Remis gegen Frankfurt: "Die Mannschaft vor der Fußball-Weltmeisterschaft - und es gibt eine Mannschaft nach der WM." Auch deswegen dürfte mit João Cancelo ein spielstarker, aber seit der WM freilich auch im Formtief steckender Außenverteidiger geholt worden sein. Marcel Sabitzer hat den Klub kurz vor Toreschluss zudem in Richtung Manchester United verlassen. Frischer Wind hat noch nie geschadet.

2021 übernahm Nagelsmann den Trainerposten beim Abomeister, seitdem gab es bereits drei unterschiedlich lange Phasen, in denen die Ergebnisse nicht passten. SPOX ist auf der Suche nach Regelmäßigkeiten und Mustern. Welche Gründe hat die aktuelle Krise und wo lassen sich Parallelen zu vergangenen Stolperphasen des FC Bayern unter Nagelsmann ziehen?

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FC Bayern München: Die drei Krisen des Julian Nagelsmann

Die erste echte Krise erlebte der FC Bayern unter Nagelsmann ebenfalls im Winter. Zu Beginn des Jahres 2022 lief es für die Münchner nicht rund. Erst sorgten viele Coronaausfälle dafür, dass ein Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach mit 1:2 verloren wurde, etwas später verlor der Rekordmeister mit 2:4 in Bochum. Es folgten wechselhafte Auftritte - unter anderem Unentschieden gegen Salzburg, Leverkusen und Hoffenheim (jeweils 1:1), aber auch das Aus im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Villarreal. Die Bundesliga-Saison wurde schließlich mit einer Niederlage und zwei Unentschieden beendet.

Angesichts der vielversprechenden Hinrunde war die Rückrunde eine große Enttäuschung für den FCB. In der neuen Saison ging es nach zunächst gutem Start wechselhaft weiter. Viermal in Serie konnten die Bayern in der Bundesliga nicht gewinnen - darunter eine 0:1-Niederlage in Augsburg. Dann aber fing sich das Nagelsmann-Team, holte aus 13 Pflichtspielen zwölf Siege und ein Unentschieden in Dortmund.

Abermals sollte diese Phase des Erfolgs nicht lange anhalten. Denn nun gab es wieder drei Unentschieden in Serie. Nach einer außergewöhnlich langen WM-Pause scheinen die Bayern vollkommen von der Rolle zu sein. Doch woran liegt das?

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FC Bayern München: Die drei Krisen im Zahlen-Check

Eins fällt beim Vergleich der drei Krisen sofort auf: Die Bayern spielen zu oft Unentschieden. In bisher 74 Pflichtspielen haben sie 22-mal nicht gewonnen - darunter 14 Remis. Zehnmal spielten die Münchner dabei 1:1. Ohnehin gelang dem Rekordmeister in diesen 22 Partien nur fünfmal mehr als ein Tor.

Schaut man sich den Toreschnitt der Nagelsmann-Bayern übergreifend an, ist er überragend. 3,08 Treffer pro Spiel sind ein absoluter Spitzenwert. In den 22 sieglosen Spielen liegt der Schnitt wiederum bei 1,04 Toren pro Spiel. Dem stehen 3,94 Tore pro siegreicher Partie gegenüber. Eine Diskrepanz, die nur dann verkraftbar wäre, wenn die Bayern nicht in knapp 30 Prozent aller Pflichtspiele ohne Erfolg geblieben wären.

Ein Muster? Womöglich. Einen nicht unwesentlichen Unterschied gibt es aber in der aktuellen Krise: Die Bayern erspielen sich erstaunlich wenige hochwertige Chancen. 0,7 Expected Goals in Leipzig, 1,4 gegen Köln und nun 1,6 gegen Eintracht Frankfurt - zum Vergleich in den restlichen 19 sieglosen Nagelsmann-Spielen lag der Schnitt bei rund zwei. Drei Pflichtspiele in Serie mit 1,6 Expected Goals oder weniger gab es in der jungen Ära des 35-Jährigen erst einmal: In den beiden Partien gegen Villarreal sowie im Bundesliga-Spiel gegen den FC Augsburg dazwischen.

