Pep Guardiolas Abenteuer in Sinaloa: Praxissemester in der Kokainhochburg

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Es war der Beginn einer engen, bis heute intakten Freundschaft. Denn Lillo gehört mittlerweile Guardiolas Trainerstab bei Manchester City an. "Ich bin für ihn da, er ist für mich da", sagt er. "So läuft das." Deshalb war sich Guardiola auch neun Jahre nach seiner ersten Begegnung mit dem ebenfalls aus Katalonien stammenden Fußballfachmann nicht zu schade, sein Versprechen zu erfüllen.

Er verlagerte seinen Lebensmittelpunkt ins umstrittene Sinaloa. Dorthin, wo er so wenig verdiente wie an keinem anderen Ort zuvor, sofern er denn wegen finanzieller Nöte der Dorados überhaupt Geld überwiesen bekam. Wo er mit seinen Mitspielern hin und wieder in städtischen Parks trainieren musste, weil die Trainingsplätze des Vereins nicht angemessen gepflegt wurden. Wo Schießereien und Attentate auf offener Straße der Tagesordnung angehörten.

"Guardiola kam zu einer besonders gefährlichen Zeit hierher, es war alles andere als sicher", erinnert sich der damalige Dorados-Präsident Juan Antonio Garcia. "Doch das versuchte er auszublenden. Er konzentrierte sich auf die Arbeit. Er war da, um von und mit Juanma zu lernen."

Pep Guardiola in Sinaloa: Mehr Trainer als Spieler

Das Duo habe sich "den ganzen Tag über Fußball unterhalten", und Guardiola sich "wie ein besessener Student" verhalten, berichtet Elisio Martinez, zu jener Zeit Vereinsbetreuer und persönlicher Fahrer des Neuzugangs. Lillo behauptet, sein fünf Jahre jüngerer Freund Pep habe schon damals "wie ein Trainer gedacht". Seiner späteren Entwicklung sei es zuträglich gewesen, "ohne Druck von außen in die Praxis hineinzuschnuppern".

So zitierte der Ex-Barca-Star nach fast jeder Trainingseinheit noch ein paar Mitspieler zu sich, um individuell mit ihnen zu arbeiten. Sebastian Abreu, ein alles andere als unerfahrener Angreifer aus Uruguay, bekam besonders viele Nachhilfestunden. "Pep gefiel meine Ballannahme nicht", erzählt Abreu in einer bei ESPN ausgestrahlten Dorados-Doku.

"Immer, wenn ich den Ball annahm, kam er zu mir und sagte: 'Pass auf, Loco: Wenn du das so machst, verlierst du drei Sekunden.' Ich dachte, der Typ hat sie nicht alle. Aber er kam immer wieder zu mir und sagte: 'Wenn ich das einem Spieler wie Romario erfolgreich verklickert habe, dann kriege ich das mit dir auch hin.' Irgendwann willigte ich ein und verbesserte mich."

Guardiola sollte in Mexiko tatsächlich mehr in die Rolle des Trainers schlüpfen als in die des Spielers. Verletzungsbedingt reichte es nur zu zehn Einsätzen, wodurch er Lillos Mannschaft nicht vor dem bitteren Gang in die zweite Liga bewahren konnte. Für sich selbst nahm er aber viel mit - nicht nur im Hinblick auf seine Karriere als Trainer.

Er knüpfte fernab des Platzes viele Freundschaften. Zum Beispiel zu Rodolfo Jimenez, dem Besitzer des "Cafe Miro", in dem sich Guardiola häufig zu Teambuildingzwecken mit Mitspielern traf.

Juanma Lillo (r.) arbeitet heute als Co-Trainer von Pep Guardiola bei Manchester City.
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Juanma Lillo (r.) arbeitet heute als Co-Trainer von Pep Guardiola bei Manchester City.

"Pep hat das dreckige Geschirr in die Küche getragen"

"Pep hat immer für alle bezahlt", verrät Jimenez. "Manchmal hat er sogar den Tisch abgeräumt und das dreckige Geschirr in die Küche getragen. Ein feiner und fröhlicher Kerl." An manchen Abenden sei Guardiola auch allein gekommen, "um in Ruhe ein Buch zu lesen und einen Rotwein oder ein Bier zu trinken".

Daran, irgendwann einmal einer der besten Trainer aller Zeiten zu sein, dachte er dabei offensichtlich noch nicht. "Er hat zu mir immer nur gesagt, dass er davon träumt, ein paar Nachwuchsspieler bei Barca zu trainieren", so Jimenez.

Dieser Traum wurde Realität. Nach seinem halbjährigen Intermezzo in Culiacan kehrte er im Sommer 2006 nach Madrid zurück, um seine Trainerlizenz zu erwerben. Ein Jahr später ernannte ihm Barcas Präsident Joan Laporta zum Trainer der zweiten Mannschaft, die er prompt von der vierten in die dritte spanische Liga führte.

Zur Belohnung beerbte er den entlassenen Proficoach Frank Rijkard. Der Rest ist Geschichte.

Pep Guardiola: Seine Karriere-Stationen

Als Spieler
FC Barcelona (1991 - 2001)
Brescia Calcio (2001 - 2002)
AS Rom (2002 - 2003)
Al-Ahli SC (2003 - 2005)
Dorados de Sinaloa (2006)
Als Trainer
FC Barcelona B (2007 - 2008)
FC Barcelona (2008 - 2012)
FC Bayern München (2013 - 2016)
Manchester City (2016 - heute)
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