Wolfsburgs umworbener Senkrechtstarter Micky van de Ven: Plötzlich ganz schnell

Micky van de Ven und Matthijs de Ligt vor einem Duell zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern München.
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Micky van de Ven entwickelte sich beim VfL Wolfsburg zu einem der gefragtesten Innenverteidiger Europas. Der 22-jährige Niederländer machte aus einer Schwäche eine Stärke, hat einen persönlichen Bezug zu Matthijs de Ligt und erlebte bereits einen äußerst turbulenten Transfer.

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Bei der Platzbegehung vor dem Bundesligaspiel zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern München Anfang der vergangenen Saison unterhielt sich Micky van de Ven ausgiebig mit Matthijs de Ligt. Die beiden Niederländer kennen sich - und zwar über die Familie von de Ligts Freundin. "Ich habe einen Kumpel mit dem ich sieben Jahre zusammengespielt habe", erzählte van de Ven später dem kicker. "Und dessen Schwester ist Matthijs' Freundin."

Van de Ven stammt aus der Jugend des FC Volendam. Klub-Legende Kees Molenaar fungierte dort bis 2021 als Geschäftsführer, mittlerweile ist der 64-Jährige in beratender Funktion tätig. Molenaars Tochter Annekee ist mit de Ligt liiert, sein Sohn Jip spielte in Volendams Nachwuchsabteilung lange mit dem gleichaltrigen van de Ven zusammen.

Zwischenzeitlich verbrachte Jip Molenaar eine Saison bei Eintracht Frankfurt. 2021 verließen beide Kumpels den Klub: Molenaar zum FC Telstar, van de Ven nach Wolfsburg. Nach einer durchwachsenen Premieren-Saison entwickelte er sich in der vergangenen Spielzeit zu einem der besten Innenverteidiger der Bundesliga.

Micky van de Ven und Matthijs de Ligt vor einem Duell zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern München.
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Micky van de Vens turbulenter Wechsel nach Wolfsburg

Folgerichtig sind van de Vens Dienste nun europaweit gefragt: Unter anderem sollen der FC Liverpool, Tottenham Hotspur und der FC Bayern München Interesse an einer Verpflichtung haben. Zwar verlängerte er seinen Vertrag erst im März vorzeitig bis 2027. Dem Vernehmen nach wurde im Zuge dessen aber eine mündliche Vereinbarung getroffen, wonach der Spieler bei einem entsprechenden Angebot wechseln dürfe. Ab einer Ablösesumme von 40 Millionen Euro wäre Wolfsburg wohl gesprächsbereit. "Wenn ich die Chance habe zu gehen, würde ich das gerne tun", sagte er neulich bei ESPN.

Für alle Beteiligten gilt es zu hoffen, dass van de Vens nächster Transfer weniger turbulent abläuft als sein vorheriger. Gemeinsam mit seinem mittlerweile verstorbenen Ex-Berater Mino Raiola wollte er im Sommer 2021 trotz laufenden Vertrags einen Wechsel nach Wolfsburg erzwingen. Die Situation eskalierte: Letztlich entschied ein Schiedsgericht des niederländischen Verbandes zugunsten Volendams.

"Das Vertrauen wurde völlig zerstört. Mein Sohn schläft nicht und isst nicht. Das macht mir Sorgen", sagte sein Vater Marcel damals. Zu Raiola habe er unterdessen "fast jeden Tag" Kontakt gehabt, berichtete van de Ven: "Es wurde ein sehr enges Verhältnis." Am letzten Tag der Transferperiode wechselte der damals 20-Jährige doch noch für 3,5 Millionen Euro nach Wolfsburg, womit er zum teuersten Verkauf der Klub-Geschichte avancierte.