Auch defensiv gibt es spürbare Unterschiede. Im Schnitt haben die Bayern ein Tor mehr pro Partie kassiert, wenn sie nicht gewinnen konnten. Wobei ein großer Anteil noch aus der letzten Saison stammt. Dort kassierten die Münchner unter anderem fünf Gegentore im Pokal gegen Gladbach und vier gegen Bochum. In dieser Saison stehen sie defensiv deutlich stabiler.

FC Bayern München: Gewonnene Spiele unter Julian Nagelsmann im Vergleich zu Niederlagen und Remis

Ergebnis (Spiele)TorverhältnisTorverhältnis/Spiel
Gewonnen (52)205:353,94:0,67
Nicht gewonnen (22)23:381,04:1,72
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FC Bayern München: Inkonstanz in der Offensive

Doch woran ist die gelegentliche Ladehemmung in der Offensive festzumachen? Hier wird die Analyse komplexer und auch schwer vergleichbar. Jedes der 22 sieglosen Spiele erzählt seine eigene Geschichte. Eine davon ist jedoch auch die fehlende Konstanz einzelner Spieler.

Das Paradebeispiel dafür ist Serge Gnabry. Der 27-Jährige zählt zwar regelmäßig zu den Topscorern der Bundesliga, trifft dabei aber nur selten konstant über einen längeren Zeitraum. Auch in dieser Saison begann Gnabry gut mit je zwei Toren und Assists, verschwand dann aber in sechs Bundesliga-Spielen in Serie von der Bildfläche. Es folgte wieder eine sehr starke Phase, die nun durch eine Schwächeperiode abgelöst zu werden scheint. Gnabry hat viele Highlightspiele wie gegen Werder Bremen (Hattrick) oder auswärts beim FC Barcelona (drei Assists), aber er ist schlicht nicht konstant genug.

Bei Leroy Sané ist die Situation ähnlich. Wenn der Linksfuß einmal in Fahrt kommt, hat er zwar länger ausgeprägte Saisonphasen, in denen er regelmäßig direkt an Toren beteiligt ist, doch es folgen relativ bald viele Spiele, wo er komplett abtaucht. Das Extrembeispiel dafür ist die Rückrunde im Jahr 2022, als er in 19 Einsätzen lediglich an sieben Treffern beteiligt war. Zu wenig für seine Ansprüche.

Mit Kingsley Coman muss sich ein weiterer Offensivspieler diesen Vorwurf gefallen lassen. Bei ihm ist das große Problem aber viel mehr, dass er zu häufig ausfällt. Ihm fehlt dadurch regelmäßig der Spielrhythmus. Hat er diesen, war er in der Vergangenheit noch der konstanteste Flügelspieler der Bayern. In dieser Saison gesellt sich zudem mit Thomas Müller ein sehr erfahrener Spieler zu jenen Bayern-Akteuren, denen die Konstanz fehlt. Auch er fiel einige Zeit aus und leidet wohl unter fehlendem Rhythmus. Einem Jamal Musiala kann man mit 19 Jahren hingegen kaum vorwerfen, dass er nach einem großen Turnier seine Form sucht.

In der Vergangenheit lieferten Franck Ribéry und Arjen Robben auf den Außenpositionen zuverlässig ab. So unbestritten die Klasse des aktuellen Kaders ist: Die Formschwankungen sind unverkennbar. Gerade während der Ergebniskrisen ist von Gnabry, Sané, Coman und Co. zu wenig zu sehen. Auch wenn die Verantwortung nicht ausschließlich bei ihnen liegt, so erklärt sich zumindest ein Teil der schwankenden Leistungen mit ihrer Inkonstanz.

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FC Bayern München: Taktische Muster

Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, welchen Anteil Nagelsmann an der offensiven Ladehemmung hat. Villarreal, Frankfurt, Augsburg, Gladbach - unter den bisherigen Niederlagen und Unentschieden finden sich nämlich auch taktische Muster, mit denen die Bayern Probleme haben.

Nagelsmanns Idee zielt darauf ab, das Zentrum möglichst dicht zu besetzen. Einerseits ergeben sich dadurch Kombinationsmöglichkeiten in den gefährlichsten Räumen des Spielfelds. Auf der anderen Seite hat man bei Ballverlusten die Möglichkeit, sofort mit vielen Spielern ins Gegenpressing zu gehen. Kommen die Münchner in dieser Ausrichtung erstmal ins Rollen, sind sie kaum aufzuhalten. Das zeigen die vielen Siege inklusive des Toreschnitts.

