Mesut Özil - Kommentar zum Karriereende: Hätte er nur in den 90ern gespielt

Von Stefan Petri
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Mesut Özil hat seine Karriere als Fußballer beendet. Der 34-Jährige tritt ab als Weltmeister, als vielleicht genialster Spielmacher seiner Zeit - aber auch als umstrittene Streitfigur, als jemand, der polarisiert. Irgendwie verbleibt der Eindruck: Es wäre mehr drin gewesen. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Stefan Petri.

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  • "Mesut Özil ist wahrscheinlich der genialste Fußballer, den wir haben oder je hatten." (Mario Gomez, 2016)
  • "Wenn er den Ball nicht hat, ist er einer der schlechtesten Spieler der Welt." (Ex-Arsenal-Profi Paul Merson, 2020)
  • "Özil ist einzigartig. Es gibt keine Kopie von ihm - nicht einmal eine schlechte. Er ist der beste Zehner der Welt." (José Mourinho, 2011)
  • "Özils Problem ist, dass er mit allen (Trainern) Probleme hatte." (Ex-Arsenal-Teamkollege Nacho Monreal, 2022)
  • "Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Özil einer der besten deutschen Spieler war, die es in den letzten 20, 30 Jahren gab. Das wird immer bleiben." (Joachim Löw, 2018)
  • "Natürlich war es nach 2018 für mich eine große menschliche Enttäuschung, als Mesut zurückgetreten ist und wir in den Wochen danach nicht persönlich gesprochen haben." (Joachim Löw, 2021)
  • "Ich bekenne mich auch zu meinen türkischen Wurzeln, hoffe aber, dass sich durch diese Entscheidung viele Deutsche mit Migrationshintergrund mehr mit der deutschen Nationalmannschaft identifizieren." (Mesut Özil, 2009)
  • "Die Behandlung, die ich beim DFB erfahren habe und von vielen anderen, hat mich davon überzeugt, dass ich das deutsche Nationaltrikot nicht mehr tragen möchte." (Mesut Özil, 2018)
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Mesut Özil: Niemand hat so sehr polarisiert

Man muss sehr lange überlegen, um einen Spieler zu finden, der derart polarisiert hat wie Mesut Özil - auf dem Platz wie daneben. Wenn es überhaupt gelingt.

Zu seinen Glanzzeiten war er der beste Spielmacher der Welt. Ein Fußballstreichler, der Passwege fand, die fast schon unverschämt genial waren, seinen Gegenspielern stets zwei oder drei Gedankenschritte voraus. Der die Zuschauer auf Schalke, in Bremen, Madrid und London verzückte - und einen Cristiano Ronaldo einst zu folgendem öffentlichem Statement veranlasste: "Niemand sonst konnte meine Bewegungen vor dem Tor so gut antizipieren. Ich bin wütend, dass Özil geht."

Gleichzeitig zog er Kritik fast schon magisch an. Mal war sie stumpfsinnig (Stichwort "Körpersprache"), mal niederträchtig, mal sportlich gerechtfertigt (mangelnde Defensivarbeit, in wichtigen Spielen zu oft unsichtbar). Özil als vielleicht letzten - und größten? - deutschen Spielmacher zu feiern und gleichermaßen anzuerkennen, dass große Trainer wie Mourinho oder Arsène Wenger überraschend früh von ihm abrückten, schließt sich nicht aus.

Özils Stern strahlte überragend hell und verglühte überraschend schnell: Mit gerade einmal 30 war er bei den Gunners praktisch außen vor, auch der gefeierte Wechsel zu Fenerbahce war aus sportlicher Sicht nur ein kurzes Strohfeuer. Sein Spieltypus war in den letzten Jahren nicht mehr geeignet für konsequentes Gegenpressing, für Konterspiel statt Ballbesitz. Ein Özil in den 90ern, als noch die klassischen Zehner regierten, das wär's gewesen.

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Mesut Özil: Es gäbe auch in Deutschland genug zu feiern

Auch so gäbe es genug zu feiern. Vor allem in Deutschland: Sein Sprint an der Seitenlinie gegen England mit anschließendem Assist auf Thomas Müller bei der WM 2010. Sein Kracher vier Jahre später gegen Algerien. Und natürlich das 7:1 gegen Brasilien.

Stattdessen bleibt hauptsächlich der unrühmliche Abschied nach der WM 2018 in Erinnerung: Das Foto mit Erdogan. Der Rücktritt. Seine Rassismusvorwürfe. Jede Menge zerschmettertes Geschirr, von beiden Seiten. Sogar von seinem Ziehvater Löw rückte Özil damals ab, verweigerte jahrelang den Kontakt. Bis es schließlich doch wieder zur Annäherung kam.

Die gleiche Hoffnung mag man auch beim DFB hegen: Ob das Verhältnis zum 92-fachen, verdienten Nationalspieler nicht doch wieder zu kitten ist, unter neuer Führung?

Es sieht nicht danach aus: Bei seiner Rücktrittserklärung erwähnte Özil seine Laufbahn in der Nationalmannschaft und seinen zweifellos größten sportlichen Erfolg überhaupt - den WM-Titel 2014 - mit keinem Wort. Der Stachel sitzt noch zu tief.

Mesut Özil: Statistiken seiner Karriere

VereinEinsätzeToreVorlagen
Schalke 043915
Werder Bremen1081654
Real Madrid1592781
FC Arsenal2544479
Fenerbahce3793
Basaksehir7--
DFB-Team922340
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