Micky van de Ven: Wie aus einer Schwäche eine Stärke wurde

Dass van de Ven mal Rekordeinnahmen generieren würde, war kaum abzusehen: In Volendams Nachwuchsabteilung galt er nicht als vielversprechende Zukunfts-Hoffnung. "Kein Witz, für sie war ich vor ein paar Jahren noch zu langsam", sagte er dem kicker. Mittlerweile ist seine Geschwindigkeit ein große Stärke: In der vergangenen Bundesliga-Saison erreichte er einen Topspeed von 35,97 km/h, nur acht Spieler liefen schneller.

Als Kind noch stets flink unterwegs, setzten ihm als Jugendlicher Wachstumsschübe zu. "Je größer ich wurde, desto langsamer wurde ich. Richtig langsam fühlte ich mich mit 15, 16, jede Drehung, jeder Sprint war schwierig", erzählte der mittlerweile 1,93 Meter große van de Ven. "Sie haben mir gesagt, dass es schwer werden wird, dass die Konkurrenz für mich sehr groß ist."

Erst Trainer Wim Jonk erkannte van de Vens Potential. Der ehemalige niederländische Nationalspieler zog ihn 2019 zu den Profis des damaligen Zweitligisten hoch und machte ihn zum Stamm-Innenverteidiger. "Ihm habe ich fast alles zu verdanken."

Micky van de Ven wechselte vor zwei Jahren für 3,5 Millionen Euro vom FC Volendam zum VfL Wolfsburg.
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Micky van de Ven: Wolfsburgs Dauerbrenner

Volendam stieg in der Saison nach seinem Abschied mit Trainer Jonk in die Eredivisie auf, während van de Ven in Wolfsburg ein Reservistendasein fristete. Zunächst kam er nicht an den etablierten Innenverteidigern Maxence Lacroix, John Anthony Brooks und Sebastiaan Bornauw vorbei. Dann bremste ihn eine Oberschenkelverletzung aus.

Insgesamt absolvierte van de Ven in seiner Premierensaison lediglich fünf Pflichtspiele. In der gesamten vergangenen Spielzeit verpasste er dagegen nur 90 Minuten (und zwar aufgrund einer Gelbsperre).

Van de Ven besticht abgesehen von seinem Tempo vor allem auch mit Kopfballstärke und einem ausgezeichneten Stellungsspiel. Meist agiert der Linksfuß als Innenverteidiger, vereinzelt auch als linker Außenverteidiger. "Das ist für mich kein Problem, das spiele ich manchmal auch in der U21-Nationalmannschaft", sagt van de Ven. "Aber der linke Innenverteidiger ist meine favorisierte Position."

Micky van de Ven nach Liverpool? Schmadtke und ein Foto

Dieses Einsatzprofil macht ihn theoretisch zum idealen Nachfolger von Lucas Hernandez beim FC Bayern. Der 27-jährige Franzose will seinen 2024 auslaufenden Vertrag bekanntlich nicht verlängern und strebt einen Wechsel zu Paris Saint-Germain an, die Münchner suchen Ersatz.

Vieles spricht aber auch für einen Transfer nach Liverpool. Dort ist neuerdings Jörg Schmadtke als Sportdirektor tätig. Der Mann also, der van de Ven nach Wolfsburg holte. Außerdem kursieren in den sozialen Netzwerken Fotos, die den jugendlichen van de Ven gemeinsam mit seinem Vater und einem Liverpool-Schal an der Anfield Road zeigen. "Das war der Wahnsinn", sagte er der WAZ. "Wenn 'You'll never walk alone' kommt, das ist ein Gänsehaut-Moment, das war sehr geil. Es ist schon ein Traum, da mal zu spielen."

Ehe sich seine Zukunft im Klub-Fußball klärt, nimmt van de Ven aktuell mit der niederländischen U21-Nationalmannschaft an der EM in Georgien und Rumänien teil. Die ersten beiden Partien gegen Belgien und Portugal spielte er durch, es reichte aber jeweils nur zu Remis. Über einen möglichen Einzug ins Viertelfinale wird das dritte Gruppenspiel gegen Georgien am Dienstag entscheiden. Anschließend dürfte van de Ven zur A-Nationalmannschaft aufrücken - und dort wieder auf Matthijs de Ligt treffen.