Stellt ein Gegner das Zentrum aber taktisch klug zu und verfügt gleichzeitig noch über eine gewisse individuelle Klasse, wenn es um aggressives Verteidigen geht, tun sich die Bayern offenbar schwer, den Zentrumsfokus zu halten.

Auffällig ist, dass sie in zwei von drei Krisen einen anderen Fußball gespielt haben. In der Rückrunde 2022 schien Nagelsmann auf die Kritik von Robert Lewandowski zu reagieren. Er stellte auf Dreierkette um, nahm dafür einen Spieler aus dem offensiveren Zentrum heraus und sorgte so für eine insgesamt breitere Grundausrichtung. Bayern hatte plötzlich Probleme mit dem eigenen Spieltempo und kam aufgrund der größeren Abstände nicht mehr so gut ins Gegenpressing. Auch eine Rückkehr zur Viererkette konnte den verlorenen Rhythmus nicht mehr auffangen.

In der jetzigen Krise ist das ähnlich. Zwar hat Nagelsmann nicht aktiv für Veränderung gesorgt, doch sein Team spielt zu breit. "Wir spielen fast nur über die Flügel, bringen keinen Ball zu den gefährlichen Spielern vorn", kritisierte der Trainer nach dem Frankfurt-Spiel. Wieder führt das Abweichen von der eigentlichen Struktur zu Schwierigkeiten.

Abhilfe schaffen kann nun Cancelo, der als Rechts- und Linksverteidiger ein hervorragender Spielmacher ist. Mit dem Portugiesen kann Nagelsmann für mehr Unterstützung im Spielaufbau sorgen und Kimmich aktiv unterstützen. Denn ein Problem war in den ersten drei Spielen des Kalenderjahres auch, dass der Übergang vom Spielaufbau bis ins letzte Drittel nicht gut genug war.

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FC Bayern München: Dysbalance im Mittelfeld

Eine Ursache dafür, dass es einzelne Teams immer wieder schaffen, den FC Bayern von seinem ursprünglichen Plan abzubringen, könnte auch die Dysbalance im Mittelfeld sein. Der defensivste Spieler in der Schaltzentrale ist Joshua Kimmich - und der hat bekanntermaßen einen großen Drang, sich offensiv mit einzumischen. Um ihn herum gab es mit Marcel Sabitzer, Leon Goretzka und Ryan Gravenberch drei Spieler, die allesamt in ihrer Karriere eher offensivere Positionen bekleidet haben - also Achter oder Zehner.

Einerseits fehlt den Münchnern ein klarer Abräumer auf der Sechs, andererseits gibt es spielerische Defizite. Goretzka ist neben Kimmich meist gesetzt, ist aber gedanklich oft nicht schnell genug, wenn es darum geht, unter Druck die richtige Entscheidung zu treffen. Im Spielaufbau ist er zu selten ein Faktor. Sabitzer konnte seine Qualitäten zu selten zeigen, weshalb er nun an Manchester United verliehen wurde. Im Sommer werden sich die Bayern hier neu aufstellen und auch aufstellen müssen.

Lösen soll dieses Problem in Zukunft Konrad Laimer. Der Österreicher kann der defensive Abräumer sein, den die Bayern derzeit vermissen. Doch ob er auch spielerisch die notwendige Qualität hat, muss sich erst noch zeigen. Vielleicht ist Cancelo aber auch schon Teil der Lösung.

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FC Bayern München: Doch ein Lewandowski-Problem?

Auch wenn der FC Bayern Robert Lewandowski fast schon vergessen hatte: Der Pole fehlt manchmal eben doch. Gerade in der jetzigen Phase, wo die restlichen Offensivspieler nicht in Form sind, war der 34-Jährige oft eine verlässliche Konstante. Gerade wenn das Team taktisch mal vom ursprünglichen Plan abwich, gab es immer die Option, den Ball irgendwie zu Lewandowski zu bringen - und der machte meist sein Tor.

In den guten Saisonphasen wirkten die Bayern flexibler ohne ihn. Sie waren schwerer auszurechnen und Nagelsmanns Idee schien deutlich besser zu funktionieren. Und doch schließt diese Beobachtung nicht aus, dass es auch Bereiche gibt, in denen Lewandowski fehlt.

