Romantik mit Berlusconi, Balotelli und Boateng: Der rasante Aufstieg der AC Monza

Früher beim AC Milan, heute beim AC Monza: Mario Balotelli (l.) und Kevin-Prinve Boateng.
© imago images / Buzzi

Innerhalb von zweieinhalb Jahren kletterte Silvio Berlusconis AC Monza von der Serie C an die Schwelle zur Serie A. Den Aufstieg sollen langjährige Weggefährten von der AC Milan wie Manager Adriano Galliani und die gealterten Stars Mario Balotelli und Kevin-Prince Boateng bewerkstelligen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Sara romantico" lautet der offizielle Slogan der AC Monza, ausgedacht haben soll ihn sich der 84-jährige Besitzer Silvio Berlusconi höchstpersönlich. Zu Deutsch: "Es wird romantisch."

Begonnen hat Monzas vermeintliche Romantik bei der AC Milan, die Berlusconi von 1986 bis 2017 zu etlichen nationalen und internationalen Titeln führte, ehe er einsehen musste, dass seine finanziellen Mittel für die großen Triumphe nicht mehr reichen. Statt ganz oben nur Mitläufer, wollte Berlusconi lieber etwas weiter unten der Größte sein.

Also verkaufte Berlusconi Milan für rund 600 Millionen Euro an chinesische Investoren mit einem US-amerikanischen Hedgefonds im Hintergrund und übernahm stattdessen im September 2018 für drei Millionen Euro Monza. Ähnlicher Name, gleiche Region, andere Liga.

Zum Zeitpunkt von Berlusconis Ankunft spielte der Klub aus der für ihre Formel-1-Rennstrecke bekannten Stadt nördlich von Mailand in der drittklassigen Serie C. Innerhalb von zweieinhalb Jahren flutete Berlusconi Monza mit ehemaligen Milan-Weggefährten, die den Klub an die Schwelle zur Serie A führten.

Nach einem ungefährdeten Aufstieg in die Serie B in der vergangenen Saison ist Monza aktuell zwei Punkte hinter dem Tabellenführer FC Empoli Dritter. Die ersten beiden steigen direkt auf. Zuletzt gewann Monza fünf von sechs Spielen. Beim 3:0 am Mittwoch gegen die US Salernitana feierte Neuzugang Mario Balotelli sein Debüt und erzielte nach nicht einmal vier Minuten sein erstes Tor.

Silvio Berlusconi versammelt alte Milan-Weggefährten

Verpflichtet wurde Balotelli von Manager Adriano Galliani, mittlerweile 76 Jahre alt und bei Milan jahrelang Berlusconis wichtigster Vertrauter. Aufgestellt wurde er von Trainer Cristian Brocchi, bei Milan jahrelang zentraler Mittelfeldspieler und zweimaliger Champions-League-Sieger. Als Brocchi Milan 2016 interimistisch trainierte, spielten dort Balotelli (30) und dessen aktueller Mitspieler Kevin-Prince Boateng (33).

Nach Stationen unter anderem bei Eintracht Frankfurt und dem FC Barcelona bezeichnete Wandervogel Boateng seinen Wechsel von der AC Florenz nach Monza im September als "die vielleicht größte Herausforderung meines Lebens". Es gilt schließlich, das bei Berlusconis Ankunft geäußerte Ziel zu erreichen: den erstmaligen Serie-A-Aufstieg der Klubgeschichte bis zum Jahr 2021. Sprich: in dieser Saison.

Früher beim AC Milan, heute beim AC Monza: Mario Balotelli (l.) und Kevin-Prinve Boateng.
© imago images / Buzzi
Früher beim AC Milan, heute beim AC Monza: Mario Balotelli (l.) und Kevin-Prinve Boateng.

Die Transferoffensive der AC Monza

Dafür investierte Berlusconi für Serie-B-Verhältnisse unromantisch viel Geld. Abgesehen von den hohen Gehältern für die gealterten Stars gab Monza in dieser Saison bereits über 15 Millionen Euro für Transfers aus - ohne auch nur einen einzigen Euro einzunehmen. Mit diesem Transferminus hebt sich der Klub von allen Ligarivalen deutlich ab.

Abgesehen von den ehemaligen Milan-Spielern Boateng und Balotelli kamen mit Mirko Maric (für 4,5 Millionen Euro von NK Osijek) und Christian Gytkjaer (ablösefrei von Lech Posen) die jeweiligen Torschützenkönige der kroatischen und polnischen Liga. Der Däne Gytkjaer stürmte in deren Doppel-Abstiegssaison 2016/17 äußerst unerfolgreich für den TSV 1860 München.

Über eine Deutschland-Vergangenheit verfügt auch der zuletzt vereinslose Rechtsverteidiger Giulio Donati, ehemals beim FSV Mainz 05 und bei Bayer Leverkusen unter Vertrag. Für links hinten kam der vier Millionen Euro teure brasilianische U20-Nationalspieler Carlos Augusto. Darüber hinaus wurde der Kader mit etlichen Leihspielern von Serie-A-Klubs geflutet.

Gemeinsam haben die meisten Neuzugänge nicht nur ihre Überqualifikation für die Serie B, sondern auch Körperbehaarungen oder -schmuckstücke, die Berlusconi eigentlich nicht sehen will. "Wir haben mit Monza ganz besondere Regeln im Sinn", sagte er kurz nach seiner Ankunft. "Unsere Spieler sollen eine ordentliche Frisur haben, keinen Bart und frei von Tattoos sein. Auch Ohrringe und anderer Schmuck sollen tabu bleiben."

Mario Balotelli: Diät und Debüttor

Wie es scheint, sind Berlusconi sportliche Erfolge letztlich aber doch wichtiger als Prinzipien. Trotz all der gebrochenen Regeln ist er nach eigener Auskunft "verliebt" in seine Mannschaft. Um romantische Gefühle ging es auch bei der Verpflichtung von Balotelli. "Ich liebe ihn", sagte Galliani und lobte die "technischen und körperlichen" Vorzüge des ehemaligen italienischen Nationalspielers, der einst auch für Manchester City und den FC Liverpool stürmte.

Ernsthaft gepflegt hat Balotelli diese Vorzüge zuletzt jedoch kaum. Nach der Vertragsauflösung bei Brescia Calcio infolge von Streitigkeiten mit der Klubführung war er monatelang vereinslos und scherte sich dabei offenbar eher weniger um Individualtraining. Um die nötige Matchfitness zu erlangen, wurde ihm vor seinem Debüt angeblich eine Komplett-Diät verschrieben: Innerhalb von 20 Tagen soll Balotelli fünf Kilogramm abgenommen haben - ehe er nach nicht einmal vier Minuten Spielzeit sein erstes Tor erzielte.

Artikel und Videos zum Thema