Die Ohnmacht ist besiegt

Pep Guardiola feierte gegen Frankfurt seinen 51. Sieg im 62. Bundesliga-Spiel
© getty

Nur 13 Feldspieler waren am Wochenende fit, in Porto (Mi, 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) kommen nur zwei hinzu. Der FC Bayern München hatte schon einfachere Momente, doch der Rekordmeister kämpft gegen die Ohnmacht und kreiert sich in dieser schwierigen Phase neue Vorteile. Der Sportvorstand ist beeindruckt.

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Matthias Sammer hatte am Montag offenbar nicht viel Zeit. Der Sportvorstand des FC Bayern München unterbrach gleich mehrmals abrupt die Fragen der Journalisten, antwortete, obwohl die Fragesteller noch gar nicht ausformuliert hatten. Zu seiner Verteidigung: Sammer ist ein höflicher Mensch und entschuldigte sich für sein wiederholtes Vorpreschen.

Weil er so schnell antwortete, konnte der 47-Jährige auch einige Themen abhandeln. Sammer sprach sogar über den Hamburger SV, schickte seinen ehemaligen Weggefährten Dietmar Beiersdorfer, mit dem er in der Nationalmannschaft spielte, Peter Herrmann, mit dem er das Triple gewann, Bernhard Peters, mit dem er beim DFB zusammenarbeitete und Peter Knäbel, der als ehemaliger Schweizer Verbandsfunktionär im Jugendbereich viele Berührungspunkte zu Sammer hatte, aufbauende Worte.

"Mittelfristig", so Sammer, werde der HSV wieder in die Spur finden. Was das Kurzfristige angeht, "weiß ich es nicht". Insgeheim ist Sammer froh, dass er über die Sorgen anderer sprechen darf und nicht über seine eigenen.

Kleinster Kader der Geschichte

Er hat welche, die sind aber offenbar nicht der Rede wert: Am Samstag hatte der FC Bayern 13 gesunde Feldspieler zur Verfügung. Zwei von ihnen, Philipp Lahm und Thiago Alcantara, sind erst kürzlich nach langen Verletzungen zurückgekehrt und sind für viele Außenstehende eigentlich nicht in der Lage, einen Rhythmus zu gehen, so wie ihn der FC Bayern derzeit absolviert.

Da aber einige andere gar nicht spielen können, bleibt Trainer Josep Guardiola keine andere Wahl. Vor dem Frankfurt-Spiel, das die Bayern mit dem womöglich kleinsten Gesamtkader der Historie 3:0 gewannen, äußerte Guardiola ernsthafte Bedenken: "Unsere Situation ist sehr kritisch. Ich weiß nicht, wie hoch unser Niveau ist." Kein Wunder, dass Guardiola die Tore gegen die Eintracht so bejubelte, als wären sie gegen einen Klub im Champions-League-Halbfinale gefallen.

Die Sorgen seines Trainers teilt sein Vorgesetzter nicht. Wegen seines Trainers. "Wie er das bisher gehandhabt hat, war sehr gut", sagt Sammer: "Es ist sicher nicht leicht für den Trainer, der gerne mehr Alternativen hätte. Vor allem für seine Spielphilosophie. Aber die Mannschaft ist hungrig."

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Guardiola auf der mentalen Schiene

Einen Hunger, den vor allem Guardiola in den letzten Wochen predigte. Guardiola, der Taktikfuchs, der Sommerurlaube mit Trainerkollegen verbracht hat, um über Fußball zu philosophieren, wählte zuletzt die mentale Schiene und traf damit ins Schwarze.

In die Karten spielt ihm dabei sicher der Zustand, dass er nicht vielen Profis erklären muss, warum sie nicht im Kader stehen oder auf der Bank sitzen: "Die Fragen an die Spieler, ob sie traurig sind, weil sie nicht spielen, fallen derzeit weg", sagt Sammer und sieht einige Vorteile: "Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Du fällst in Ohnmacht, weil du die Spieler nicht zur Verfügung hast. Oder du hast eine kleine, aber feine Truppe, die viel Kraft entwickeln kann. Eine klare Rollenverteilung ist kein Nachteil."

Die Bayern haben gegen die Ohnmacht gekämpft und trotz schwieriger Umstände diesen Kampf auch gewonnen: Die Elf stellt sich derzeit fast von alleine auf. Wer laufen kann, darf spielen. Die Position ist beinahe unbedeutend: Guardiola findet schon einen Platz. So wirkte Rafinha gegen Frankfurt als Innenverteidiger. "Vielleicht der Kleinste der Geschichte", flachste Karl-Heinz Rummenigge am Samstag. Er tat es aber ausgesprochen gut.

Sorgen? Welche Sorgen?

Spieler wie Thomas Müller, Mario Götze oder Dante, die in wichtigen Spielen auch mal auf der Bank saßen, weil alle anderen fit waren, sind derzeit gesetzt. "Vor ein paar Tagen hatte Dante einen schweren Stand, aber er ist da und spielt abgeklärt", lobt Sammer den Brasilianer, der in der Hierarchie der Innenverteidiger immer mehr an Boden verlor. Es ist zu hören, dass gerade Sammer zuletzt den Rücken Dantes auch intern deutlich stärkte, schon lose Transferanfragen abblockte.

Die Bayern sind in einer schweren Situation zusammengewachsen und daher mag Sammer auch nicht über Probleme sprechen: "Es gab Momente, in denen ich Sorgen hatte. Die Sorgen sind aber dem Optimismus gewichen."

Dabei wird beim Gastspiel gegen den FC Porto die Personalsituation nur unwesentlich besser. Bastian Schweinsteiger und Franck Ribery, auf die man leise hoffte, haben die Reise nach Portugal erst gar nicht angetreten und sind auch für das Wochenende wohl keine Optionen. Immerhin sind Jerome Boateng und Claudio Pizarro in den Flieger gestiegen und stehen zur Verfügung.

In Porto wollen die Bayern das gute Gefühl der letzten Wochen aufrechterhalten. Der Tross war bereits einen Tag vor dem obligatorischen Termin abgereist. "Zusammenwachsen", nennt Sammer die Maßnahme. Große Erklärungen bedarf es nicht und Sammer hat offenbar ja auch nicht viel Zeit.

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