Als sich die Bayern von Frankfurt auf den Flügel drängen ließen, gingen ihnen die Optionen aus. Hin und wieder wäre dann doch ein Spieler gut, den man überspitzt formuliert nur anschießen muss, um in Führung zu gehen. Eric Maxim Choupo-Moting konnte das mit seiner starken Form im Herbst kurzzeitig auffangen. Aber es darf bezweifelt werden, dass er diese Qualität dauerhaft auf den Rasen bringen wird.

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FC Bayern München: Fehlende Selbstkritik bei Julian Nagelsmann?

Interessant ist auch, dass Nagelsmann in Krisenzeiten gern über die Fehler seiner Spieler spricht. Nach dem Unentschieden gegen die Eintracht kritisierte er beispielsweise das Abwehrverhalten beim Gegentor. Man könne "viele Punkte besser machen, ein ganz entscheidender ist die Spielbeschleunigung", ergänzte der Cheftrainer.

Nagelsmann gab sich in der Vergangenheit schon häufiger dünnhäutig, wenn er auf taktische Probleme angesprochen wurde. Ob die ständige Kritik an den Spielern etwas in der Kabine bewirkt, lässt sich von außen kaum beurteilen. Gleichwohl gibt es Medienberichte, die auf eine mangelnde Sensibilität in der Kommunikation abzielen. Dass Nagelsmann auf der Pressekonferenz ankündigte, dass Ryan Gravenberch womöglich spielen werde, ihn dann aber doch auf die Bank setzte, passte in dieses Bild - auch wenn er den Einsatz von Thomas Müller gut begründete.

Das war aber nicht immer der Fall. Sein Umgang mit Marc Roca, bei dem er sich zunächst öffentlich entschuldigte, um ihn doch weiter auf die Bank zu setzen, steht stellvertretend für einige Personalentscheidungen, in denen er im Zweifelsfall nicht immer dem Leistungsprinzip gefolgt ist. Gerade junge Spieler haben es unerwartet schwer bei ihm.

Zugutehalten muss man Nagelsmann dennoch, dass er im Sommer sehr wohl außergewöhnlich selbstkritisch war. "Ich muss mich auch mehr auf unsere Leistungen fokussieren und weniger auf den Gegner einstellen", merkte er damals mit Blick auf die vielen Anpassungen in der vorangegangenen Rückrunde an. Und tatsächlich spielen die Bayern bis auf kleinere Detailveränderungen fast immer in der gleichen Grundstruktur - eben mal mehr, mal weniger gut ausgeführt.

Nagelsmann die Selbstkritik komplett abzusprechen, wäre dementsprechend unfair. Doch seine öffentliche Kritik an Mannschaft und Spielern kann in Krisenzeiten hier und da zu Missverständnissen führen.

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FC Bayern München: Unruhe im Umfeld des Klubs

Hinsichtlich der bisherigen Nagelsmann-Krisen lohnt auch ein Blick in das Umfeld des FC Bayern. In seiner ersten Saison musste der Trainer auf Pressekonferenzen viele Themen moderieren, die eigentlich eine Sache für die Bosse gewesen wären. Beispielsweise die Unruhen rund um die Jahreshauptversammlung und das umstrittene Katar-Thema, das sich bis in die Rückrunde zog.

Zweifellos hat Nagelsmann das oft genug sehr charmant und klug abmoderiert. Gleichwohl entsteht der Eindruck, dass die Führungsetage des FC Bayern ihn zu selten unterstützt, manchmal sogar noch Öl ins Feuer gießt. Das jüngste Beispiel ist die Geschichte rund um Gnabry. Eigentlich hatte Nagelsmann dazu alles gesagt: Stimmt die Leistung, sind ihm Ausflüge der Spieler an freien Tagen egal.

Nach dem 1:1 gegen den 1. FC Köln sah sich Hasan Salihamidzic aber dazu berufen, nochmal nachzulegen. "Amateurhaft" nannte er das Verhalten des Spielers. Was gerade vor dem Hintergrund interessant ist, dass er sich bei Manuel Neuers riskantem Skiausflug mit Kritik zurückhielt. Ein kurzer emotionaler Ausbruch, der für Unruhe gesorgt hat und sicher auch in der Kabine Thema war.

In der Vergangenheit gab es bereits einen ähnlichen Vorfall, als Spieler nach einer Niederlage gegen Mainz nach Ibiza flogen. Es folgten zwei Unentschieden gegen Stuttgart und Wolfsburg. Dafür gab es reichlich Kritik von der Konkurrenz dieser beiden Klubs.

