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DFB-Team - Dauer-Reservisten der vergangenen WMs: Einmal wurden sie immerhin besungen

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Es ist die Krux eines großen Kaders: Bei jeder WM verkommen einige deutsche Nationalspieler zu Dauer-Reservisten. Wem droht diese Rolle in Katar? Und wen erwischte es bei den vergangenen Turnieren? Geschichten von holprigen Reimen, Tattoos und einer bitteren Ginter-Statistik.

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Als Xavier Naidoo bei den Hinterbänklern des deutschen WM-Kaders von 2006 ankam, fiel selbst dem Profi-Sänger das Reimen schwer. Bei Robert Huth reichte es noch für ein zwar inhaltlich fragwürdiges, aber durchaus melodisches: "Er machte sich gut und tat, was ein guter Mann auf dem Spielfeld tut. Er brachte sich ein und man sah seinen Mut. Danach wieder auf die Bank, Robert ich zieh' meinen Hut." Anschließend hieß es in Bezug auf Stürmer Mike Hanke schlicht: "Auch ihm gebührt Dank."

Nach dem elektrisierenden Sommermärchen bei der Heim-WM 2006 inklusive bitterem Halbfinal-Aus gegen Italien dichtete der mittlerweile ins rechtsextreme Milieu abgedriftete Naidoo das Lied "Danke", in dem er alle 23 deutschen Kaderspieler würdigte. Nicht nur die Helden Poldi und Schweini, Capitano Ballack und Miro Klose. Sondern eben auch Robert Huth und Mike Hanke.

Beide kamen im Laufe des Turniers nur je einmal zum Einsatz (im unwichtigen dritten Gruppenspiel bzw. im Spiel um Platz drei), genau wie Oliver Kahn, Marcell Jansen, Jens Nowotny, Thomas Hitzlsperger und Gerald Asamoah. Keine einzige Spielsekunde bekam lediglich der dritte Keeper Timo Hildebrand, oder wie Naidoo sang: "Saß nur am Spielfeldrand."

Dauer-Reservisten: Wen könnte es in Katar erwischen?

Bei jedem großen Turnier gibt es Kaderspieler, die kaum oder keine Einsatzchancen bekommen und für gewöhnlich nicht besungen werden. Tendenziell werden es sogar immer mehr. Umfasste das deutsche Aufgebot bei der ersten WM-Teilnahme 1934 noch 18 Spieler, waren es zuletzt 23, ehe die FIFA die Kadergröße für die anstehende WM in Katar auf 26 Spieler erhöhte. Mittlerweile sind immerhin auch fünf Wechsel pro Spiel erlaubt.

Abgesehen von den Ersatzkeepern Marc-Andre ter Stegen und Kevin Trapp dürften es diesmal vermutlich vor allem Armel Bella Kotchap, Karim Adeyemi und Julian Brandt schwer haben, auf Einsatzzeiten zu kommen. Wer waren ihre Vorgänger bei den vergangenen Turnieren seit dem Sommermärchen von 2006?

Kevin Großkreutz ließ sich den WM-Pokal tätowieren

Bei der WM 2010 in Südafrika kamen genau wie bei der Heim-WM vier Jahre zuvor alle Spieler bis auf den dritten Keeper zum Einsatz, diesmal Tim Wiese. Als dankbare Einsatzmöglichkeit für die Dauer-Reservisten diente erneut das eher irrelevante Spiel um Platz drei. Trotz Rotation setzte sich Deutschland gegen Uruguay durch, 2006 war unter ähnlichen Bedingungen ein Sieg gegen Portugal gelungen.

Beim Spiel um Platz drei in Südafrika durfte Hans-Jörg Butt das deutsche Tor hüten, in der Abwehr kamen Dennis Aogo und Serdar Tasci zu ihren einzigen Einsätzen. Stefan Kießling wurde kurz vor Schluss eingewechselt, ein paar Minuten hatte er zuvor auch schon beim bereits entschiedenen Achtelfinale gegen England bekommen. Ebenfalls zu lediglich zwei Kurzeinsätzen reichte es für Marko Marin.

Bei der WM 2014 gab es erstmals seit 2002 wieder deutsche Feldspieler, die im Laufe des Turniers gar nicht zum Einsatz kamen, auch in Ermangelung einer Teilnahme am Spiel um Platz drei. 2002 standen Jörg Böhme vom FC Schalke 04 sowie Borussia Dortmunds Lars Ricken auf dem Weg zum Vize-Weltmeistertitel keine einzige Sekunde auf dem Rasen. 2014 durften sich gleich drei Abwehrspieler ohne Einsatz Weltmeister nennen: Matthias Ginter, Kevin Großkreutz und Erik Durm.

DFB-Team: Matthias Ginters bittere WM-Statistik

Mürrisch war deswegen aber offensichtlich keiner. Großkreutz ließ sich den WM-Pokal sogar als Tattoo stechen, Durm schwärmte zuletzt im Interview mit SPOX und GOAL von der überragenden Atmosphäre innerhalb der Mannschaft. Dass die Dauer-Reservisten keine schlechte Stimmung verbreiten, ist ursächlich für ein erfolgreiches Turnier. "Einige junge Spieler waren zum ersten Mal dabei und kamen nicht zum Einsatz", erinnerte sich Durm an die WM 2014. "Das war uns aber völlig egal, das war alles sowieso schon wie in einem Traum."

Ähnlich dürfte es den diesmal durchaus überraschend nominierten Jungspunden Armel Bella Kotchap (20), Karim Adeyemi (20) und Youssoufa Moukoko (wird am Sonntag 18) ergehen. Letzterer hat ob des Stürmer-Engpasses aber sogar gute Chancen auf Einsätze. Bundestrainer Hansi Flick will das vielversprechende Trio wohl auch in Hinblick auf die anstehende Heim-EM 2024 Turnier-Atmosphäre schnuppern lassen. Stattdessen verzichtete er auf routiniertere Rivalen mit größeren Ansprüchen wie beispielsweise Mats Hummels.

Bei Durm und Großkreutz blieb es 2014 übrigens beim Schnuppern, sie waren vier Jahre später kein Thema mehr. Ganz anders Ginter, der bei der desaströsen WM in Russland zwar erneut im Kader stand, kurioserweise aber wieder nicht eingesetzt wurde - diesmal sogar als einziger Feldspieler. Nach insgesamt 47 Länderspielen und einer EM 2021 mit Stammplatz bekommt Ginter in Katar seine dritte Chance auf WM-Einsätze.

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