Mit dem drohenden Abgang von Robert Lewandowski gab es ein weiteres großes Streitthema, das der Klub nicht immer souverän moderierte - auch weil man sich durch die Aussagen der Spielerseite dazu gezwungen sah, sich regelmäßig zu äußern. Es gab während der gesamten ersten Jahreshälfte kaum Phasen, in denen Nagelsmann sich nicht zu außersportlichen Themen äußern musste. Der Einfluss auf die Leistungen lässt sich kaum messen, doch förderlich dürfte das Hin und Her kaum sein.

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FC Bayern München: Verletzungen und Rhythmusstörungen

Die Rückrunde der ersten Nagelsmann-Saison und die jetzige Krise haben eine weitere Gemeinsamkeit: Wichtige Spieler fallen aus. Damals waren es vor allem Leon Goretzka und Alphonso Davies, die die Bayern schmerzlich vermissten, jetzt sind es Sadio Mané, Noussair Mazraoui, Lucas Hernández und Manuel Neuer. Gerade Mané würde dem Rekordmeister in der aktuellen Phase wohl guttun.

Zwar gelang auch ihm während der Ergebniskrise im August und September wenig, doch damals war er noch neu im Team. Anschließend spielte er sich in einen guten Rhythmus und entwickelte sich so zu einem der konstantesten Offensivspieler des FC Bayern. Rhythmus ist auch schon das Stichwort. Auch hier gibt es Parallelen zur ersten größeren Krise unter Nagelsmann.

Durch Umstellungen, Anpassungen, Coronainfektionen und Verletzungen verloren die Münchner damals ihren Flow nach der Winterpause. Diesmal sind die Ursachen andere, das Resultat aber gleich. Die lange WM-Pause inklusive der Ausfälle und der schwachen Leistung des DFB-Teams scheinen den Bayern zugesetzt zu haben. Es ist auffällig, dass gerade die deutschen Nationalspieler nicht in Form sind.

Der FC Bayern startete spät in die Wintervorbereitung und absolvierte lediglich ein Testspiel. Insofern ist es wenig überraschend, dass die erste Pflichtspielwoche unrund lief. Zumal die drei Gegner allesamt sehr gut in Form sind. Ist der Rekordmeister also einfach der große WM-Verlierer?

Dass die Münchner nach großen Turnieren hin und wieder Probleme hatten, ist jedenfalls nicht neu. 2014 bekam das Pep Guardiola bei einem mühsamen Saisonstart zu spüren, in der vergangenen Saison hatte Nagelsmann nach der Europameisterschaft kaum Vorbereitungszeit. Sein Team startete zwar mit guten Ergebnissen, tat sich aber noch spürbar schwer.

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Und jetzt, Julian Nagelsmann?

Die erste Nagelsmann-Krise führte zum Verpassen der Saisonziele, die zweite hingegen war nur eine kurze Phase. Die dritte könnte nun aber weitreichende Konsequenzen für den Trainer haben. Schon am Mittwochabend geht es im Pokal beim FSV Mainz 05 um den Einzug in die nächste Runde. Ein erneutes frühes Aus könnte bereits der Anfang vom Ende für Nagelsmann sein.

Noch wichtiger sind die beiden Partien gegen Paris Saint-Germain im Achtelfinale der Champions League. Davor und dazwischen stehen schwere Auswärtsspiele in Wolfsburg, in Gladbach und ein Heimspiel gegen defensivstarke Unioner auf dem Programm.

Es ist Crunchtime für den FC Bayern. Die Liste an Problemen ist lang und Nagelsmann hat nicht alle von ihnen zu verantworten. Am Ende aber wäre er derjenige, der den Kopf hinhalten muss, wenn die Rückrunde ähnlich durchwachsen verliefe wie seine erste.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumUhrzeitWettbewerbGegner
1. Februar20.45 UhrDFB-Pokal, AchtelfinaleFSV Mainz 05 (A)
5. Februar17.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (A)
11. Februar15.30 UhrBundesligaVfL Bochum (H)
14. Februar21.00 UhrChampions LeagueParis Saint-Germain (A)
18. Februar15.30 UhrBundesligaBorussia Mönchengladbach (A)
26. Februar17.30 UhrBundesligaUnion Berlin (H)
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